Trips & Träume
Festivalidee. Fritz macht auf dem Parkplatz neben dem Nassauer Hof eine Art Oktoberfest mit Dicke-Backen-Musik. Er stellt das Zelt bereits eine Woche früher auf. Da dürfen wir dann rein und unser Festival abziehen.«
Ich war geschockt. »Mit diesem Reaktionär willst du gemeinsame Sache machen? Das darf nicht wahr sein.«
»Ich bin Geschäftsmann. Die politische Haltung von dem ist mir schnuppe.«
»Warum bist du nicht in die Stadthalle gegangen? Die Miete für so ein Zelt ist doch schweineteuer. Das alles aufzubauen, das ist doch nicht umsonst. Und dann der Strom, wo willst du den herholen?«
»Strom ist das kleinste Problem. Dafür gibt es die Feuerwehr oder das THW. Bei denen bekommt man die notwendigen Aggregate. Der Deal sieht so aus, ich muss keine Miete zahlen und bekomme komplett die Kohle aus dem Eintritt, dafür behält er die Einnahmen aus der Gastronomie. Das kommt mich alles günstiger, als eine Halle zu buchen.«
Don hatte das wieder einmal clever durchdacht. Trotzdem behagte es mir gar nicht, dass Eckfritz mit drinhing.
Ich frotzelte weiter: »Welche Bands sollen auf dem Festival spielen? Etwa alle? Da kannst du gleich ein Dreijahresding draus machen.«
»Genau darüber wollte ich mit dir reden. Ich brauch deine Hilfe, exakt bei diesem Thema. Komm mit! Wir gehen in mein Büro.«
In sein Büro? War er völlig größenwahnsinnig geworden?
Don packte den Einkaufswagen und marschierte los. Neugierig geworden, entschied ich mich, einfach mal mitzugehen.
»Hey, Manager, warte auf mich. Wusstest du eigentlich, dass der Onkel von Moses der Chef der Lokalzeitung ist?«
*
Ich hatte noch nie seine Bude von innen gesehen.
Seine Eltern wohnten über dem Schreibwarengeschäft, das sie betrieben. Ich war mir nicht sicher, aber das Haus gehörte wohl ihnen. Der zweite Stock war vermietet. Unterm Dach hatte Don ein eigenes Zimmer.
Am Fenster stand ein mannshoher Sekretär. Biedermeier, echt wertvoll. Darauf ein Telefon und eine Schreibmaschine.
An der Wand neben dem Bett hing eine Karte vom Landkreis. In der Karte steckten rote Reißbrettnadeln. Auf dem Boden, dem Sekretär und dem Bett lagen ungeordnet Papierstapel und Briefe, dazwischen Zeitungen, Zeitschriften und Telefonbücher.
Neugierig zog ich ein Blatt heraus. Es war eine Mahnung über eine Anzeigenrechnung. Schnell legte ich sie wieder zurück.
Das also war sein Büro.
»Was soll das mit der Karte?«
»Ich denke über das Festival hinaus. Überall wo Nadeln stecken, sind Orte, in denen ich Konzerte veranstalten will. Auf dem Land gibt es Sporthallen, Discotheken und Kneipen, da kannst du was reißen. Auf dem Land sind sie ausgehungert, die wollen auch geile Musik hören. Und ich bringe sie dorthin. Die Leute müssen nicht bis nach Köln oder Frankfurt fahren, D-Management bringt den Sound direkt zu ihnen, sozusagen vor die Haustür.«
»Und die Telefonbücher, was ist damit?«
»Aus dir wird nie ein Businessmensch. Ich brauche doch Adressen. Das war eine Heidenarbeit, das alles rauszusuchen. Aber es hat funktioniert, ich habe schon bei einigen Läden angerufen. Du glaubst es nicht, wenn ich wollte, könnte ich Dreamlight auf eine dreiwöchige Tournee durch den Taunus und den Westerwald schicken. Wir wären ausgebucht. Kein Problem. Und die zahlen, das kann dir sagen, richtig gute Gagen, bis zu dreihundert und mehr pro Auftritt können dabei abfallen.«
»Was sollen Dreamlight in der Provinz, da kommen die nie groß raus!«
»Zuerst kommt die Ochsentour durch die kleinen Clubs, das steht immer am Anfang einer Karriere, damit erspielst du dir einen Namen. Außerdem haben Dreamlight Schulden bei mir, die können sie so abspielen.«
»Du denkst wie ein Kapitalist.«
»Typen wie mich muss es auch geben. Was meinst du, was die Manager von Led Zeppelin oder den Stones machen? Die Bands wären ohne sie aufgeschmissen.
Manager kümmern sich um Auftritte, Verträge, um die Gage und so weiter. Dreamlight würde es gar nicht geben, wenn ich ihnen nicht Instrumente und Anlage besorgt hätte. Ich will meine Investitionen zurückhaben. Das heißt, sie müssen sich auszahlen.«
»In deinen Augen blinken ja schon die Dollarzeichen.«
»Spar dir deine moralinsauren Sprüche. Entweder du hilfst mir, und damit auch deinem Kumpel Mark, oder du kannst gehen. Ich schaff das auch allein«, sagte er. Unvermittelt kehrte er mir den Rücken zu und tat so, als wäre ich Luft für ihn. Unschlüssig stand ich an der Tür. Hatte er das ernst gemeint? Pah, dann
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