Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
mit dem geprägten goldenen R – Royal.
Dunstig und feucht war es in der Küche, groß in der Erinnerung, klein in der Realität, würde ich die Küche jetzt wieder betreten – aber das wird niemals der Fall sein.
Der Tisch mit dem Wachstischtuch, fleckig, eingerissen, das Ornament schon verblichen, durch vielfaches Wischen beinahe verschwunden. Die abgeschlagenen Tassen. Schwarz verfärbte Messer und Gabeln – wahrscheinlich noch von Großmutter.
Vater sitzt am Tisch und liest die Zeitung, das Radio pfeift, den Fernseher haben wir längst verkauft – hier im Ort gibt es keine Arbeit mehr, jeder muss sehen, wie er über die Runden kommt, das Nötigste für seine Familie auftreibt.
„Die Kämpfe sind weit weg“, sagt Vater und blättert um. Schwarze Fingerkuppen, vom ständigen Umblättern. Die Kämpfe sind weit weg – dass ich nicht lache. Jetzt, aus der Distanz weiß ich es natürlich besser, aber damals, damals habe ich meinem Vater geglaubt und mich sicher gefühlt. Jetzt weiß ich: Sicherheit ist tödlich.
6. Linz: Der dritte Tag
Das Telefonat zwischen Anna Lange und ihrem Vater Stanislaus war alles andere als erfreulich gewesen. Euphorisch und mit der einstudierten Überzeugungskraft eines Politikers hatte er zunächst allgemeine Themen abgehandelt und ihr zu einem Porträt in einem Lifestyle-Magazin gratuliert.
Dieser Artikel porträtierte Anna Lange als eine der wenigen Frauen, die sich in der harten Machodomäne der Werbung in einer Spitzenposition behaupteten, als Trendsetterin mit einem untrüglichen Sinn für kommende Entwicklungen. Von der Eigentümerin des Unternehmens „The White Elephant“, einer Werbeagentur mit großem Potential, werde man in den nächsten Jahren sicher noch viel hören, damit schloss der Artikel ausgesprochen positiv. Abgerundet wurde er mit einer Studioaufnahme von Anna Lange im schwarzen Ledermantel mit Zipp, schwarzen Röhrenjeans mit Bondagegummi, den unvermeidlichen schwarzweiß karierten Converse Sneakers und das lange rote Haar mit viel Spray geglättet, die grünen Augen funkelten visionär, das hübsche Gesicht wirkte cool und doch weiblich.
Mit halbem Ohr hörte Anna die Lobeshymnen ihres Vaters und bohrte die Spitze eines grässlichen Werbekugelschreibers in die ausgedruckte Saldenliste auf ihrem Schreibtisch. Auf dem Bildschirm ihres Designcomputers flimmerte die Umsatzstatistik des Steuerberaters für den laufenden Monat. Die Abweichungen von der Jahresplanung waren mit unterschiedlichen Farben hinterlegt, sodass die Statistik auf den ersten Blick wie ein abstraktes Gemälde aussah. Doch die Zahlen waren konkret und könnten besser sein, bedeutend besser, dachte Anna. Ihr Vater hatte sie in einem unkontrollierten Moment erwischt. Mit ihrem Kopf bei den Zahlen, ließ sie sich das Gespräch durchstellen und hörte zum ersten Mal seit Jahren wieder seine Stimme.
„Warum rufst du eigentlich an?“, unterbrach sie schließlich seinen Redefluss, setzte sich aufrecht in ihren Stuhl und konzentrierte sich endlich auf das Telefonat.
„Du willst mir doch nicht erzählen, dass du nur wegen des Artikels anrufst. Ich war schon öfters in der Zeitung, da habe ich nie etwas von dir gehört!“
„Sei doch nicht so hart zu deinem alten Vater, mein Liebling“, erwiderte Stanislaus Lange und gab seiner Stimme einen väterlichen Unterton. „Ich denke oft an dich und deine Karriere, gerade in einer so harten Branche wie der Werbung. Ich betreibe ständig Lobbying für dich und deine Agentur!“
„Was willst du!“, unterbrach Anna das Gesülze.
„Ich habe einen lukrativen Auftrag für dich! Ein internationaler Konzern braucht eine groß angelegte
Weitere Kostenlose Bücher