Trips & Träume
bereits. Tief in meinem Innern wusste ich, diese Nacht war nicht zu wiederholen. Nicht mit Miti.
*
Als ich erwachte, war das Laken neben mir verwaist.
Ich tastete nach dem Wecker. Vier Uhr nachmittags.
Meine Fresse! Schirmer!
Er wartete auf meinen Artikel.
Ich war mehr als spät dran. Das würde einen Anschiss geben.
Miti war weg. Ich spürte einen kleinen Stich.
Bloß nicht drüber nachdenken. Ich sprang unter die Dusche. Während ich mich einseifte, wurde ich wieder geil. Ich hatte keine Möglichkeit gehabt, ihr zu sagen, wie schön es für mich war.
Schön, schön und nochmal schön.
Wahllos klaubte ich Klamotten aus dem Schrank und stürmte ohne etwas zu essen aus dem Haus.
Die Kreidler röhrte, so viel Stoff gab ich. Ich konnte ihn riechen, den Sex, eine Mischung aus Honig, Lavendel und Sperma. Ich fühlte eine angenehme Mattigkeit zwischen den Schenkeln. Ich legte mich tief in die Kurven.
Mein erstes Mal!
Sollte ich den anderen davon erzählen? Lieber nicht. Niemand sollte davon etwas erfahren. Vielleicht weihte ich Karen ein, mal sehen. Und die Korona? Sonny und Moses würden alle Einzelheiten wissen wollen. Fetzer würde vor Neid erblassen.
Und Mark? Darauf hatte ich überhaupt keinen Bock, dass ausgerechnet er irgendetwas davon erfuhr.
Ob er noch mein Freund war? Ich schob den Gedanken beiseite.
Als ich die Redaktion betrat, klackte der Zeiger auf der Uhr über dem Ressortleiterschreibtisch auf Viertel vor fünf.
»Aha, die Edelfeder lässt sich endlich blicken. Du hast genau noch eine Stunde. Dann ist Redaktionsschluss. Ich will was Fetziges lesen, was Authentisches, damit der Leser sofort spürt, das Festival war etwas Besonderes. Kapiert?«, schleuderte Schirmer mir entgegen.
Er bugsierte mich an die einzige noch freie Schreibmaschine und drückte mich in den Stuhl. »Hau rein, und zwar zack, zack!«
Außer mir waren noch fünf andere Schreiberlinge zugange. Volle Aschenbecher und leere Kaffeetassen auf den mit Papieren übersäten Redaktionstischen. Das Klappern der Maschinen geriet zu einem Tosen in meinem Kopf. Mist, wie sollte ich bloß anfan
Schirmer drückte mir das Layout in die Hand.
Er hatte die gesamte erste Lokalseite fürs Festival reserviert. Mindestens hundert Zeilen für den Aufmachertext. Dann noch einen Kasten mit Impressionen und Splittern. Das waren noch einmal fünfzig Zeilen.
Drei Fotos hatte er eingeplant. Eine Gesamtaufnahme des bis auf den letzten Platz gefüllten Zeltes. Dann Andi am Piano, neben ihm Reed Isberg mit Borsalino und Saxophon. Das vierspaltige Aufmacherfoto zeigte Mark, Skip, Paul und Gero in Aktion.
Eine Überschrift gab es auch schon. Sie ging über die ganze Breite der Seite. Dreamlight auf dem Siegerpodest. Die Dachzeile lautete: Mehr als 1200 Fans verwandelten Festzelt in Rock-Arena. Phonstarkes Undergroundfestival war ein voller Erfolg. Das alles hatte Schirmer sich ausgedacht und vorbereitet.
Aber woher wusste er, wer der Gewinner war? Wahrscheinlich hatte ihm Moses bereits alles erzählt.
Zaudern half nicht. Nun musste ich beweisen, was ich draufhatte.
Das Schreiben auf der Maschine hatte ich nie richtig gelernt, ich hatte es mir mit dem Zwei-Finger-Such-System selbst beigebracht. Doch wenn ich in einen Schreibfluss geriet, war ich nicht mehr aufzuhalten.
Nach genau vierzig Minuten zog ich das letzte Manuskriptpapier aus der Maschine und brachte alles, insgesamt sieben Seiten, zu Schirmer.
Das hat die Stadt bislang noch nicht gesehen und gehört. Die Fans kamen aus allen Teilen der Region, um ihre Musik endlich einmal live zu erleben. Am Ende dürften es wohl mehr 1200 junge Leute gewesen sein, die in bester Stimmung und mit großer Begeisterung das Festzelt in eine Rock-Arena verwandelten. Folk, Jazz, Hard-Rock, progressive Töne und Space-Rock, das war der Sound, der am Samstag geboten wurde beim ersten Undergroundfestival, präsentiert von fünf jungen einheimischen Bands. Und einen Festivalsieger gab es auch. Der hieß nach äußerst knapper Abstimmung durch das Publikum: Dreamlight.
In dem Kasten mit den Festival-Impressionen schrieb ich davon, dass sogar die Feuerwehr ihren Spaß hatte und die Polizei die Friedfertigkeit der Gäste lobte. Ich verfasste einen regelrechten Gute-Laune-Schmu und ließ alles weg, was Ärger nach sich hätte ziehen können.
Ich stand bei Don im Wort, obwohl ich kurz der Versuchung erlag, Anführer für seine blöden Sprüche eins auszuwischen.
»Und nun noch den Kommentar. Dreißig Zeilen«,
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