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Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition)

Titel: Trinken Sie Essig, meine Herren: Werksausgabe Band 1, Prosa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniil Charms
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seine Ruhe.
(geht, stolpert über Puschkin und fällt hin)
Etwa über Puschkin?
    PUSCHKIN
(steht auf)
Keine Minute Ruhe!
(geht, stolpert über Gogol und fällt hin)
Teufel auch! Etwa schon wieder über Gogol?
    GOGOL (steht auf) Immer und überall wird man gestört!
(geht, stolpert über Puschkin und fällt hin)
Eine Schweinerei ist das! Wieder über Puschkin!
    PUSCHKIN
(steht auf)
Flegelei! Eine richtige Flegelei ist das!
(geht, stolpert über Gogol und fällt hin)
Verdammt! Wieder über Gogol!
    GOGOL
(steht auf)
Das ist der reinste Hohn!
(geht, stolpert über Puschkin und fällt hin)
Wieder über Puschkin!
    PUSCHKIN
(steht auf)
Teufel auch! Ein Teufel, fürwahr!
(geht, stolpert über Gogol und fällt hin)
Über Gogol!
    GOGOL
(steht auf)
Schweinerei!
(geht, stolpert über Puschkin und fällt hin)
Über Puschkin!
    PUSCHKIN
(steht auf)
Teufel auch!
(geht, stolpert über Gogol und fällt in die Kulissen)
Über Gogol!
    GOGOL
(steht auf)
Schweinerei!
(verschwindet hinter den Kulissen)
Hinter der Bühne hört man Gogols Stimme:
»Über Puschkin!«
Vorhang
     
    <1934>

[Menü]
Der Tischler Kuschakow
    Es war einmal ein Tischler. Er hieß Kuschakow.
    Einmal ging er aus dem Haus zu einem Laden, um etwas Holzleim zu kaufen.
    Es war Tauwetter, und auf der Straße war es sehr glatt.
    Der Tischler ging ein paar Schritte, rutschte aus, fiel hin und schlug sich die Stirn auf.
    »Verflixt!«, sagte der Tischler, stand auf, ging in eine Apotheke, kaufte Pflaster und klebte es sich auf die Stirn.
    Doch als er wieder auf der Straße war und ein paar Schritte gemacht hatte, rutschte er wieder aus, fiel hin und schlug sich die Nase auf. »Mist!«, sagte der Tischler, ging in die Apotheke, kaufte Pflaster und klebte es sich auf die Nase.
    Dann ging er wieder auf die Straße, rutschte wieder aus, fiel hin und schlug sich die Backe auf.
    Er musste wieder in die Apotheke gehen und sich ein Pflaster auf die Backe kleben.
    »Wissen Sie was«, sagte der Apotheker zum Tischler, »Sie fallen so oft hin und schlagen sich was auf, dass ich Ihnen rate, gleich ein paar Pflaster zu kaufen.«
    »Nein«, sagte der Tischler, »ich falle bestimmt nicht mehr hin!« Doch als er auf der Straße war, rutschte er wieder aus, fiel hin und schlug sich das Kinn auf.
    »Verdammtes Glatteis!«, schrie der Tischler und lief zurück in die Apotheke.
    »Na bitte«, sagte der Apotheker. »Sie sind doch wieder hingefallen.«
    »Nein!«, schrie der Tischler. »Ich will nichts davon hören! Geben Sie mir lieber schnell ein Pflaster!«
    Der Apotheker gab ihm das Pflaster; der Tischler klebte es sich aufs Kinn und lief nach Hause.
    Zu Hause erkannte man ihn nicht und ließ ihn nicht in die Wohnung rein.
    »Ich bin der Tischler Kuschakow!«, schrie der Tischler.
    »Da kann ja jeder kommen!«, antwortete man ihm aus der Wohnung, verriegelte die Tür und legte die Kette vor.
    Der Tischler Kuschakow blieb eine Weile im Treppenhaus stehen, spuckte aus und ging auf die Straße.
     
    <1935>

[Menü]
Die Truhe
    Ein Mann mit einem dünnen Hals kletterte in eine Truhe hinein, klappte den Deckel über sich zu und bekam Atemnot. »So«, sagte der Mann mit dem dünnen Hals, nach Luft schnappend, »ich bekomme in der Truhe keine Luft mehr, weil ich einen dünnen Hals habe. Der Deckel der Truhe ist zu und lässt keine Luft zu mir rein. Ich werde ersticken, aber den Deckel der Truhe werde ich trotzdem nicht öffnen. Ich werde langsam sterben. Ich werde den Kampf zwischen Leben und Tod sehen. Es wird kein natürlicher Kampf sein, keiner mit gleichen Chancen, denn natürlich behält der Tod die Oberhand, das Leben wird, zum Tode verurteilt, vergeblich gegen den Feind kämpfen und bis zuletzt die aussichtslose Hoffnung nicht verlieren. Bei diesem Kampf, der jetzt ausgetragen wird, kennt das Leben den Weg, der zum Sieg führen wird: Das Leben muss meine Hände dazu bringen, den Deckel der Truhe zu öffnen. Schauen wir, wer wen besiegt? Nur riecht es hier schrecklich nach Naphthalin. Wenn das Leben siegt, dann werde ich Machorka auf die Sachen in der Truhe streuen … Da, es geht los: Ich kann nicht mehr atmen. Ich bin verloren, soviel ist klar! Es gibt schon keine Rettung mehr für mich. Und nichts Erhabenes mehr in meinem Kopf. Ich ersticke …!
    Oh! Was ist das denn? Etwas ist passiert, aber ich begreife nicht, was genau. Ich habe etwas gesehen oder gehört …
    Oh! Wieder ist etwas passiert! Oh Gott! Ich bekomme keine Luft mehr. Ich sterbe wohl …
    Und was ist jetzt los? Warum singe

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