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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Gebäude verlassen hätte, Sackowitz hätte sie bemerkt. Sogar eine kleine Spinne wäre nicht ungesehen an ihm vorbeigekrabbelt.
    Wie kommst du denn jetzt auf Spinne?
    Sackowitz erschauderte, als er entdeckte, dass die Fensterscheibe von Christians Wohnung einen Sprung hatte.
Du irrst dich!
Er quetschte sich zwischen den Müllcontainern hindurch und hinter den knorrigen Baum. Von hier aus war der Blick auf das Fenster in der zweiten Etage frei. Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Wie ein haarfeines Spinnennetz verästelte sich der Riss in dem Glas. Es war kein gravierender Schaden, aber das spielte keine Rolle, denn Sackowitz war überzeugt, dass sich der Sprung gestern noch nicht in der Scheibe befunden hatte.

115
    Staatsanwalt Heindl ächzte ungehalten. »Ich sagte doch gerade ausdrücklich, dass wir es mit einem Serientäter zu tun haben. Also ist auch davon auszugehen, dass er erneut töten wird.«
    »Ich glaube nicht, dass Dr. Babicz das anzweifeln wollte«, sagte Kalkbrenner.
    »Sondern?«
    »Wahrscheinlich hätte ich meine Frage klarer formulieren müssen«, lenkte der Psychologe ein.
    »Wahrscheinlich«, befand Heindl und wischte sich den Schweiß von seiner Stirn. Die Hitze aus den defekten Heizkörpern ließ die Anwesenden aus allen Poren transpirieren, sofern das die unangenehmen Informationen nicht schon erledigt hatten.
    »Für mich ist folgende Frage entscheidend: Wie viel Zeit bleibt uns noch, bis der Mörder abermals zuschlägt?«, erklärte Babicz.
    »Nun, immerhin lag ein Dreivierteljahr zwischen den beiden Morden«, erwiderte Dr. Salm. »Wenn der Täter sein Tempo beibehält, können wir davon ausgehen, dass es bis zum nächsten Mord noch eine Weile dauern wird.«
    »Und genau das glaube ich nicht«, hielt Babicz dagegen. »Wie Dr. Wittpfuhl vor wenigen Minuten bereits ausführte, sind die Verletzungen des zweiten Opfers ähnlich wie die des ersten, nur eben, und das ist wichtig, ungleich heftiger. Das könnte darauf hindeuten, dass der Mörder inzwischen einem enormen psychischen Druck ausgesetzt ist.«
    »Können Sie das bitte präzisieren?«, verlangte der Staatsanwalt.
    »Manuel wurde erst missbraucht, anschließend misshandelt und dann ermordet. Bitte beachten Sie die Reihenfolge. So hat die Tat stattgefunden, oder habe ich Sie falsch verstanden, Herr Dr. Wittpfuhl?«
    Der Gerichtsmediziner schüttelte den Kopf, der Psychologe hatte alles richtig wiedergegeben.
    »Aus diesem Tatablauf spricht in meinen Augen dreierlei: erst die Lust, danach die Wut und anschließend die Angst.«
    »Passen diese drei Komponenten denn zusammen?«, zweifelte Dr. Salm.
    »Das tun sie in der Tat: Der Täter verspürt so etwas wie Lust. Natürlich ist diese fehlgerichtet, aber trotzdem bleibt es Lust, die der Täter befriedigen will. Daraus resultiert der Missbrauch, anschließend kommt die Ernüchterung, und mit ihr übermannt ihn die Wut.«
    »Auf die Kinder?«
    »Wir wissen von ähnlichen Fällen, in denen die Täter im Anschluss an den Missbrauch unglaublichen Zorn verspürten, weil sie der Annahme waren, die Kinder hätten sie zu den sexuellen Handlungen ermuntert.«
    Dr. Salm stieß ein bitteres Lachen aus. »Die Kinder sollen den Täter ermuntert haben? Wahrscheinlich haben sie ihn sogar verführt – oder gar genötigt? Das soll doch wohl ein Witz sein! Das ist nichts als eine der faulsten Ausreden, die ich je gehört hab.«
    »Ja und nein«, meinte Babicz. »Um das zu verstehen, müssen Sie versuchen, sich in die Psyche des Täters hineinzuversetzen. Er ist sich durchaus des Missbrauchs bewusst, aber eigentlich kann er nichts dafür – redet er sich zumindest ein. Denn für ihn sind es die Kinder, die Schuld an seinem Verhalten haben. Sie sind so süß, reizend, verlockend. Warum tun sie das bloß? Warum bringen sie ihn in diese Situation? Und genau aus dieser Wut heraus bestraft er sie. Daher die schlimmen Verletzungen.«
    »Und wie kommt die Angst, die Sie erwähnten, ins Spiel?«
    »Die Angst bringt den Täter schlussendlich dazu, das Kind zu töten. Wenn Sie so wollen, ist das dann nur noch ein ganz normales Tötungsdelikt, um den Missbrauch zu vertuschen. Denn, wie schon gesagt, der Täter ist sich dessen bewusst, dass das, was er getan hat, falsch war.«
    »Aber wenn er doch weiß, dass es falsch ist, was er da tut, warum kämpft er nicht dagegen an?«, fragte Rita.
    »Das möchte er. Ich glaube, viele Täter wollen den Teufelskreis, in dem sie gefangen sind, durchbrechen.«
    »In unserem Fall

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