Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
verquollenen Augen berichteten vom Ende der Tage, die er noch mit Jimmy teilen wollte.
Doch das bemerkte Jimmy nicht. Trotz der Kälte durchflutete es ihn warm, als er auf dem Flachdach stand, die vielen Käfige mit den Tauben betrachtete, die notdürftig mit alten Teppichen und Lumpen gegen Kälte, Schneeregen und Wind geschützt waren. Er beobachtete Phil in seinem vor Taubendreck starrenden braunen Kamelhaarmantel, die wenigen langen Haare flatterten wie weiße Spinnennetze im Wind. Ja, in diesem Augenblick war Jimmy unglaublich stolz, dass er Phils Wunsch erfüllt hatte und mit seiner Hand strich er beinahe zärtlich über die Pistole in seiner Tasche. Dieser Stolz ließ seine Wangen vor Freude glühen, als er auf Phil zuging und ihn trotz seines Gestanks umarmte.
„Ich habe etwas für dich“, flüsterte er ihm ins Ohr. „Wie versprochen, habe ich eine Pistole für dich besorgt.“ Als er Phils überraschten Gesichtsausdruck bemerkte, fügte er noch rasch hinzu. „Natürlich ist sie geladen.“
„Was bist du doch für ein guter Junge“, lallte Phil und bleckte seine fauligen Zähne. „Möchtest du eine Stunde in Taubenkunde haben? Vielleicht mit dem einen oder anderen Kunststück, das unsere Künstler für dich darbieten, wenn es dem Herrn genehm ist?“ Dabei machte er einen linkischen Kratzfuß und verneigte sich vor Jimmy, der kichern musste.
„Wo hast du die Pistole?“, fragte Phil und änderte blitzschnell seine Stimmlage. Er stand jetzt ganz nahe vor Jimmy und sah ihn mit blutunterlaufenen Augen an. „Gib sie mir! Sofort, verstehst du!“
„Ja, ja. Hier ist sie“, stotterte Jimmy verwirrt. Diese Seite von Phil hatte er bisher noch nicht kennen gelernt. Er zog die Pistole aus seiner Tasche, packte sie am Lauf und hielt sie mit dem Kolben Phil entgegen, genauso wie er es bei seinem Vater gesehen hatte, als der ihn früher manchmal auf den Schießplatz mitgenommen hatte.
Schnell packte Phil die Waffe, zog den Sicherungshebel zurück und machte die Beretta mit einem lauten Ratschen schussbereit. Mit der Pistole in der Hand ging er zu einem der windschiefen Käfige, die im pfeifenden Wind zitterten und ächzten. Er schob den vermoderten Teppich zur Seite und spähte in das Dunkel. Neugierig kamen zwei weiße Tauben zum Gitter, denn wie immer erwarteten sie ihr Futter von Phil und nicht den Lauf einer Pistole, den sie zunächst neugierig mit ihren Schnäbeln abtasteten, aber dann verloren sie das Interesse.
„Wie viele Patronen hast du gesagt, sind in dem Magazin?“, fragte Phil. Jimmy beobachtete ihn und konnte sich keinen Reim auf sein Verhalten machen.
„Ich habe gar nicht über die Patronen gesprochen“, antwortete Jimmy spontan und dachte für einen kurzen Moment, dass es ein Fehler gewesen sein könnte, Phil die Pistole seines Vaters zu überlassen. Als Phil nicht reagierte, redete er weiter: „In dem Magazin sind fünf Patronen. Mehr habe ich im Safe meines Vaters nicht gefunden.“
„Fünf Patronen!“ Phil drehte sich um und musterte Jimmy von oben bis unten. „Fünf Patronen!“, wiederholte er und schüttelte seinen roten Schädel. Dann begann er laut zu lachen, konnte nicht aufhören zu lachen, während Jimmy ihn mit wachsender Verwunderung anstarrte und langsam zurückwich.
Eine eisige Windbö wehte eine zerfledderte Zeitung vor Jimmys Beine. Die Titelseite wickelte sich um seine Sneakers, aber er hatte noch genug Zeit, um das Foto auf der Titelseite zu registrieren. Das grobkörnige Schwarzweißbild einer Überwachungskamera zeigte einen alten Mann mit einem großen Kopf in einem hellen Mantel. Hinter dem Mann war noch ein Teil eines unförmigen Schrankkoffers zu sehen. „Wer kennt diesen Mann?“, stand als
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