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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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Zurückhaltung erkauft. So sind die Bedingungen.«
    »Er hat wirklich bezahlt?« Ich wollte es nicht glauben. Hat ein Papst überhaupt eigenes Geld? Ich hatte ihn noch nie mit einem Portemonnaie in der Hand gesehen.
    »Sie zweifeln an meiner Aufrichtigkeit, geben Sie’s zu!«, sagte sie enttäuscht. »Ich weiß, es klingt verteufelt unglaubwürdig. Aber im Ernst, so eine Geschichte kann man sich nicht ausdenken. Das Leben selbst schreibt die ungeheuerlichsten Geschichten. Ohne seine Zahlung wäre ich gar nicht hier an Bord. Oder glauben Sie, ich könnte mir als Rechtsreferendarin so einen Luxus leisten?«
    »Keine Ahnung. Nur … ich weiß nicht, das ist …«, stammelte ich verwirrt. »Er hat sich wirklich erpressen lassen?«
    »Was heißt erpressen!«, giftete sie mich an. »Ich habe mir nur zu meinem Recht verholfen. Natürlich hat er anfangs den Schwanz eingezogen, der Drückeberger. Aber die DNA-Analyse widerlegte seine Anfechtungen. Klarer Fall von Vaterschaftsnachweis, da kam ihm auch kein Wunder zu Hilfe.« Sie kicherte ketzerisch in sich hinein, und ich begann, ihr die Geschichte abzunehmen. Instinktiv ging ich auf Abstand. Ganz unauffällig, sie sollte sich nicht düpiert fühlen. Ihre grünbraunen, leicht schräg stehenden Augen zeigten wirklich Ähnlichkeit mit denen ihres Heiligen Vaters … So ganz geheuer war sie mir plötzlich nicht mehr, und das Verlangen, sie in mein Bett abzuschleppen, schrumpfte durch das Stichwort Vaterschaftsnachweis rapide.
    Ganz anders sie: Nachdem sie mir ihre Herkunft offenbart und ihrem Zorn Luft gemacht hatte, wirkte sie auf einmal enthemmt wie den ganzen Abend nicht. Gerade so, als betrachte sie mich als Vertrauten, als Verbündeten, was mich erschreckte, weil das doch gern Erwartungen weckt. Das ist etwas, was mich bei Frauen schon immer irritiert hat. Sie wollen sich erst auf ein bisschen Spaß mit dir einlassen, nachdem sie ihr Leben vor dir ausgebreitet haben und du ihnen im Gegenzug deine Geheimnisse anvertraut hast. Sie verlangen nach Verbindlichkeit, alles wollen sie von dir wissen. Nichts ist ihnen zu privat, zu schäbig, zu monströs. Und am meisten begehren sie dich, wenn sie dir gerade die Beichte abgenommen haben. »Du Armer«, trösten sie dich, »ich verstehe dich.« Zur Absolution lassen sie dich dann an die Wäsche. Eigentlich wären die Frauen für das Priesteramt prädestiniert. Ich jedenfalls bin froh, wenn ich so wenig wie möglich von der Begehrten erfahre. Das lässt mich unbeschwert rangehen. Je mehr ich von der Puppe weiß, desto tiefer wird der Graben zwischen uns. Vielleicht rührt daher die Frauenfeindlichkeit des Klerus, weil die Priester durch die Beichte zu viel über die Frauen wissen. Vielleicht rührt auch daher deren Neigung für unschuldige Kinder … Pfui, sagte ich mir, was hast du für lästerliche Gedanken!
    Während ich also zentimeterweise auf Distanz ging, rückte der päpstliche Spross forsch auf mich zu. »Komm, duzen wir uns«, bot sie mit ihrem Glas in der Hand an. »Lass uns anstoßen! Ich bin die Annabelle.« Wenn sie nicht die Tochter des Papstes gewesen wäre, hätte ich mich jetzt im siebten Himmel befunden. Ihr unwiderstehliches Lächeln – alles umsonst. Schade. »Annabelle, ach Annabelle …«, intonierte ich die ersten Noten eines alten Schlagers, und dann fiel mir geistesgegenwärtig etwas ein, was jede heiße Mieze mit einem Schlag abkühlt: »Annabelle, so heißt die Schwester meiner Frau auch.« Peng. Der Schlag saß.
    »Du bist verheiratet?«, hauchte sie ernüchtert.
    Ich nickte selbstbewusst. »Seit achtzehn Jahren. Sieht man mir das nicht an?« Und dazu strahlte ich, stolz wie Muttis guter Junge. Böse Masche, ich weiß. Aber mal ehrlich? Wer möchte den Papst als Schwiegervater? Damit war der Abend gelaufen. Um die Kleine war’s mir leid, wirklich. Sie hatte meterlange Beine und Wimpern dicht wie Farn, ein richtiger Leckerbissen.
    Am nächsten Tag übersah sie mich. Sie war in ihre Lektüre vertieft. Ich schielte nach dem Titel und vergaß für den Moment meine Zurückhaltung. Wenn nicht nur der Messwein prickelt: Die Erotik des Klerus las ich von Urheberstolz ergriffen. Vielleicht sollte ich die nächste Auflage aktualisieren und den Untertitel in Geburtenkontrolle für Päpste umbenennen. Ich ging zu ihr hin, ganz nah, ganz vertraulich, und flüsterte ihr ins Ohr: »Super Buch, schick’s deinem Vater. Und was den betrifft, bei mir ist dein Geheimnis gut aufgehoben. Ich werde schweigen wie ein Grab. Das

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