Tricontium (German Edition)
langsam loslassen«, sagte Ardeija unmutig, »ich werde mich nicht vor Frau Herrad zum Narren machen.« An Wulfila gewandt fügte er hinzu: »Lass ihn ruhig ein, er meint es nur gut.«
Da Gjuki ruhig auf seinem Platz auf Ardeijas Schulter saß und keinerlei Aufregung erkennen ließ, war dieser Behauptung wohl mehr oder minder zu trauen; Wulfila entschloss sich, die Tür freizugeben.
Oda entließ Ardeijas Arm erst aus ihrem eisernen Griff, als sie über die Schwelle waren und sicher im Innern des Hauses standen. »Gebt gut Acht, dass er Euch nicht davonläuft«, sagte sie an Wulfila gewandt, »er war schwer zu überzeugen, mitzukommen.«
Selbst wenn Wulfila tatsächlich irgendein Interesse daran gehabt hätte, Ardeija daran zu hindern, sich zu entfernen, hätte ihn das nicht viel Mühe gekostet. Asri, die während des kurzen Gesprächs unruhig im Hintergrund gewartet hatte, stürzte sich sofort auf ihren Sohn und begann, in ihrer Muttersprache auf ihn einzureden. Von dem, was sie sagte und was Ardeija ihr darauf erwiderte, verstand Wulfila bis auf Asgrims Namen kein Wort, aber das war auch nicht nötig, um zu erkennen, dass Asri wohl kaum mit dem Vorgehen ihres Sohnes einverstanden war.
Ebbo sah sich dieweil mit etwas abschätziger Miene in Herrads Haus um. »Wo steckt nun Eure Richterin? Ihr wisst so gut wie ich, dass ich nicht hier wäre, wenn ich keinen guten Grund hätte.«
Er stank nach Branntwein, aber es bot sich wohl nicht an, einem königlichen Grafen ins Gesicht zu sagen, er solle wiederkommen, wenn er nüchtern und besserer Laune sei.
»Wir gehen auch bald wieder«, versicherte Ebbos Sohn ebenso eilig wie verlegen. Wulfila war selbst so oft hinter einem Vater hergelaufen, der sich anders benahm, als man es sich wünschte, dass er einiges Mitgefühl mit dem jungen Mann empfand. Daher war er doppelt dankbar, dass Herrad nun von sich aus die Küchentür öffnete, ohne das Spiel noch weiter in die Länge zu ziehen.
»Guten Abend, Herr Ebbo. Wenn ich recht verstehe, wolltet Ihr mich sprechen?«
»Keine Förmlichkeiten!«, gab Ebbo mit einer wegwerfenden Handbewegung zurück und ging ohne weitere Umstände an ihr vorbei, um sich am Feuer in der Küche zu wärmen. »Wir müssen doch jetzt nicht umeinander herumtanzen … Ihr seht, dass ich guten Willens bin, ich habe schließlich Euren Hauptmann heil hergebracht.«
»Ich sehe vor allem, dass Ihr mehr getrunken habt, als es Euch bekommt«, sagte Herrad gewohnt ehrlich.
Ebbo lachte. »Falsch, Richterin! Nicht mehr, als mir bekommt. Ich stehe noch aufrecht, nicht wahr?«
Ebbos Sohn sah aus, als wäre er gern im Boden versunken; Oda klopfte ihm tröstend auf die Schulter.
Ardeija machte sich endlich von seiner Mutter los und ging ebenfalls in die Küche hinüber. »Ihr solltet ihn anhören, Frau Herrad. Ich weiß nicht, was genau dort auf der Burg vorgeht, doch es ist nicht nur, dass sie meinen Vater mitgenommen haben. Die missa regia ist mit Asgrim im Bunde.«
Herrad sah ihn so prüfend an, als fürchte sie, auch er habe getrunken. »Was redet Ihr da?«
»Wie das zugegangen ist, weiß ich nicht, aber Herr Ebbo weiß mehr.«
»Und es ist freundlich von mir, Euch das mitteilen zu wollen, nicht wahr?«, fragte der Graf von Corvisium.
Wulfila hätte liebend gern gehört, was er zu sagen hatte, doch es war wohl das Klügste, dass Herrad alle bis auf Ardeija und Ebbo aus der Küche scheuchte und den Türriegel vorlegte.
»Sie hätte mit mir reden sollen«, verkündete Ebbos Sohn im vorderen Zimmer höchst unglücklich.
»Dein … Euer Vater weiß, was er tut«, versicherte Oda, doch ihr Versuch, ihren Herrn in Schutz zu nehmen und seinen Sohn zu beruhigen, klang nach dieser der Anwesenheit von Fremden geschuldeten Verbesserung eher kläglich als überzeugend.
Wulfilas Bemühungen, eine höfliche Unterhaltung mit den beiden zu führen, wie es sich gehört hätte, waren von vornherein zum Scheitern verurteilt, sei es, dass die Kriegerin und Ebbos Sohn allgemein nicht in der Laune waren, zu reden, sei es, dass sie sich mit Unbehagen daran erinnerten, wie Wulfilas letzter Tag in Corvisium verlaufen war. Am Ende gab er es auf, Bemerkungen über Belanglosigkeiten in den Raum zu werfen, und ging zu Asri, die sich mit den Kindern in die Ecke beim Altar zurückgezogen hatte, auf dem die kleine Kerze inzwischen heruntergebrannt war.
»Wir werden uns selbst helfen müssen«, sagte Asri mit gesenkter Stimme, sobald er vor ihr stand, »Frau Herrad wird auch nichts
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