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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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zarten, blumenbestickten Vorhang, der das Bett verbarg, über die mit fauchenden Tigern bemalten Truhenbänke rechts und links der Feuerstelle bis hin zu den kleinen, geschnitzten Steppendämonen, die an bunten Bändern von den Deckenbalken hingen und ihre weit bösartigeren wirklichen Vorbilder davon abhalten sollten, sich ins Haus zu wagen. Theodulf schien fast ebenso sehr ein Eindringling zu sein, wie Wulfila selbst es war.
    Immerhin hatte Theodulf nur nach den Absichten der ungebetenen Besucher gefragt, statt ihnen gleich die Tür zu weisen, und es stand zu hoffen, dass Ardeija in den letzten Tagen die Zeit gefunden hatte, seinem Vater zu erläutern, dass Wulfila keine Zufallsbekanntschaft aus dem Verlies auf dem Brandhorst war, sondern ein gewisses Maß an Vertrauen verdiente.
    »Ich komme als Freund«, sagte er sicherheitshalber und fuhr Wulfin, dem die Begegnung eher unheimlich war, als dass er sich viele Gedanken um Takt und Verlegenheit gemacht hätte, durchs Haar. »Mit einer Warnung, und mit einer Bitte um Hilfe.«
    Ein spöttischer Ausdruck war bei dem Wort »Freund« über Theodulfs Gesicht gegangen, doch er fragte nur: »Schickt Ardeija Euch?«
    »Nein, aber ihn betrifft die Sache auch, ebenso wie Euch und wie Frau Asri.« Wulfila zögerte kurz. »Ist es Euch recht, wenn ich sie hinzurufe?«
    Gjuki hatte begonnen, an der Tür zum Hof zu kratzen. Theodulf stieß sie mit der Schulter auf, und der kleine Drache huschte hinaus. »Wie Ihr seht, hat er bereits für mich entschieden.«
    »Wenn es Euch lieber wäre …«, begann Wulfila und ließ den Satz doch unvollendet; niemand hatte Theodulf gezwungen, die Tür zu öffnen, und wenn er keine Rücksichtnahme auf seine Verfassung verlangte, musste man sie ihm auch nicht aufdrängen.
    Vielleicht fand Theodulf sich auch nur so bereitwillig mit allem ab, weil er gut genug wusste, dass er nicht der Einzige war, den das morgendliche Gespräch so mitgenommen hatte. Als Asri mit Gjuki, von dem nur die Schwanzspitze aus einem ihrer weiten Ärmel hervorlugte, eintrat, waren ihre Augen verdächtig gerötet; dennoch lächelte sie, als sie Wulfila erkannte, und streckte ihm beide Hände entgegen. Sie war in den vergangenen Jahren weniger sichtlich gealtert, als er heimlich erwartet hatte. Zwar war ihr aufgestecktes Haar grauer, als er es in Erinnerung hatte, doch bewegte sie sich noch immer mit derselben Anmut, die sie schon in Sala jünger hatte wirken lassen, als sie tatsächlich war. Wenn Wulfila sich auch nach wie vor nicht vorstellen konnte, was Asri einmal an Theodulf gefunden haben mochte, hatte er umgekehrt durchaus Verständnis, wenn auch vorwiegend, was das Äußere betraf.
    »Es ist gut, dich zu sehen, mein Junge.« Sie küsste ihm beide Wangen wie einem lang vermissten Verwandten, doch Wulfila blieb nicht viel Zeit, darüber gerührt zu sein, fuhr sie doch mit einem strafenden Seitenblick auf Theodulf fort: »Ardeija sagt, es sei dir auf dem Brandhorst gar nicht gut ergangen. Ein Glück, dass ihr alle beide halbwegs heil da herausgekommen seid! Ist das dein Sohn?«
    Wulfila nickte und war heimlich froh, die Begrüßung unterbrechen zu müssen, bevor Wulfin Asri fragen konnte, ob sie die Barsakhanenhexe sei. »Wir können später sicher noch reden, aber nun ist etwas anderes wichtiger. Asgrim ist hier, draußen bei den Römergräbern.«
    Theodulf sah nicht so erstaunt aus, wie er es hätte sein müssen. »So rasch hatte ich nicht mit ihm gerechnet«, sagte er nur, als sei es an sich kein großes Wunder, dass der Fürst sich in Aquae aufhielt.
    Asri hatte Gjuki auf dem Feuerholzkorb abgesetzt. »Damit, dass er selbst herkommen würde, hast du aber gerechnet? Du nimmst dich sehr wichtig.«
    »Nicht mich, sondern Asgrims Gründe«, gab Theodulf zurück, ohne sie anzusehen.
    »Er scheint jedenfalls nicht vorzuhaben, Euch in Ruhe zu lassen«, sagte Wulfila eilig, bevor sich der wenig verbindliche Austausch noch zu einer größeren Auseinandersetzung auswachsen konnte, und begann in knappen Worten zu schildern, was sich seit dem Aufbruch zur Nekropole zugetragen hatte.
    Es war seltsam, auf welch unterschiedliche Art Menschen einem zuhörten, wenn man wichtige Nachrichten hatte, ganz besonders, was diese beiden hier betraf. Daran, dass sie aufmerksam lauschten, zweifelte er zwar nicht, doch sie taten es anders als Herrad mit ihren wachen Augen und ihrem Bestreben, sich keine Regung auf dem Gesicht des Gegenübers entgehen zu lassen. Asri hielt den Blick gesenkt,

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