Trips & Träume
Brutzeln brachten, war völlig überfordert. Es roch angebrannt. Egal, wir hatten solchen Hunger, dass wir das Essen auch angekokelt futterten. Anschließend löffelten wir den Vanillepudding weg. Wir hatten zwar kein Dach überm Kopf, aber sonst gab es erst mal keinen Grund zu klagen.
Dann rollte sich Don in die Embryostellung. Er schnarchte sofort los. Andi und Mark lagen auf dem Rücken und schlummerten. Ich drehte mich auf den Bauch, bettete den Kopf auf meine Arme und schloss die Augen.
Zuerst nahm ich ein dumpfes Klopfen wahr.
Es war noch ein gutes Stück entfernt, kam aber gefährlich nahe. Das Klopfen drang vom Ufer her. Es wurde lauter. Hatte das Festival schon begonnen, war es ins Freie verlegt worden? Ich vernahm den Klingklang kleiner Glöckchen. Erst zart und zögerlich, dann regelrecht euphorisch. Dazu mischte sich ein merkwürdiger Singsang. Blinzelnd schaute ich in die Richtung, aus der ich den Sound vermutete.
Kein Zweifel, ich war wieder auf Trip. Ein Flashback.
»Hare Krishna, Hare Rama, Hare Rama, Krishna, Krishna.«
Sie hatten kahlrasierte Köpfe, die in der Sonne wie poliert glänzten. An den Schädeln baumelten kleine Zöpfe, die sich im Rhythmus wie Propeller drehten. Die Krishnas, es waren vielleicht zwanzig an der Zahl, fassten sich an den Händen und tanzten um unser Lager herum. Sie sangen und lachten. Die Glöcklein an ihren Fußgelenken bimmelten wie bei einem Tempelaufstand, einige der Typen schlugen ekstatisch mit Stöckchen auf die unter den Arm geklemmten Trommeln ein.
Ihre Kleidung bestand aus safrangelben Leibchen und Hosen. Letztere sahen aus wie überdimensionale Windeln, sie reichten bis zu den Knien und wurden an der Seite von einem einfachen Knoten gehalten. Wie sie es schafften, in dieser Aufmachung zu singen und zu tanzen und nicht aus ihren Jesussandalen zu kippen, war mir ein Rätsel.
Sie schienen pures Glück zu empfinden, so wie ihre Gesichter strahlten.
Mark richtete sich auf und beobachtete argwöhnisch das Treiben. Ich wechselte in den Schneidersitz und staunte nur. Don und Andi hatten sich zur Seite gedreht und schauten nicht weniger verwundert.
Es war eine beeindruckende Show, die die Krishnas abzogen. Ich hatte viel von ihnen gehört, leibhaftig aber war mir noch keiner begegnet.
Mark zeigte den Krishnas den Vogel.
»Blödmänner, könnt ihr das lassen?«, fragte er laut und deutlich.
Der Hare-Rama-Singsang erstarb sofort.
Vom Kai bellte ein kleiner Hund herüber, der an der Leine einer älteren Frau zog. Mich hatte die Vorführung eher amüsiert als verärgert.
»Das sind ganz harmlose Freaks. Die sind auf Trip. Nur auf einem anderen als wir«, sagte ich.
Mark wurde ungehalten. »Die haben sich von ihrem Guru die Intelligenz aus dem Kopf predigen lassen.«
Ich führte seine plötzliche Aggressivität auf die lange Fahrt und den fehlenden Schlaf zurück.
Die Krishnas standen unschlüssig herum. Ein paar von ihnen machten Anstalten zu gehen. Da trat ein Typ hervor. Er war Mitte zwanzig und hielt die Hände, als wolle er beten. Er machte mit ihnen Verrenkungen wie bei einem Ritual, tippte einmal an die Brust, einmal an die Stirn. Das wiederholte er mehrfach. Seine Brüder schauten ihn erwartungsvoll an, er schien der Boss der Truppe zu sein.
»In Krishnas Herz ist auch Platz für dich«, sagte er zu Mark.
Ich stellte mich auf die Beine. »Du kommst aus Deutschland?«
Der Krishna nickte. »Mein Name ist Sami. In meinem früheren Leben war ich auch mal so wie ihr. Dann fand ich die Liebe. Jetzt lebe ich mit meinen Brüdern in einem Ashram in Paris. Mehrmals im Jahr gehen wir auf die Reise, um Krishnas Botschaft zu verbreiten.«
Mark lachte fast hämisch. »Pah, ihr bettelt doch bloß.«
»Halt die Klappe, lass mich das machen!«, sagte ich.
Mark sah mich erschrocken an. So hatte ich noch nie mit ihm gesprochen. Mir lag noch mehr auf der Zunge. Wir waren hier nicht im Eckfritz, es galt keinen Spießerfeind zu bekämpfen. Die Sektenjungs waren friedlich. Es waren einfach nur Freaks, wenn auch mit einem kleinen Tick. Ich verkniff mir jedoch die Bemerkung.
Mark stand auf und ging an den Krishnas vorbei in Richtung Ufer.
Sami vollführte wieder das Ritual mit den Händen. »Dein Freund hat viel Energie, er nutzt sie nur falsch. Das bringt ein schlechtes Karma.«
»Wo kommst du her?«, erkundigte ich mich.
»Aus München, ein Jahr war ich unterwegs auf der Suche nach der Wahrheit. Jetzt habe ich sie gefunden.«
»Kannst du uns sagen, wo wir
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