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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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und lass uns immer deine Wärme spüren.« Inzwischen war sie völlig wach geworden, und ihr fiel ein, dass an diesem Tag auch noch der Lautenlehrer kam und am Nachmittag Herr Crissant, der mit ihr französisch sprach. Bei diesem Gedanken zog sie die Mundwinkel nach unten, seufzte und folgte Eila zurück ins Haus. Sie mochte weder das Französische noch das Lateinische. Sie war gern in der Natur.
    »Isooot?«, hörte sie ihre Mutter rufen. »Hast du schon gebetet?«
    »Vieh, Mammon«, antwortete sie auf Französisch und fügte hinzu: »Heute darf ich wieder Farben riechen!«
    Da mischte sich plötzlich eine tiefe Männerstimme ein, die vom Flur her kam, nahe dem Zugang zum Gemach der Königin. »Ich habe das Papyrus gelesen«, hörte Isôt den Mann sagen, bevor sie von Eila mit einem kleinen Stoß vorangetrieben wurde, um sich bei der Kochstelle ihr Essen abzuholen.
     
    Die Übersetzung ~ 107 ~ Die Zeugin
     
    »Ihr verzeiht mir, dass ich Euch so früh schon belästige«, sagte Pater Benedictus, sah noch, wie die kleine Isôt davoneilte, betrat das Gemach der Königin und erklärte, nachdem er sich gesetzt hatte: »Ich möchte dieses benedictum schnell hinter mich bringen. Es wartet so viel Arbeit im Scriptorium der bibliotheca auf mich, dass ich gar nicht mehr weiß, wie viel Stunden der Tag eigentlich hat und wie viele mir davon bleiben, um zu schlafen, bevor die Sonne, die Ihr anbetet, wieder aufgeht.«
    Königin Isolde nickte mit dem Kopf. Sie kannte diese Einleitungsworte des Mönchs bereits. Jedes Mal wenn er ihr etwas unterbreiten oder berichten musste, kam er darauf zu sprechen, dass ihm seine Aufgaben keine Ruhe mehr ließen. »Was steht da drin?«, fragte sie deshalb mit einem mürrischen Unterton.
    »Erstaunliches, meine Königin!« Benedictus hatte eine frisch gewaschene Kutte angezogen und sich am Abend zuvor von einem seiner Schüler gründlich den Bart rasieren lassen. »Wirklich Erstaunliches, was meine Königin möglicherweise gar nicht interessiert. Denn es ist, kurz gesagt, der Reisebericht eines Mönchs oder Lehrers, als educator bezeichnet er sich, mit seinem Schüler, den er nur ein einziges Mal mit Namen nennt, sonst immer nur in einer abgewandelten Form eleve, das heißt Schüler.«
    »Und der Name, wie lautet der? Tristan?«
    »Ganz recht, meine Königin. Tristan.«
    »Und wie ist der Name dessen, der diesen Bericht geschrieben hat?«
    »Das geht aus dem Papyrus nicht hervor. Aber er ist ein Mönch. Wahrscheinlich ein Benediktiner.«
    »Wie du.«
    »Ganz recht, wie ich.«
    »Und deshalb ist sein Bericht erstaunlich? - Was sagt er über den Jungen?«
    »Er will ihm alles zeigen, was es auf unserer Welt gibt.«
    »Warum?«
    »Das sagt er nicht. Es ist sein Auftrag.«
    »Von wem hat er den Auftrag?«
    »Von den Eltern des Jungen.«
    »Wie heißen die?«
    »Es steht da einmal der Name: Rual, marescallus.«
    »Das weiß ich. Das ist der Marschall von Conoêl, Rual il Fortinante. Doch das interessiert mich nicht. - Wo wollte er mit dem Jungen hin, dieser Mönch?«
    »Wollte? - Wie soll ich das verstehen?«
    »Du sollst gar nichts verstehen! Nur antworten.«
    »Nun, da gibt es am Ende dieser Niederschrift tatsächlich einen Reiseplan, einen recht unwahrscheinlichen allerdings, denn dafür brauchte es ein paar Jahre. Und ich kann mir nicht vorstellen …«
    »Du sollst dir auch nichts vorstellen. Du sollst mir nur übersetzen, was dieser Benediktiner, wenn er denn einer war oder ist, was der notiert hat. Mich interessiert vor allem der Junge.«
    »Wie Ihr befehlt, meine Königin.«
    »Mammon?« Plötzlich stand Isôt in dem Raum.
    »Isôt! Was willst du, mein Kind?«
    Die Stimme der Königin klang nervös. Daher blieb Isôt im Durchgang zum Gemach bei dem schweren Vorhang, der ihn sonst verdeckte, stehen und sagte leise: »Das wird heute nichts mit dem Klee, hat Eila gesagt. Es hat zu regnen begonnen. Können wir nicht trotzdem gehen?«
    »Auf keinen Fall. Du tust, was Eila dir sagt. Und jetzt störe mich nicht. Ich habe eine wichtige Besprechung.«
    »Über den Jungen? Wie alt ist er denn?« Diese Frage war Isôt einfach so rausgerutscht.
    »Ungefähr so alt wie Ihr, meiner Königin Tochter«, antwortete der Pater, als wäre er gefragt worden. Wie er das Mädchen so in dem Durchgang stehen sah wie eine Erscheinung, wie einen Engel in dem weißen Gewand, das sie trug, und den auf die Schultern fallenden lockigen Haaren, da musste er ihr einfach antworten, und sein Gesicht strahlte.
    »Lasst das!«,

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