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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
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antwortete ich.
    »Ein einziger Trip, das ist alles, was übriggeblieben ist«, sagte Erwin.
    Toni und Erwin grinsten, ihre Tennisballaugen leuchteten. Sie hielten je eine Hälfte des Trips in der Hand. Toni warf zuerst, dann Erwin.
    Denen war nicht zu helfen. Sie waren definitiv auf dem Weg zum Mars. Oder in die nächste Klapse, wenn sie sich weiter Drogen in solchen Mengen zumuteten. Das Saxophon auf der Bühne ließ mich aufhorchen.
    Fra Mauro hatten begonnen zu spielen.
    Ich ignorierte Toni und Erwin, schaute hinüber zu Don und Charlie, die noch immer am Verhandeln waren.
    Ich stand auf und ging zum Boxengang.
    Reed Isberg stand im Glanz der Scheinwerfer. Zum ersten Mal schaute ich ihn mir genauer an. Er war ein kleiner, kräftiger und unscheinbarer Mann mittleren Alters, der mir auf der Straße nicht auffallen würde. Doch mit dem Borsalino und dem Saxophon, dem offenen Hemd, aus dem die Brusthaare herausquollen, sah er wirklich aus wie Gato Barbieri.
    Er wusste seinem Instrument Töne zu entlocken, die mir durch und durch gingen. Reed brachte das Saxophon wie die überdehnte Stimme eines Menschen zum Quietschen; es schmatzte, röhrte, schrie und grunzte. Sagenhaft, dieser Jazzer hatte es drauf.
    Ohne das Instrument abzusetzen, ging Isberg quer über die Bühne zu Andi und stellte sich neben das Fender-Rhodes. Gemeinsam spielten sie diese kleine einprägsame Melodie, die romantisch und melancholisch zugleich klang.
    Dieser Song hatte das Zeug zum Hit.
    Das war mir schon beim Vorentscheid aufgefallen.
    In diesem Moment knackte es im Walkie-Talkie.
    »Ich brauch dich«, blökte Don im Befehlston.
    Als ich im Verschlag, der ihm als Büro diente, ankam, war Fetzer schon da. Niemand sagte etwas. Wir starrten auf den Tisch und bestaunten das Malheur.
    Was uns die Sprache verschlug, war die Wahlurne. Oder das, was von dem rechteckigen Holzkasten, den Fetzer selbst zusammengenagelt hatte, übriggeblieben war. Ein fürchterlicher Gestank erfüllte den Raum. Rauch und Urin. Jemand hatte das Ding angezündet und draufgepinkelt.
    Fetzer brach das Schweigen. »Das waren diese Altfreaks, die an der Theke den Wettbewerb in Sachen Bierspucken veranstaltet haben.«
    Er sah ziemlich fertig aus. Sein T-Shirt zeigte dunkle Flecken über Brust und Achseln. Der Zopf hatte sich gelöst, die Haare hingen ihm zerzaust ins Gesicht. Der Security-Job war ohnehin ganz schön anstrengend, dann die Pisshausaktion – und jetzt das.
    Don schaute in die Runde. »Wurden schon viele Stimmzettel abgegeben?«
    »Nach dem Auftritt von Dreamlight haben bestimmt über die Hälfte ihre Zettel in die Urne gesteckt«, antwortete Fetzer.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte ich.
    Fetzer zuckte mit den Schultern. »Wir gehen raus auf die Bühne und erklären, was geschehen ist. Dann lassen wir abstimmen. Per Handzeichen.«
    Don gefiel die Idee gar nicht. »Die Masse von Händen können wir gar nicht zählen. Da sind wir morgen früh noch dabei. Nein, wer den meisten Applaus bekommt, der hat gewonnen.«
    Er sah nicht besser aus als Fetzer. Er hatte Ränder unter den Augen, seine Stimme war heiser, Hemd und Hose verdreckt.
    »Wir lassen sie beides machen«, sagte ich.«
    *
    In Wahrheit hätte es zwei erste Plätze geben müssen.
    Dreamlight hatten hart an sich gearbeitet. Von der ersten Probe, die ich miterlebt hatte, über den Vorentscheid bis hin zum Finale hatten sie eine enorme Entwicklung hingelegt. Eine, die ich ihnen nicht zugetraut hätte.
    Mark und seine Jungs besaßen die richtige Mischung aus Talent und Ehrgeiz, besonders Mark. Bei Fra Mauro hatten Andi und Reed Isberg in einer mitreißenden Spiellaune ihr ganzes Können präsentiert, absolut überzeugend und auf hohem Niveau.
    Dieses Mal ging Don selbst zum Mikrophon.
    Trotz der späten Stunde war das Zelt immer noch gut gefüllt. Wenn ich mich nicht verschätzt hatte, warteten achthundert Fans. Eine musikbesessene Gemeinde des Rock’n’Roll, die dem Ergebnis des ersten Underground-Wettbewerbs entgegenfieberte.
    Don begann den ganzen Sermon runterzubeten, dass die Wahlurne in Flammen aufgegangen sei und dass nun per Handzeichen und Applaus abgestimmt werden müsse. Mittlerweile war es knapp nach Mitternacht. Wir mussten uns beeilen, sonst drehte das Ordnungsamt den Strom ab. Oder, was noch schlimmer war, Anführer machte den Laden dicht.
    Don ging korrekt wie ein Beamter vor.
    Zuerst rief er Inri aus und erhielt als Antwort Gejohle. Er kannte kein Pardon und bat zur Abstimmung. Im

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