Trips & Träume
interessiert. Ich gehe aufs Konservatorium. Zur Aufnahmeprüfung bin ich schon zugelassen. Ich habe Isberg auch nicht eingeschleust. Das bildest du dir alles bloß ein. Es war Isbergs eigene Entscheidung. Er wollte bei euch mitspielen. Allerdings glaube ich, er hatte etwas ganz anderes vor«, sagte Andi.
Nun verstand ich gar nichts mehr. »Was ist hier eigentlich los?«
Andi zwirbelte seinen Bart. »Isberg hat seine Show nur abgezogen, um Fürst zu beeindrucken. Er hat mir mal gesagt, im Jazz sei kein Geld zu verdienen, aber im Rock läge die Kohle auf der Straße, man müsse sie nur aufheben.«
Ich schaute Fürst in die Augen. »Weißt du was davon?«
Er legte den Arm um Rosies Hüfte. »Er hat mich angerufen. Ich dürfe seinen Auftritt nicht verpassen, sagte er. Und das müsst ihr zugeben, die Performance war einmalig.«
»Du bist eine Arschgeige.« Es war mir einfach so rausgerutscht.
»Mir reicht’s. Mit so einem Mist kann und will ich mich nicht aufhalten. Mark und Don, ihr wisst, wo ihr mich erreicht. Mein Angebot steht. Macht was draus«, antwortete Fürst.
Er tippte sich mit dem den Zeigefinger an die Stirn wie ein amerikanischer Oberst. Dann schlenderten sie, er und Rosie, als sei nichts geschehen den Flur hinunter, zurück in Richtung Halle. Don schaute mich kurz an, dann marschierte er hinter ihnen her. Es fehlte nur noch eine Leine, dann hätte er ihr Dackel sein können.
»Bitte vertragt euch wieder«, sagte Karen, die sich bis jetzt herausgehalten hatte.
Mark und Andi bewegten sich nicht von der Stelle.
Karen warf einen flehenden Blick zu Mark, dann zu Andi. Der gab einen Seufzer von sich und zuckte mit den Schultern. Mark blickte zu Boden, vermied es aber, auch nur irgendjemand anzuschauen.
»Wie geht es weiter?«, fragte Paul.
Gero und Skip bauten sich hinter ihm auf. Das Trio erwartete eine Antwort von seinem Boss.
»Ich weiß es nicht. Ich weiß überhaupt nichts mehr«, sagte Mark.
Dann drehte sich um und ging den Flur hinunter, in die Richtung, in die Fürst, Rosie und Don verschwunden waren. Ich konnte mir keinen einsameren Menschen in diesem Moment vorstellen.
*
Karen saß im Schneidersitz auf meinem Bett.
Ich legte Embryo auf und hockte mich neben sie.
»Sie haben den Termin mit Charlie, diesem Radio-Fuzzy, abgeblasen. Mark sagte was von einer Denkpause. Die Band sei momentan auf Eis gelegt. Don hat getobt, ihm gehe Kohle verloren«, sagte ich.
»Don soll erst mal seine eigenen Probleme lösen.«
»Hat er Giulia endlich angerufen?«
»Ich glaube, ja, angerufen hat er sie. Aber geregelt ist da noch nichts.«
»Was ist mit Christiania? Du wolltest schon längst weg sein.«
»Ich will nur diese eine Sache noch erledigen«, antwortete sie.
»Welche Sache?«
»Die mit Andi und Mark. Ich habe da eine Idee, wie ich die Streithähne wieder zusammenbringen kann.«
»Vergiss es. Egal, wie gut deine Idee auch sein mag, die kriegst du nicht wieder zusammen. Sich wieder vertragen. Darauf kannst auch nur du kommen. Die hassen sich doch wie die Pest.«
Sie antwortete nicht.
Ich hakte nach. »Was ist das für eine Idee?«
»Kannst du dich noch an Tom und Doro erinnern?«
Ich kannte sie nur flüchtig. Sie waren Freunde von Hucky, einem der Hausboot-Freaks. Tom, hieß es, habe das Schiffspatent gemacht, ein altes Boot gekauft und es umgebaut. Im vergangenen Sommer hatten sie all ihre Kohle zusammengelegt und waren nach Lemmer gegangen, einem kleinen Ort am niederländischen IJsselmeer.
Mother Universe, ein Zweimastclipper.
Karen berichtete, dass die Segelsaison von März bis Ende Oktober dauere. Das Schiff hätte Platz für bis zu zwanzig Personen. Schulklassen, Kegelclubs, Sportvereine, sogar Firmen würden es für Ausflüge buchen.
Verpflegung war mitzubringen, der Kahn hätte eine Kombüse, in der man kochen konnte. Beim Segeln mussten alle mit Hand anlegen.
Anscheinend bestritten Tom und Doro davon ihren Lebensunterhalt. Karen sagte, die Mother Universe sei fast immer ausgebucht.
Das klang, als hätten sie ihren Traum bereits verwirklicht.
»Segeln also«, brummte ich.
»Ja, warum nicht?«
Karen und ihre Friedensmission. »Was soll das bringen?«, fragte ich.
»Segeln, das bedeutet Freiheit. Die Seele baumeln lassen. Genau das Richtige für eine Denkpause, die wir jetzt alle gebrauchen können. Segeln auf so einem Schiff heißt aber auch Teamwork. Jeder muss mit anpacken. Und abends sitzt man zusammen und tauscht sich aus.«
»Du meinst, dann würden sie wieder
Weitere Kostenlose Bücher