Tricontium (German Edition)
Zukunft wohl wenig Freunde gemacht. – Immer noch keinen Honig?«
Herrad schüttelte den Kopf und sah zu, wie Justa ihren eigenen Tee ausgiebig süßte. »Mach dir keine Gedanken um all das andere. Ich bin dankbar genug, dich hier zu sehen. Mein Brief hat dich erreicht?«
»Unterwegs.« Justa lachte. »Ich dachte: ›Sieh an, Herrad hat es diesmal aber mehr als eilig damit, mir ein schönes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr zu wünschen, so früh schreibt sie sonst nie!‹ Als ich dann gelesen hatte, was du zu sagen hattest, war ich aber glücklicher darüber als über bloße Neujahrsgrüße … Das war eine bessere Vorbereitung, als ich sie erwartet hatte. Deinen Knecht bekommst du nachher übrigens noch zurück; ich wollte nicht, dass er herumläuft und etwas ausplaudert, aber ich habe ihn pfleglich behandelt.«
»Danke. Wenn ich gewusst hätte, dass du herkommst, hätte ich ausführlicher geschrieben.«
Justa winkte ab. »Ich wusste ja, dass ich dich hier finden würde. Das hat mir den Aufbruch leichter gemacht.«
Der Hund regte sich; Herrad beugte sich hinunter, um ihn zu streicheln. »Es wird wohl ein gutes Stück Arbeit sein, alles hier zu ordnen«, sagte sie und war sich unsicher, ob es das war, was Justa auf ihre Bemerkung hatte hören wollen.
»Es geordnet zu halten wird schwerer«, gab Justa zurück und sah zur Fensternische hinüber, wo eben einer der Männer aus ihrem Gefolge laut zu lachen begonnen hatte. Herrad hob ebenfalls den Kopf und ertappte sich bei einem Lächeln, da Wulfila sich dort drüben prächtig zu unterhalten schien. Anscheinend erzählte er irgendeine lustige Geschichte, die gut aufgenommen wurde, und hatte selbst viel Vergnügen daran. Herrad konnte sich nicht erinnern, ihn in irgendeiner größeren Runde schon so gelöst erlebt zu haben, und fragte sich, ob er wohl so heiter und unbefangen sein konnte, weil niemand hier wusste, dass er je etwas anderes gewesen war als der ehrbare Gefolgsmann einer Richterin.
»Er hat ein reizendes Lächeln, obwohl er nur ein Auge hat«, bemerkte Justa. »Ah! du lachst. Ist er nur dein Schreiber oder mehr als das?«
»Viel mehr und ich teile nicht gern.«
»Musst du auch nicht«, sagte Justa großzügig und wandte den Blick brav von Wulfila ab. »Wenn ich es recht bedenke, ist er ohnehin zu mager für meinen Geschmack.«
Herrad hätte darüber hinweggehen sollen; es war nun einmal Justas Art, freimütig über Männer zu reden, die ihr mehr oder minder gefielen. Doch Wulfila hätte die Bemerkung nicht gern gehört und dieses Wissen war Anstoß genug, ihn zu verteidigen. »Das solltest du nicht so verächtlich sagen. Es ging ihm eine Weile nicht gut, aber jetzt erholt er sich wieder.«
Justa lehnte sich mit einem Lächeln zurück. »Ich hatte fast vergessen, dass es immer ernst ist, wenn ein Mann dir gefällt … Aber das ist sehr gut; dann können wir über keinen anderen aneinandergeraten, nicht wahr?«
Sie betrachtete einen Augenblick lang wohlgefällig Ardeija, der abseits von den übrigen stand und im milden Licht der Kerzen, das sanft die Gesichter schöner malte, als sie an einem klaren Tag gewesen wären, fast so hübsch und verwegen aussah wie ein Held der alten Steppensagen.
Die Richterin lachte. »In den ein, zwei Wochen, die du hierbleibst, hätte da wohl ohnehin keine große Gefahr bestanden.«
»So schnell wirst du mich nicht wieder los«, sagte Justa ernst, statt auf die neckenden Worte einzugehen. »Ich übernehme die Vogtei von Aquae.«
»Du? Ich dachte, du wärst als Königsbotin hier.«
»Das bin ich auch.« Justas Lächeln war erschlafft. »Doch ich habe Vollmacht, die Vogtei zu besetzen, wie es mir gut erscheint, oder sie selbst zu übernehmen, wenn sich das als nötig erweisen sollte – und deshalb wird Aquae noch vor Jahresende eine neue Vögtin haben. Das erwartet Gundulf von mir, einen letzten Dienst und die Annahme eines letzten Geschenks zugleich. Der König liegt im Sterben, Herrad. Doch darüber werden wir nicht laut sprechen, bis die Nachricht aus Padiacum eintrifft, dass wir trauern müssen.«
»Der Anschlag, von dem man allenthalben spricht?«, fragte Herrad.
Justa nickte. »Ein paar Tage lang gab es Hoffnung; jetzt nicht mehr. Das ist schlecht, nicht allein für Gundulf.« Sie kreuzte die Knöchel. »Ich habe früher den Kopf geschüttelt, als du nur Richterin in einer Stadt am Ende des Reichs sein und nicht nach mehr greifen wolltest, aber im Grunde warst du sehr weise. Weiser als ich
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