Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
erregten Blick sperrt er mich zu den Tauben, die nervös zu flattern beginnen und mich mit ihren Flügeln und Schnäbeln bedrohen. Die Verandatür ist offen und so kann ich die Schreie des Mädchens hören und für jeden Schrei drehe ich einer Taube den Hals um und reiße ihr die Flügel aus, um endlich wegzufliegen an einen Ort, wo ich gerettet bin und Erlösung finde.
Dann, als keine der Tauben mehr lebt, beiße ich mit den Zähnen den Draht des Käfigs auf und zwänge mich nach draußen. Ich bin sechs Jahre alt und sehr kräftig. Ich nehme so viele Taubenflügel, wie ich mit meinen Armen tragen kann, denn ich muss das schreiende Mädchen retten. Ich verstehe nicht ganz, was mein Vater mit dem Mädchen macht, aber er muss ziemlich zornig sein, denn er reißt ihr unentwegt die Haare aus. Der ganze Boden ist schon blutig von dem schreienden Mädchen, das meinem Vater nicht gehorcht.
Um das Mädchen zu retten, werfe ich die abgerissenen und blutigen Taubenflügel durch die Terrassentür auf das Mädchen. Natürlich entdeckt mich mein Vater, doch anstatt mich zu schlagen, ist er stolz auf mich und ermuntert mich, dem Mädchen mit den spitzen Taubenknochen wehzutun.
Den Boden im Wohnzimmer muss ich später immer wieder putzen, bis alles Blut und die Knochenreste weg sind. Heute gibt es dieses Mädchen nicht mehr, trotzdem sehe ich das Mädchen noch immer auf dem Boden liegen und auf Erlösung hoffen. Ich nähe ihr daher die Taubenflügel auf die Schultern und wünsche mir, dass dieses Mädchen zu einem Engel wird. Doch draußen gibt es noch so viele Mädchen und das war erst der Anfang.
52. Der Erlöser und seine Engel
„Spieglein, Spieglein, an der Wand! Löse das Rätsel mit einer Hand!“ Die Stimme klang schrill und war mit einer gefährlichen Euphorie aufgeladen. Tony Braun hielt das Handy an sein Ohr gepresst und alles um ihn herum begann sich zu drehen, doch er konnte jetzt nicht schlappmachen, sondern musste zuhören, was ihm Peter Klein, der Polizeifahrer, in seinem Wahn erzählte.
„Wenn du deinen kleinen Engel Marusha finden willst, dann musst du durch den Spiegel gehen. Du kommst dann auf die andere Seite, mein Freund.“
In Brauns Kopf überschlugen sich die Gedanken. Mein Freund, hatte Klein gesagt und jetzt sah er die letzten Tage mit gänzlich anderen Augen: Die ausdruckslose Miene von Peter Klein, als Big Boss Wagner in der schwarzen Halle zusammengebrochen war. Die Nähe, die Klein immer gesucht hatte und die Braun so unangenehm gewesen war. Der sezierende Blick, mit dem er die Personen in seiner Umgebung geradezu studiert hatte und dann natürlich Kleins Kommentar zu Brauns Schallplattensammlung. Etwas war damals zwar in seinem Kopf in Bewegung geraten, aber der Funkspruch aus der Polizeistation hatte diese kleine Irritation wieder vergessen lassen. Das war ein Fehler gewesen, ein verdammter Fehler.
„Also mein Freund!“ Kleins Stimme war jetzt plötzlich wieder emotionslos und kalt. „Du hast genau fünfzehn Minuten, um zu mir zu gelangen. Aber alleine! Wir wollen ein Gespräch unter Freunden führen!“
„Verdammt, Klein! Wie finde ich dich?“, schnauzte Braun in sein Handy.
„Nicht böse werden, mein Freund. Nicht böse werden. Die Uhr läuft bereits. Du findest mich unter der Villa in der Felsenbar. Du musst durch den Spiegel gehen, dann kommst du auf die andere Seite. Dort werden dir meine Engel den Weg weisen.“
Klack. Aufgelegt.
„Ich brauche einen Plan der Villa!“, brüllte Braun, als er ins Foyer zurücklief. Er stürzte in den Besprechungsraum, wo das Desaster mit Falk Weber seinen Anfang genommen hatte. Weber saß noch immer am Besprechungstisch, allerdings flankiert von zwei Männern mit roten Krawatten und identischen Stecktüchern. Das waren seine Anwälte, die aus irgendeinem
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