Trips & Träume
sie angehörte, hat ja schon immer Schiss gehabt, wirklich revolutionäre Sachen zu machen, dachte ich.
Huguette wusste noch nicht, dass ich in meinem Dachzimmer manchmal einen durchzog. Wie denn auch – erstens konnte ich Räucherstäbchen vorschieben, und zweitens war sie, ständig in irgendetwas eingespannt, kaum zu Hause.
»Ich habe gelesen, in Marokko werden die Leute hundert Jahre und älter, nur weil sie in Ruhe ihre Pfeifchen rauchen«, sagte Sonny.
Pling, Freispiel. Die Zahlen auf dem Flipper ratterten nur so. Er hatte schon 180 000 Punkte geholt.
»In Dänemark wird es bald einen Ort geben, an dem du einen Joint rauchen kannst, ohne dass die Polizei kommt«, sagte Karen.
»Red kein Blech«, entgegnete ich.
»In Kopenhagen gibt es ein seit Jahren leerstehendes Kasernengelände, mitten in der Stadt und direkt am Wasser gelegen. Ein paar Freaks wollen es besetzen und zum Stadtstaat erklären. Die wollen in einer Kommune leben. Die Idee ist, alles selbst in Schuss zu halten, die Gebäude zu renovieren und nach eigenen Gesetzen zu leben. Christiania soll das Ganze heißen«, sagte sie.
Karen mit ihren Hippie-Ideen, dachte ich. Ein Freistaat für Freaks. Wie sollte das gehen?
»Nach eigenen Gesetzen? Das lassen die Spießer niemals zu. Woher weißt du das alles? So was steht doch nicht in der Zeitung«, erkundigte ich mich.
»Ich kenne zwei Mädels, die da mitmachen wollen«, antwortete sie.
»Das ist ja wie bei der Kommune I in Berlin«, mischte sich Moses ein.
»Nur dass die in Berlin nichts renovieren, sondern ausschließlich ans Ficken denken«, sagte Sonny. Er hatte die Kugel zwar versenkt, aber insgesamt immerhin 220 000 Punkte gemacht. Sein Spiel war vorbei.
Moses übernahm am Flipper. »Wir machen auch ‚ne Art Kommune auf.«
Ich glaubte, mich verhört zu haben. »Wie bitte, ihr macht was?«
»Wir haben eine Wohnung gemietet. Die richten wir uns gerade her. Endlich ein Raum, der uns gehört. Wo wir machen können, was wir wollen. Wo uns niemand etwas vorschreibt. Christiania im Kleinen. Wir haben uns auch schon einen Decknamen ausgedacht«, erklärte Moses.
»Nur wer die Parole kennt, gehört dazu. Wir nennen es Das Müsli. Ein konspirativer Treff, von dem nur Eingeweihte wissen«, sagte Sonny.
Ich lächelte. »Die Weltrevolution planen? Verarschen kann ich mich selbst. Ich glaube, ihr wollt doch nur einen Platz haben, wo ihr kiffen und Mädels flachlegen könnt.«
Aber wer hatte ihnen die Bude besorgt?
»Du brauchst ja nicht zu kommen. Wir werden bald Einweihung feiern. Meckerer wollen wir eh nicht dabeihaben.« Moses war mit einem Mal schlecht drauf. Wegen meiner Bemerkung bestimmt nicht. Er hatte zu heftig am Apparat gerüttelt. Mit großem Tamtam stand der Flipper erneut auf Tilt.
Karen schien ganz interessiert: »Was wolltest du eigentlich vorhin erzählen?« Ich legte los, berichtete davon, dass Mark eine Band gegründet hatte, dass Andi dabei war, ebenfalls eine Gruppe zusammenzustellen, und dass in der Stadt das Musikfieber ausgebrochen sei. Ich erzählte von Falko und Bab und von Rössel. Vier Bands schon, und dass da bestimmt noch mehr kommen würde.
»Darüber musst du einen Artikel schreiben.« Ich drehte mich um. Don stand hinter mir. Unter seinem rechten Arm klemmte ein Packen Flugblätter. In der freien Hand hielt er eine Zeitung.
Er hielt das Blatt hoch. »Ich habe eine Anzeige geschaltet.« Die Annonce war eine Viertelseite groß und nicht zu übersehen. In großen Lettern stand da zu lesen:
Bands gesucht für ein großes Musikfestival! Gruppen und Einzelinterpreten, meldet Euch! Das ist Eure Chance! Gegen die Langeweile! Damit endlich etwas passiert in unserer Stadt! Zeigt, dass Ihr was könnt! Der Gewinner erhält einen attraktiven Preis! Anmeldung: D-Management oder im Hot Rats. Am Ende war noch eine Telefonnummer angegeben.
Ich platzte vor Neugier. »Diese Anzeige hat doch ein Schweinegeld gekostet. Und was soll das, D-Management?«
Don reckte stolz die Brust. »Ich habe mir Kohle von meinen Alten geliehen. Die Bank hat noch was draufgelegt, um meine Geschäftsidee zu unterstützen.«
»Was redest du da?« Karen meldete Zweifel an. Berechtigt, wie ich fand, Don hatte noch nie etwas hinbekommen.
Dons Brust schwoll ein weiteres Stück an. »Ich habe eine Firma gegründet. D-Management, das bin ich. Ich werde Bands managen und Konzerte veranstalten, die Kultur fördern, so was in der Richtung.«
»Du und eine Firma gründen?«, fragte ich ungläubig und
Weitere Kostenlose Bücher