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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
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rücklings aufs Deck und schlief sofort ein. Als ich die Augen wieder öffnete, erblickte ich einen klaren, blauen Himmel. Wie lange hatte ich hier gelegen, zwei Stunden – oder länger? Die Sonne stand hoch, es musste bereits Mittag sein.
    Ein Schatten legte sich auf mein Gesicht.
    »Wir haben die Schleuse erreicht«, sagte Andi.
    Er reichte mir die Hand und half mir hoch. »Dieses Schauspiel sollten wir uns nicht entgehen lassen.«
    Tom hatte die Segel einholen lassen. Er scheuchte Freaky Willy übers Deck. »Beeil dich, bring die Fender an, damit das Schiff in der Schleuse nicht beschädigt wird«, rief er.
    Ich dachte immer, es gebe nichts Langweiligeres auf einer Schiffsreise, als eine Schleuse zu passieren. Wie ich mich getäuscht hatte. Etliche Zuschauer hatten sich am Ufer versammelt.
    Doro hatte den Motor gestartet und die Universe sicher in die Schleuse bugsiert. Das Schiff lag nun steuerbord an der Wand der Kammer festgemacht. Langsam schloss sich das hintere Tor.
    Wir hatten Glück, es würde schnell gehen. Mit der Mother Universe befand sich nur noch ein weiterer Schoner in der Kammer. Insgesamt konnten sechs Schiffe darin Platz finden. Ich blickte hinunter auf das braune Brackwasser. Fast unmerklich hob sich der Wasserspiegel. Tom unterhielt sich mit einem älteren Mann. Das musste der Schleusenwärter sein.
    Einst war hier die Zuidersee gewesen – eine Meeresbucht, die über das Wattenmeer den Niederländern schnellen Zugang zu allen großen Seewegen ermöglichte. Überschwemmungen gehörten über Jahrhunderte hinweg zum Leben der Küstenbewohner. Doch nach der großen Flut Mitte der zwanziger Jahren, die weite Teile der niederländischen Küste heimgesucht und viele Opfer gefordert hatte, begann man mit dem Bau eines Abschlussdeiches.
    Aufgeschüttet in nur fünf Jahren aus Geschiebelehm und Basalt, neunzig Meter breit und fast acht Meter über dem Meeresspiegel gelegen, war er im Mai 1932 fertiggestellt worden. Insgesamt waren mehrere Millionen Kubikmeter Sand und Gestein bewegt worden, mehr als fünftausend Menschen hatten am Damm gearbeitet. Ein Bollwerk gegen die Nordsee. Mit einer zweiunddreißig Kilometer langen Straße darauf, die Kornwerderzand mit Den Oever verband. Wenige Monate nach der Eröffnung war die Zuidersee in IJsselmeer umbenannt worden. Der Süßwassersee wurde benannt nach seinem Hauptzufluss, der IJssel, die bei der Ortschaft Kampen, südlich von Lemmer, in das Binnenmeer mündet.
    Das alles hatte uns Tom bei seiner Einweisung auf Deck erklärt.
    Ich riss mich von meinen Gedanken los.
    »Andi, was glaubst du, wie es weitergeht?«
    Die Frage hatte ich eher mir selbst gestellt.
    »Was meinst du damit, du existenzialistischer Grübler?«
    Komisch, diesmal störten mich seine Sticheleien überhaupt nicht.
    »Das mit dem Musikfieber, mit uns allen«, brummte ich.
    »Das scheint dich ja sehr zu beschäftigen.«
    »Das tut es wirklich«, antwortete ich.
    »Dann erzähle ich es dir. Wenn auch zum hundertdreißigstenmal.«
    »Ja, ist ja gut. Ich kann nur nicht glauben, dass es das jetzt gewesen sein soll.«
    »Ich habe dir doch von dem alten Hausarzt unserer Familie erzählt. Ich habe mit ihm gesprochen, er stellt mir ein Attest aus. Diagnose: Fokale Dystonie. Wenn ich damit durchkomme, werde ich für untauglich erklärt und ausgemustert. Das heißt, ich brauche weder zur Bundeswehr noch muss ich irgendeinen Ersatzdienst machen. Freie Bahn für mein Musikstudium.«
    Er klemmte sich eine Haarsträhne hinters Ohr, so wie er es immer machte. »Du weißt doch, Komponist werden und den perfekten Song schreiben.«
    »Den hast du doch schon geschrieben.«
    »Hör auf damit. Du bist nicht ganz dicht.«
    »Du solltest den Song einem Verlag anbieten oder einem Produzenten. Oder noch besser, du bringst ihn selbst raus.«
    »Ja, ja, ich weiß, Fürst würde daraus einen Hit machen. Nein, der Song gehört mir nicht mehr. Soll Karen damit machen, was sie will.«
    »Wie edel, hilfreich und gut von dir.«
    »Der Song war ein Geschenk. Wenn Karen mich bitten würde, ihn zu veröffentlichen, dann wäre das etwas anderes. Aber das hat sie nicht getan. Und das wird sie auch nicht tun. Warum auch, es ist doch bloß ein Song. Es wird mir ohnehin schon zu viel drüber geredet über dieses Scheißlied.«
    »Wer weiß noch davon? Das sollte doch geheim bleiben.«
    »Vielleicht hat Karen es rumerzählt. Es ist mir auch egal. So was ist auf die Dauer eh nicht unterm Deckel zu halten. Mark hat mich übrigens

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