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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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des Tores, wo er wahrscheinlich die ganze Zeit über wartend gehockt hatte. Courvenal blieb nichts anderes übrig, als zu fliehen. Nella fasste das Schlagen mit der Kordel als Spiel auf, schnappte nach der Schnur und verbiss sich darin, sodass Courvenal sie ihr schließlich überließ und davonlief. Dabei täuschte er ein Hinken vor, als hätte er ein lahmes Bein. Obwohl ihm danach war, vermied er es zu fluchen, rettete sich in eine Gasse, in der Gruppen von Menschen unterwegs waren, und fand auf Umwegen zurück zu dem Stall. Eilig löste er sein Pferd aus und ritt hinunter zum Hafen.
     
    Zwei Frauen ~133~ Ein Versprechen
     
    Die Kutte auszuziehen und in der Satteltasche zu verstauen war schnell geschehen. Courvenal betrat den Pfahlbau wieder wie ein Reisender und sagte seinen Wirtsleuten, dass er nur diese Nacht noch bei ihnen bleiben werde. Er bat sie, sich um das Pferd zu kümmern, und ging zum Hafen.
    Am fünften Stand setzte er sich auf eine der Bänke und wartete. Außer ihm waren noch zwei Frauen da, prostitutui wohl, die auch gleich versuchten, sich ihm anzubieten. Sie waren schäbig gekleidet, die dunklen Haare fielen in Strähnen über ihre halb entblößten Schultern, die Wangen hatten sie sich rot gefärbt, ihre Sprache war grob und einfach, und ihre vollen Brüste schimmerten unter dem dünn gewebten Stoff hindurch. Courvenals Blicke wanderten immer wieder zu ihren üppigen Formen, während er ihre lockenden Fragen abwehrte. Sie sahen wohl, dass er genug Münzen bei sich trug, um sie reichlich zu bezahlen, und weil er fürchtete, dass sie nicht allein, sondern mit Beschützern da waren, die sich versteckt hielten und ihn nach dem Weggehen überfallen könnten, ließ er sich dazu überreden, ihnen einen Becher Wein auszugeben. Dieses Entgegenkommen zog sie noch mehr an, und sie setzten sich zu ihm an den Tisch. Violetta, die auf der Bank an seine Seite rutschte, legte gleich ihren Arm um seine Schulter und begann davon zu reden, dass jetzt so viele Leute in der Stadt wären.
    »Es sind immer mehr fremde Leute in Constantia«, sagte Ella, ihre Kumpanin.
    »Sie kommen alle her, um Tuch zu kaufen. Du auch?«
    »Ich auch«, sagte Courvenal. Es wäre ein Leichtes gewesen, mit den beiden etwas anzufangen, der Eintritt in ihr Zelt, das sie hier irgendwo in der Gegend stehen hatten, war ja schon durch den Wein bezahlt. »Aber es finden doch auch die Gauklerspiele statt«, fügte er hinzu, um sich von seinen Gedanken abzulenken.
    »Von so was wissen wir nichts. Du bist doch ein Kaufmann, oder? Wie ein Reiter siehst du nicht aus.«
    »Ich bin in vielen Ländern unterwegs.«
    »Dann kennst du sicher viele Frauen!« Violetta strich ihm über den Kopf. Dabei verrutschte Courvenals Mütze. Er hob sie schnell auf. Doch Violetta hatte es bereits gesehen: »Du hast keine Haare da oben«, sagte sie überrascht. »Bist du ein Bruder?«
    »Sehe ich so aus?«
    »Und warum hast du eine kahle Stelle?«
    »Mein Vater hatte auch eine, und der Vater meines Vaters auch.« Courvenal hätte nun am liebsten hundertmal »der Vater des Vaters meines Vaters« und immer so weiter gesagt, um durch das Sprechen weitere Berührungen zu vermeiden. Die Mütze hatte er längst wieder aufgesetzt.
    Violetta schien schon allein durch die Erwähnung des Vaters seines Vaters in Verwirrung geraten zu sein und sich zu fragen, wer das wohl gewesen sein mochte und was das mit fehlendem Haar zu tun hatte. Ella, Courvenal gegenüber, hatte gar nicht zugehört. Sie schüttete den Becher Wein in sich hinein und verlangte frech einen zweiten. Courvenal ließ für jeden noch einen kommen. Da näherte sich, am Kohlenfeuer vorbei, Dorran. Er schwankte schon ein wenig. Courvenal atmete auf.
    Als Dorran seinen reichen Freund, wie er annahm, mit den Frauen sah, füllten sich seine Augen mit Freude. Geld und Frauen, beides zusammen auf einmal befriedigte all seine Wünsche. Er setzte sich neben Courvenal und holte sich Ella an seine Seite, da er dachte, Courvenal hätte schon die andere für sich reserviert. Gleich bestellte er nochmals Wein und ging wie selbstverständlich davon aus, dass der Reisende wieder für die Zeche aufkommen würde.
    Courvenal machte das Spiel mit, spürte Violettas Hand auf seinem Schenkel, lachte, wenn sie etwas sagte, antwortete ihr, ohne zu wissen, worauf, verwirrte sich selbst in seinen Gefühlen und dachte zugleich an das Ziel, das er vor Augen hatte. »Dorran«, sagte er, »kommst du morgen mit zu dem Spiel Renärt

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