Tricontium (German Edition)
er es sich nicht anmerken; er hob nur die Schultern. »Das habe ich getan, ja, doch habe ich auch erst am Tag darauf erfahren, dass ich einen Sohn habe, und als ich es wusste, bin ich bis fast nach Aquae hinab geritten, um seinen Arm zu retten.«
»Soll ich Euch danken?« Ardeija wünschte sich fast, seine Verletzungen noch mehr zu spüren, als er es tat, um Theodulf beweisen zu können, dass seine Hilfe nichts wert gewesen war. »Oder Euch gar abnehmen, dass Euch ein guter Geist erschienen ist, um Euch von einem Tag auf den anderen zu sagen, dass Ihr einen Sohn habt, den Ihr in mir zu finden glaubt?«
»Danken müsst Ihr mir nicht, ich wüsste nicht, wofür; glauben solltet Ihr mir schon.« Der Schwertmeister trat näher heran, so unerwartet, dass Ardeija, dem es ganz lieb gewesen war, einige Schritte zwischen Theodulf und sich zu wissen, stolpernd zurückwich. »Ich habe weder Geisterstimmen gehört, noch bin ich einer Einbildung erlegen. Ich habe mit ganz lebendigen Menschen gesprochen und dann nachgedacht. Die Möglichkeit hätte ich zugegebenermaßen schon früher einberechnen sollen, doch war ich, wie Ihr, immer dumm genug, Asri für ehrlich zu halten.«
»Sie lügt auch nicht«, behauptete Ardeija schwach und wünschte, er hätte mit so viel Vertrauen sprechen können wie vor zwei Tagen noch Wulfin, der seinen Vater so bedingungslos verteidigt hatte.
Theodulf ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Dann verheimlicht sie etwas. Soll ich Euch erzählen, dass ich sie in ihrer Jugend gekannt habe, damit Ihr wisst, dass zumindest ich nicht lüge? Soll ich Euch sagen, dass sie innen, weit oben am Schenkel, eine alte Narbe hat, von jenem gesplitterten Sattelknauf, über den man sie einmal von einem stürzenden Pferd in Sicherheit zerren musste, als sie noch jung und unschuldig war? Wollt Ihr hören, dass ich jene Narbe geküsst habe? Müsst Ihr mehr wissen, um zu begreifen, dass ich gut Euer Vater sein kann, da ich Eure Mutter berührt habe?«
Ardeija musste jedenfalls nicht mehr wissen, um bestätigt zu finden, dass er Asgrims Schwertmeister nicht leiden konnte, und es war kein echter Verdacht, sondern allein der Zorn über die Art, in der hier von seiner Mutter gesprochen wurde, der ihn eine böse Frage stellen ließ. »Ist das mit ihrem Willen geschehen?«
»Ja.« Immerhin war Theodulfs Miene nun nicht mehr völlig ausdruckslos, doch der Abscheu, der darin zu lesen stand, war wenig besser als die vorangegangene kalte Leere. »Ihr habt keinen Grund, etwas anderes anzunehmen.«
»Ihr scheut Euch nicht, einen hilflosen Mann zu schlagen. Wer sagt, dass Ihr mit Frauen, die Ihr begehrt, besser umgeht?« Ardeija wusste, dass er ungerecht wurde, und bedauerte es halb, ohne sich zurückhalten zu können.
Fast glaubte er, dass Theodulf nun auch ihm eine Ohrfeige versetzen würde, und er hätte es begrüßt, hätte das doch bewiesen, wie wenig all das Gerede von Hilfe und Verwandtschaft wert war.
Aber Asgrims Schwertmeister bezwang sich. »Ich bin nicht gekommen, um über den armseligen Kürbisdieb, zu dessen Beschützer Ihr Euch aufgeschwungen habt, zu reden. Ich will nur, dass Ihr Euch heute Abend, von Einbruch der Dunkelheit an, bereithaltet.«
»Der ›armselige Kürbisdieb‹ hat einmal Eurem Sohn das Leben gerettet«, gab Ardeija zurück, ohne sich zu gestatten, in Theodulfs Worten tatsächlich die Andeutung eines Versprechens zu sehen. »Das sollte Euch nun, da Ihr beschlossen habt, den liebenden Vater zu spielen, nicht gleichgültig sein.«
»Von ›liebend‹ hat niemand gesprochen. Und nun hört gefälligst zu, was ich Euch zu sagen habe. Wenn ich nachher wiederkomme, müsst Ihr auf der Stelle aufbrechen können. Ich will Euch ausgeruht vorfinden, in der Verfassung, ohne lange Unterbrechungen bis nach Aquae Calicis zu reiten. Ihr dürft nicht in Corvisium Halt machen, versteht Ihr?«
Ardeija hätte ihn darauf aufmerksam machen können, dass er bisher noch nicht gefragt worden war, ob er überhaupt zu fliehen gedachte, doch war es zugegebenermaßen immer noch besser, einem unerwartet hilfsbereiten Schwertmeister zu vertrauen, als weiter in Asgrims Gewalt zu bleiben. Etwas anderes aber störte ihn so gehörig, dass es nicht unerwähnt bleiben durfte. »Nach Aquae? Was soll ich dort? Meine Herrin erwartet mich in Tricontium, gar nicht zu reden davon, dass die Strecke bis dorthin kürzer ist als die ganz nach Aquae hinunter.«
Theodulf wandte sich ab. »Wir haben schon zu lange geredet. Ihr werdet auf
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