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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
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ihr Avantgarde.«
    »Mit der Zeit kommen eigene Stücke ganz von selbst«, erwiderte Mark.
    Ich kapierte sofort. Der Boss hatte keinen Bock mehr auf Diskussionen. »Okay, ich wollte das nur mal klargestellt haben, dass ich dann auch nichts Falsches in die Zeitung setze«, sagte ich und zog mich aufs Sofa zurück.
    Ich zündete mir eine Kippe an, kramte mein Schreibzeug hervor und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Bereit, die Sensation zu notieren. Dass Dreamlight das kommende große Ding des Musikfiebers seien.
    Mark hielt die Stöcke in die Höhe. »Können wir weitermachen?«, fragte er in die Runde und zählte, ohne abzuwarten, die ersten vier Takte an.
    Dieses Mal funktionierte es.
    Da das Stück hauptsächlich auf Orgelharmonien basierte, übernahm Gero die Dirigentenrolle. Jetzt unterbrach er das Spiel, wenn er es für nötig hielt, korrigierte hier, veränderte dort, sprach Lob und immer weniger Tadel aus.
    Skip war aus der Kiffergalaxie zurückgekehrt. Er konzentrierte sich, seine schlanken Finger flitzten plötzlich gekonnt über den Hals des Basses und fanden die richtigen Noten.
    Paul übertraf sich selbst. Der Knoten hatte sich gelöst, fehlerfrei schlug er das Gitarrenriff auf seinem Brett an. Beim Solo, das noch ausbaufähig war (aber immerhin gelang ihm nun eines), hielt er sich sogar an die vorgegebenen sechzehn Takte.
    Mark ließ kurze Wirbel und Paradiddles über die Toms rollen, die Einsätze kamen punktgenau auf die Eins, die Becken krachten im richtigen Moment, sein Kantenschlag war präzise und knackig.
    Nach zwei weiteren Stunden und völliger Erschöpfung hatten sie eine Version von »Atom Heart Mother« drauf, die sich hören lassen konnte.
    Als der letzte Ton verklungen war, platzte es aus mir heraus. »Wow, wenn ihr so weitermacht, spielt ihr alle an die Wand.«
    *
    Ich schob die Kreidler auf dem Heimweg und ging neben Mark her. Obwohl fast Mitternacht, war zu dieser fortgeschrittenen Stunde die Luft noch angenehm warm. Die Cordjacke hatte ich mir um die Hüfte gebunden. Auf der Straße keine Menschenseele, nicht ein einziges Auto war unterwegs. Die Spießer hatten sich in ihre Wohnungen zurückgezogen und taten, was Spießer so tun – ihre Kinder schlagen, Ehefrauen begatten und Drei mal Neun mit Wim Thoelke in der Glotze gucken. Der normale Kleinstadtwahnsinn.
    »War das dein Ernst?«, fragte er.
    »Was meinst du?«
    »Na, dass wir alle an die Wand spielen werden?«
    »Ihr müsst nur noch eure eigene musikalische Stimme finden«, sagte ich.
    »Eigene musikalische Stimme ...«, wiederholte er versonnen.
    Der Mond tauchte die Bäume und Sträucher in ein unwirkliches Zwielicht.
    »Andi schreibt eigene Stücke«, sagte ich. In knappen Worten schilderte ich Karens und meinen Besuch bei ihm.
    »Er hat also eine kleine Melodie?«, fragte Mark, als ich fertig war.
    »Ja, aber als er sie uns vorspielen wollte, platzte Don herein«, antwortete ich.
    »Wenn der eigene Songs hat, dann brauchen wir auch welche.«
    Wie war das nun gemeint? Klar, wer ein Konzertpiano in seiner Bude stehen hatte und darauf komponieren konnte, der verstand was von seinem Fach. Plötzlich kapierte ich. Fra Mauro, Andis Band, war die große Konkurrenz auf Marks Weg, das Festival für sich zu entscheiden.
    »Und wenn Karen dich erst mal am Schlagzeug sieht, wird es sie umhauen«, sagte ich.
    Bei der Erwähnung ihres Namens ging ein Zucken durch sein Gesicht, kaum merklich, doch ich registrierte es genau.
    Mark zeigte mir den Vogel. »Du spinnst.«
    »Lad sie doch auf die nächste Probe ein«, schlug ich vor, »glaub mir, damit kannst du Eindruck schinden.«
    »Irgendwie ist sie, na ja ... unnahbar.«
    »Du bist doch sonst nicht so schüchtern«, sagte ich.
    Marks Stimme überschlug sich fast: »Ist sie nicht mit Andi zusammen?«
    Wir hatten die Hälfte des Parks hinter uns. Der Mond war verschwunden. Die Bäume hatten ihn verschluckt. Ich konnte Mark kaum noch erkennen, nahm sein Gesicht wie einen altertümlichen Scherenschnitt wahr.
    Seit Andi über dem Rats eingezogen war, klebte Karen an seiner Seite. Andi war etwas älter als die anderen in der Korona, hatte den Führerschein, war belesen und konnte Adorno zitieren. Das schien ihr zu imponieren.
    Warum war dieser Typ plötzlich so wichtig geworden? Wo kam er überhaupt her, und warum war er gerade in unserem Kaff hängengeblieben?
    »Ich kenne seinen Onkel«, antwortete Kief etwas unwirsch, als ich ihn einmal über Andi ausquetschte. Ich ließ nicht locker, und

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