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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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nicht vom Pferd.«
    »Vielleicht sind die Räuber aus dem Heidenland dort, von denen Herr Malegis gesprochen hat?«, schlug Adela vor.
    Doch Maurus schüttelte den Kopf. »Nein. Die würden einen Krieger, der nach einem Späher aussieht, in Ruhe lassen, weil sie gut genug wissen, dass sie sonst bald ein halbes Heer auf dem Hals haben könnten. Und Honorius’ Leute müssten nicht ganz bei Trost sein, wenn sie nach allem, was sie gestern getan haben, ruhig zu ihrem Turm zurückgekehrt wären, um dann Frau Herrads Kundschafter anzugreifen. Die Sache ist mir nicht geheuer.«
    »Dennoch müssen wir nach ihm suchen, erst recht, wenn die Sache ›nicht geheuer‹ ist«, beharrte Herrad, die diese mangelnde Bereitschaft, ihren Anweisungen zu folgen, mit Sorge zur Kenntnis nahm. »Hat etwa der falsche Geisterspuk gestern noch nicht alle Feiglinge von hier vertrieben?«
    Sie hätte voraussehen sollen, dass nur die falschen Ohren für ihre in Spott gehüllte Bitte offen sein würden.
    »Wenn Ihr mir ein Pferd leiht, suche ich nach ihm«, sagte nämlich Wulfila mit aller Selbstverständlichkeit.
    Herrad hätte beinahe geradeheraus abgelehnt, doch sie besann sich darauf, dass dieser heimatlose Dieb in seinem arg mitgenommenen Umhang irgendwann einmal auch nichts anderes gewesen war als Maurus oder Adela, so dass sie ihm den Ritt wohl so gut wie jedem anderen hier zutrauen konnte.
    Dennoch waren ihre Zweifel ihr wohl anzumerken gewesen, denn Wulf beugte sich zu ihr herüber. »Lasst ihn nur machen – er ist ein guter Späher, wenn er nüchtern ist.«
    »Nicht nur dann«, berichtigte Wulfila, ohne dass die schmeichelhafte Einschätzung seiner Fähigkeiten ihn sonderlich zu kränken schien. »Nun gib mir dein Schwert; Fürst Asgrim hat meines einbehalten.«
    Er schien es bereits für abgemacht zu halten, dass er reiten würde, und angesichts der erleichterten Blicke, die diejenigen tauschten, an denen der Kelch vorübergegangen war, fürchtete Herrad, dass sie die Entscheidung würde hinnehmen müssen, wenn sie sich nicht offener Auflehnung gegenübersehen wollte.
    »Gut«, sagte sie folglich und gab dem zweiten Knecht einen Wink. »Sattle mein Pferd für ihn.«
    An ihre beiden heldenhaften Krieger gerichtet fuhr sie fort: »Ihr brecht dieses Lager ab und sorgt dafür, dass wir spätestens dann reisefertig sind, wenn Herr Wulfila zurückkehrt. Wenn Wigbold wider Erwarten Feinden zum Opfer gefallen sein sollte, sind wir auf diesem Trümmerhaufen, der sich nicht verteidigen lässt, keine Stunde mehr sicher. Beeilt Euch folglich. – Ihr beiden« – sie sah Wulf und Malegis an, die wenig erfreut wirkten, dergestalt für zusammengehörig befunden worden zu sein – »werdet gehen und dafür sorgen, dass gewisse Deckel wieder dorthin gelangen, wohin sie gehören, bevor wir Tricontium verlassen. Ihr, Herr Corvisianus, wisst, wie man schwere Steine bewegt, und Ihr, Herr Malegis, könnt Euch ein Zaubermittel einfallen lassen, wenn es doch zu anstrengend wird. – Wulfin? Du bist mir dafür verantwortlich, dass die beiden die Sache auch ordentlich erledigen.« Sie wandte sich Wulfila zu. »Und Ihr kommt mit. Ich sollte die Salbe, die ich Euch versprochen habe, wohl finden, bevor Ihr aufbrechen müsst.«
    Damit ging sie, zufrieden, wieder angemessene Verhältnisse hergestellt zu haben.
    Es war nichts weiter als ein glücklicher Zufall, dass es ihr unter Wulfilas neugierigen Blicken gelang, mit drei Handgriffen das gesuchte Salbentöpfchen zu Tage zu fördern, doch heimlich bereitete es ihr Vergnügen, zu tun, als hätte sie von vornherein nicht mit einer langen Suche gerechnet.
    »Setzt Euch dorthin«, befahl sie, indem sie auf ein niedriges Mauerstück deutete, »ich helfe Euch. Nicht, dass mir viel daran gelegen wäre, Euren Rücken mit Salbe zu bearbeiten, doch so können wir etwas besprechen, was nicht jeder hier hören muss … Und das, ohne auf noch ein Dach zu steigen.«
    Sie lachten beide, und die letzten Reste dieses Anflugs von Heiterkeit halfen Herrad, halb und halb ihr Erschrecken zu überspielen, als drei Schichten abgetragener Kleider entfernt waren. Es war nicht der Schaden, den Asgrims Leute angerichtet hatten, der die Richterin fast hätte zurückfahren lassen; wer selbst Strafen anzuordnen hatte, durfte sich nicht scheuen, auch die Folgen zu betrachten. Was sie bestürzte war vielmehr, dass die Leute vom Brandhorst nicht die einzigen gewesen sein konnten, die Wulfila in letzter Zeit nicht freundlich gesonnen gewesen

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