Trips & Träume
mit Schlitzen für Augen und Mund und sprach in das Mikrophon, das Mila ihm hinhielt. Dann drehte sich Mila zur Kamera und sprach direkt zu Maja und mir ins Wohnzimmer.
»Mama ist jetzt berühmt«, stellte Maja fest.
*
An dem Tag, als Mila zurückkehrte, musste ich nach Berlin.
Ich hatte mir einen Plan zurechtgelegt, den ich mir auf dem Weg zum Flughafen noch einmal durch den Kopf gehen ließ. Auf dem Beifahrersitz lag die Aktentasche mit meinen Unterlagen. Maja saß in ihrem Kindersitz und hielt das Schild in der Hand, das wir gemeinsam angefertigt hatten.
Hallo, Mama, schön, dass du wieder da bist.
Ich hatte die Buchstabenumrisse gezeichnet, Maja malte sie mit ihren Buntstiften aus. Dann schnitten wir aus rotem Papier zwei handgroße Herzen aus und klebten sie drauf.
Um zehn Uhr morgens sollte ihre Maschine landen, mein Flieger würde eine Dreiviertelstunde später starten.
Zuerst zum Air-Berlin-Schalter. Als ich der jungen Dame das Flugticket hinlegte, wurde Maja misstrauisch.
»Papa, verreisen wir?«
Ich hatte ihr nichts erzählt, wollte sie nicht noch mehr verwirren, so aufgeregt, wie sie ohnehin schon wegen der Rückkehr ihrer Mutter war.
»Papa muss in Berlin arbeiten. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich in eine andere Stadt fliege, oder? Heute Abend bin auch schon wieder da.«
»Aber doch nicht heute, wo Mama wiederkommt.«
Maja tat mir leid, ich tat mir leid. Hoffentlich war das alles richtig, was ich vorhatte.
Mit Aktentasche, Schild und Maja auf dem Arm stürmte ich die Rolltreppe hinunter zur Ankunftshalle. Sie drückte sich an mich. In einem Fleurop-Laden kaufte ich eine Paradiesblume.
An Ausgang vier herrschte starkes Gedränge. Maja hielt stolz das Schild in die Höhe und bahnte uns den Weg, indem sie bis zum Absperrgitter vordrängelte. Kaum hatte ich sie eingeholt, ging auch schon die automatische Tür auf und spuckte einen Pulk von Reisenden mit ihren Kofferkulis aus.
Maja sah sie zuerst. Sie kletterte durch das Gitter und rannte auf ihre Mama zu. Mila war braun gebrannt.
Sie hatte sich auf den Temperaturschock Jakarta/Frankfurt eingestellt, trug Jeans und Lederjacke, darüber ihren Mantel.
Mila stellte die große Tasche und den Koffer ab und ging in die Knie.
Maja ließ das Schild fallen und rannte ihrer Mama in die Arme. Die Paradiesblume in meiner Hand sah leicht lädiert aus.
»Maja, nicht so feste drücken, ich krieg ja keine Luft mehr.«
»Mama ist wieder da!« Maja küsste ihre Mutter auf Augen und Nase.
»Hat Papa auch gut auf dich aufgepasst?«
Maja nickte nur, sie bekam kein Wort heraus.
Mila wollte die Kleine gar nicht mehr aus den Armen lassen.
»Mein kleiner Schatz, wie habe ich dich vermisst«, sagte sie.
Als Mila mich kurz drückte und distanziert auf die Wange küsste, nahm ich einen anderen Duft wahr. Ein neues Parfüm. Wie lange hatte ich diese Nähe nicht mehr gespürt. Wir lösten uns aus der Umarmung.
»Das übrigens ist Frank«, sagte Mila plötzlich.
Ein Mann Anfang dreißig, mit Fünftagebart und ebenso nussfarbener Haut wie Mila, trat kaugummikauend in mein Blickfeld.
Er musste die ganze Zeit über hinter ihr gestanden haben, ohne dass ich es bemerkt hatte. Typ kalifornischer Surfer, dachte ich.
Sein dunkles Haar quoll unter einer Baseballkappe hervor. Er grinste mich breit übers ganze Gesicht an. Er hatte einen Rucksack von der Größe eines Schranks über sein Kreuz geschultert, auf dem Kofferkuli standen drei große Alukisten, das konnte nur die TV-Ausrüstung sein. Das war also der Kameramann.
Kaum größer als ich. Unter dem offenen Parka trug er ein einfaches braunes T-Shirt mit einem Carhartt-Schriftzug, das Hemd spannte über seiner Brust wie eine zweite Haut. Aha, dachte ich noch einmal, er kommt daher wie eine Mischung aus Jack Johnson und Vincent Gallo. Fehlt nur noch die Gitarre, und er singt gleich einen selbst komponierten Song.
»Hallo, freut mich sehr«, sagte er mit freundlicher Stimme.
Fester Händedruck. Kein Wunder bei der schweren Kamera, die er fast zwei Monate durch Indonesien geschleppt hatte. Er war Tag und Nacht mit Mila unterwegs, der hübschsten Reporterin, die ich kannte.
»Mila, mein Flieger nach Berlin geht in einer Dreiviertelstunde.«
»Ich dachte, wir verbringen einen schönen Tag und feiern meine Rückkehr.«
»Ich bin auf eine heiße Story gestoßen. Ich erzähl‘s dir, wenn ich zurück bin.«
»Wir haben uns so lange nicht gesehen. Und du hast nichts Besseres zu tun, als dich aus dem Staub zu
Weitere Kostenlose Bücher