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Trisomie so ich dir

Trisomie so ich dir

Titel: Trisomie so ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bernemann
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die Jenny immer so anschleppt, die langweilen sie, sie fühlt sich ihnen erhaben. Was sie sucht, ist tatsächliche Leidenschaft, da kann derjenige noch so fassadenschön sein, wenn es da drinnen nicht passt, da in dieser Herzmaschine, dann ist es lediglich ein großer Traum eines kleinen Mädchens, der da Seifenblasen mäßig zerplatzt. Solveig weiß genau um die Diskrepanz zwischen ihrem Herzapparat und dem inneren Gefühlsgetriebe der Männer, die sie hatte und haben will, und will das irgendwie zusammenlegen, ja, es muss sein, spürt sie, weil da in ihm doch irgendwo eine sonderbare Schönheit wohnt. Sie streicht sich ihre roten Haare aus dem Gesicht und lächelt Jenny an. »Nee, deinen Yussuf kannst du schön alleine ficken, ich plane größeres.« Was Solveig damit meint, weiß sie selbst nicht genau, ist verwirrt über ihre eigenen kryptischen Worthülsen, die ihren Mund verlassen und bei Yussuf und Jenny Fragezeichen in die Gesichter platzieren.
    Die Kälte, die nach der Wärme der Sexualität ohne Liebe in einen Raum tritt, die kann Solveig jetzt spüren, denn es ist das, was Jenny und ihr braunhäutiger Spielkamerad ausstrahlen, und genau davor hat sie immer Angst, wenn irgendein Mann sie loslässt, und das tut er jedes Mal, irgendwann, nachdem er sie hart und leidenschaftlich in den Unterleib gestoßen hat. Jeder macht das. Immer folgt das Loslassen auf das Anfassen, und immer gibt es dann Gründe für Tränen, gute Gründe für Tränen, und Solveig fühlt sich vielleicht zu 25% geliebt, und der Rest wird ausschließlich lieblos gefickt, aber immerhin 25 % denkt die Solveig, immerhin soviel …
    »Kommst du wieder Bett, Schatz?«, knarzt jetzt Yussufs grobe Stimme in die Frauenrunde, und er starrt auf die mittlerweile wieder sitzende Jenny mit einem Blickcocktail aus Howard Carpendale und Klaus Kinski, mit einer Art pseudoromantischer Eindringlichkeit also, und Eindringlichkeit ist wahrscheinlich für Yussuf auch nicht nur ein Gefühlsausdruck, sondern eher eine Handlung. Ich kann das alles nicht mehr ertragen, denkt Solveig und steht wortlos auf, um in ihr Zimmer zu gehen. Die nackte, dürre Jenny hingegen genießt aber ihre Zeit der Lieblosigkeit, und auch Yussuf ist Produzent von Halb- oder Viertelherzigkeiten. Hintereinander gleiten die beiden durch Jennys Zimmertür, ihren Trieben ihre Arbeitskraft anzubieten, sich an ihre Sexualität zu versklaven.
    Wenn die mal wach werden, denkt Solveig noch, als sie sich eine Zigarette anzündet und sich auf ihr Bett fallen lässt, wenn die mal wach werden, dann sind ihre Gefühle zerstört, die Sonnen ihrer Ganzheitlichkeit werden dann untergegangen sein, und sie werden sich wiederfinden als lediglich fickbare Stücke billigstes Auslagenfleisch in der Metzgerei der Sehnsucht. Ich hingegen wäre gern verliebt, denkt Solveig, so richtig mit allen passenden Gefühlen, die jemand dafür bereithalten und aufbringen müsste.
    Nebenan halten sich gequälte Tiere auf. Wenn Solveig richtig gehört hat, handelt es sich dabei um einen angeschossenen Bären und einen kleinen Mischlingswelpen, der wahrscheinlich psychoaktive Drogen im Napf hatte, und diese beiden Tiere zerfleischen einander. Sie versuchen, sich die Stunden schön zu ficken, aber was übrig bleibt, ist irgendwas Abwaschbares, was ein dürres Frauenbein runterläuft und sonst nichts. Solveig weiß das und geht zum CD Player, irgendeinen Soundtrack auszuwählen, der ihren Kenntnisstand in Sachen Liebe und ihre diesbezügliche Traurigkeit etwas abzufedern vermag. Zwischen The Cure , Tomte und Sigur Rós befindet sich nichts, was diesem Gefühl nahe kommt, also nimmt sie einen CD-Rohling auf dem Cannibal Corpse steht und lässt sich in die Geräuschkulisse fallen. Ja, das Gefühl, das sie treibt, fühlt sich genau so an, wie sich die Musik von Cannibal Corpse anhört.
    Cannibal Corpse, denkt Gott, wie geil, lange nicht gehört. Sowieso, was ist Death Metal überhaupt für eine abgefahrene, geile Kunst? Diese schöne Grundaggression, die da vermittelt wird, da muss einem doch das Herz aufgehen. Und dann der Takt, bei dem man denkt, das ist kein Schlagzeug, sondern ein Maschinengewehr, das in eine anonyme Menschenmasse gehalten wird, und nur die wirklich Bösen werden getroffen und sterben schnellstmöglich, und die, die es gut meinen und auch so handeln, bleiben stehen und besorgen sich weitere Maschinengewehre, die sie dann überall auf der Welt benutzen, um die Welt vom selbstgerechten Pack zu befreien. Die

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