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Trisomie so ich dir

Trisomie so ich dir

Titel: Trisomie so ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bernemann
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man sieht, wenn man einen Bildröhrenfernseher ausschaltet. Schließlich war der ganze Mann nur noch ein Punkt, der langsam zu Boden gleitet, irgendwie Halt am Waschbecken sucht, doch das Waschbecken meint »arschlecken« und lässt den Mann vorbeigleiten, der dann wie ein hingeworfenes Handtuch auf den kalten Badezimmerfliesen liegt.
    Da liegt der Mann dann, wie ein dünnes Kind, das mit einem viel zu schweren Schultornister auf den Rücken gefallen ist, und irgendjemand kommt vorbei und stapelt noch mehr Säcke auf des Mannes Brust, und der Atem wird immer schmerzhafter und der Schwindel immer selbstdrehender, und er sieht nur noch einen kleinen schwarzen Punkt, einen kleinen schwarzen Punkt in ansonsten weißer Umgebung und der Punkt sagt: »Scheiße, nein, nein, nein, du kannst doch nicht so einfach sterben, steh auf jetzt« und der Mann will auch was sagen zu dem Punkt, doch die Stimme bleibt in ihm, und er fühlt ganz seichtes Wegdämmern und gleitet vom letzten Fetzen Lebendigkeit in gnadenlos unumkehrbares Sterben. Der Punkt hält die Fresse und ihn fest, das spürt der Mann noch, und dann ist auf einmal alles egal. Der Punkt spricht nun in der verweinten Stimme seiner Frau, diesen wehklagenden Klang, er kennt ihn nur allzu gut, und dann schweigt die Stimme
    Wo der Mann jetzt hingeht, ist Ruhe, Licht und ansonsten Freizeit. »Leck mich fett und vor allem recht nachhaltig«, denkt sich der Mann, »wenn ich gewusst hätte, wie schön es hier ist, wäre ich schon vorher mal vorbeigekommen, aber so was sagt einem ja keiner.« Er geht ein paar Schritte und es wird alles immer schöner. Die Umgebung ist mit einer seidigen Farbe in die Atmosphäre gemalt worden, und der Mann fühlt sich wie in einem Gemälde von Claude Monet. Halbrasiert und vollends glücklich läuft der Mann weiter … durch einen Tunnel. »Hallo, ich bin Hermann«, wird der Mann von der Seite von jemandem angesprochen und traut seinen Augen nicht. Dieser Hermann hat zwei Bierkrüge in der Hand und reicht ihm einen davon. Dann gehen sie zu einer Großbildleinwand, wo irgendein Fußballspiel gezeigt wird. Halbausgezogene, stumme Mädchen zapfen Biere und grillen fleißig fleischiges. Einige befummeln sich dabei gegenseitig. Krasser Scheiß, das alles hier. Ein anderer Typ schleicht gelangweilt durchs Bild und hakt auf seiner mitgeführten Liste einen Namen ab.
    Roy hat gar nicht gemerkt, dass Solveig sich genähert hat, so gedankenverworren war er, und sie, ja sie war die letzten Tage schon so unglaublich traurig, so dass er versucht war, möglichst unauffällig zu agieren, um bloß nicht irgendwas zu tun, was sie nerven könnte. Sie hatte gedanklich zu tun mit irgendetwas Großem, das entging dem Roy nicht, aber was es war, konnte er in ihren Augen nicht lesen, auch in ihrem Gang nicht, aber es war etwas, was ihr Steine in den Rucksack tat. Ihre Bewegungen waren schwer, sie wirkte müde. »Komm bitte mal mit, Roy«. Solveig steht in vollem Glanz vor ihm, es ist aber ein leicht verstaubter Glanz, etwas liegt in ihrem Blick, was er nicht wirklich einschätzen kann, aber der Aufforderung mitzukommen, kommt er gerne nach. Er senkt behutsam eine Schraube in einen Eimer und Solveigs Augen wirken wie zwei kleine grüne Ponys, die in verschiedene Richtungen laufen wollen und irgendwie dazu aber zu träge sind. Roy steht auf und folgt Solveig ins Büro. Sie läuft langsam, Roy noch langsamer hinterher, der Blick auf ihren Rücken, ihre roten Haare, ihre federnden Beine, die scheinbar direkt aus ihrem runden Arsch wachsen, all das saugt Roy in sich auf. Alles, was in ihm genetisch offenkundig schief gelaufen ist, hat in Solveig die glänzendste aller Vollendungen gefunden. Was für ein unglaublich schöner Mensch, denkt Roy und würde sich für diesen unglaublich schönen Menschen vor jedes Auto der Welt legen …
    In diesem Raum riecht es überdeutlich nach Solveigs Schönheit, findet Roy. Da sitzt noch ein anderer Mitarbeiter im Büro und schaut ebenfalls ernst, und Solveig setzt sich neben ihn, und der Mann beginnt schleppend zu reden: »Roy, deine Mutter hat gerade angerufen.« Er macht eine theatralische Pause, und Roy guckt direkt in Solveigs Augen und fühlt sich wie von ihnen hypnotisiert. »Roy«, der andere männliche Mitarbeiter hält ihn an seinen Unterarmen fest, legt seine Hände darauf, und Roy zieht daraufhin die Arme weg und schaut ihn gleichgültig an. Anfassen soll ihn keiner einfach so. Solveig dürfte das, aber bei dem anderen Mann

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