Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
Vom Netzwerk:
hatten einst versucht, unter Haschischeinfluss neue Ideen zu formulieren. Darüber hatten sie sogar ein Buch geschrieben. Die Sache war aber die, dass man, je bekiffter man wurde, also nach drei, vier Joints hintereinander, zunehmend zum plötzlichen Verstummen neigte und nur noch seinen eigenen Gedanken nachhing. So weit war diese Party jedoch noch nicht gediehen.
    »Alter, da fliegt dir die Schädeldecke weg.«
    Vor mir war Rütz aufgetaucht. Der Edelfreak. Er trug indianische Mokassins, handgefertigt, Jeans mit so viel Flicken drauf, dass sie faktisch nur noch daraus bestanden. Rütz liebte langärmelige Shirts, die er selbst färbte und dann mit den Covers seiner Lieblingsbands bemalte. Er hatte gerade eine Lehre als Schaufensterdekorateur begonnen. Ich fand, dass das prima zu seinem zeichnerischen Talent passte. Diesmal trug er das Shirt mit der Schizoid-Man-Fratze vom ersten King-Crimson-Album.
    Das Edelste an ihm war jedoch ein mit Lammfell besetzter Mantel aus braunem, kratzigem Leder. Ein Teil, wie es auch John Lennon trug. An Rütz sah es nach afghanischem Stammesführer aus. Er war Spezialist für die englische Undergroundszene. Er kannte alle Canterbury-Bands von Caravan bis Soft Machine und liebte die Platten von Van der Graaf Generator. Seine neueste Entdeckung hieß Gong.
    »Alter, das musst du dir unbedingt mal reinziehen. Camembert Electrique heißt die Scheibe. Wenn du das hörst, hebst du ab«, sagte er.
    Er fing an, die Musik von Gong zu beschreiben. Er laberte was von Musiktheater auf LSD, dass die Band in Frankreich lebe und im Vorprogramm von Magma, dieser französischen Spinnergruppe, aufgetreten sei. Mastermind sei ein gewisser Daevid Allen, der zur Urbesetzung von Soft Machine gehört habe. Gong lebten in einer Musikerkommune und seien das nächste große Ding. Rütz laberte und laberte. Wahrscheinlich stimmte alles, was er sagte. Aber sein Redeschwall war unerbittlich, ohne Punkt und Komma, weshalb ich mich bald ausklinkte, aber so tat, als hörte ich weiter zu.
    Das war unhöflich, doch mir stand plötzlich nicht mehr der Sinn nach Gong und Künstlerkommune. In Marks Ecke tat sich etwas.
    Karen war enger an ihn herangerutscht. Sie hatte die Knie angezogen, die Arme um die Beine geschlungen. Ihr Kopf ruhte auf den Knien, Mark zugewandt.
    Sieh mal an, die beiden scheinen sich näherzukommen, dachte ich.
    Ich sagte Tschüs zu Rütz, nicht ohne ihm versprechen zu müssen, mir Gong mal in aller Ruhe anzuhören. Ich solle doch mal auf ein Tässchen leckeren Kräutertee bei ihm vorbeikommen. Er griente, als er das sagte.
    Im Flur entdeckte ich Andi.
    Ich schob mich an ein paar Leuten vorbei, die ich vom Sehen kannte. Porno-Fischer, den alle so nannten, weil er angeblich eine Sammlung schwedischer Sexheftchen besaß. Skip, Gero und Paul standen bei ihm und schauten gelangweilt drein. Ich schnappte auf, wie Porno-Fischer sagte, er werde in die Band von Sonny und Moses, Waisel-Villwock, einsteigen. Das konnte ich gut für meinen Artikel verwenden.
    Seit Erscheinen meines Berichts in Das Auge war es zu weiteren Gruppengründungen gekommen. Saitenspinner, Vox Juventutis und Tara Folk verstanden sich als Folkmusiker.
    »Hast du Karen gesehen?«, fragte Andi. Er zwirbelte sich den Schnurrbart und zog gierig an der Gauloise. Der Junge schien ein Nervenbündel zu sein. Wahrscheinlich, weil Karen nicht an seiner Seite war. Schau an, wenn der nicht genauso eifersüchtig ist wie Mark, dachte ich.
    »Die sitzt drinnen«, antwortete ich so unbeteiligt wie möglich. Bevor er etwas sagen konnte, wechselte ich das Thema. »Was macht deine Band? Ihr habt Reed Isberg engagiert, hab ich gehört.«
    »Hey, du kennst den?«
    »Nicht wirklich – nur, was die Gerüchteküche erzählt«, erwiderte ich.
    »Er hat eine Zeitlang bei Horst Jankowski gespielt. Hat damit gut Kohle gemacht«, sagte Andi.
    Horst Jankowski war ein Jazz-Pianist, der manchmal in Fernsehshows auftrat und eine Big Band unterhielt, die auch kommerzielle Sachen spielte. Mit »Schwarzwaldfahrt« hatte er einen Riesenhit gehabt, der selbst in den US-Charts aufgetaucht war.
    »Wo hat der gespielt, bei Jankowski?«
    »Hey, der ist ein sauguter Musiker. Aber als Jazzer musst du sehen, wo du bleibst. Oder glaubst du, mit Jazz kann man hierzulande Geld verdienen? Irgendwoher muss ja die Miete kommen.«
    »Ich dachte immer, der schnöde Mammon geht den Jazzern am Arsch vorbei. Er bläst also ein richtig geiles Saxophon, dein Reed Isberg?«
    »Bist wohl wieder

Weitere Kostenlose Bücher