Tristan
ihren Knechten warten. Aber sie sind nicht tot. Ich habe das Gebot befolgt. Und wir sind endlich frei. Noch ein paar Tage Ruhe, dann kann unsere Reise beginnen.«
Siebtes Buch
ROTER STERN UND DUNKLER MOND
Kapitel 135-146
Was auf der Weltscheibe ~135~ sonst noch geschah
Während Königin Isolde vergebens auf eine Nachricht von Dorran wartete und ihre schlechte Laune darüber an ihren Untergebenen ausließ, indem sie ihnen unsinnige Aufgaben zuteilte wie das Schrubben der Steine, die den modrigen Weg zu ihrer Burg seitlich begrenzten, - währenddessen rüstete sich ihr Gemahl Gurmûn zusammen mit Morolt für einen Überfall auf die Küste Cornwalls. Dort wurde gerade Getreide eingefahren, es gab Kälber, getrockneten Fisch, Felle und Werkzeuge - Überfahrt und Raub sollten sich lohnen. Zum Beginn des Winters am ersten November wollten sie zurück sein.
Der Sommer war auch im normannischen Küstenland heiß und die Ernte ertragreich gewesen. Morgan, Lehnsmann und Feind der Parmenier, stellte sogleich überhöhte Abgabenforderungen an Rual. Der weigerte sich, schickte Boten an den König von Frankreich und bat ihn, in der Angelegenheit zu vermitteln. Zugleich ließ er Korn, Nüsse, Flachs, Öl und sogar Vieh des Nachts in versteckte Kammern außerhalb der Burg bringen, um Morgan zu überlisten und ihn davon zu überzeugen, dass Conoêl selbst nur über ein Weniges verfügte.
König Marke in Cornwall verfuhr ganz ähnlich, ahnend, dass Gurmûns Trosse ihren alljährlichen Raubzug planten, um sich zu holen, was sie selbst nicht hatten, oder ihren Reichtum zu mehren. Aber mit den wenigen Reitern, die Marke zur Verfügung standen, konnte er nur den königlichen Seehafen Seaford sichern. Ein Teil seiner Truppen hatte sich vor Jahren schon dem Kreuzzug ins Heilige Land anschließen müssen, ein anderer Teil war zu Irlands Küste unterwegs, um dort stationierte Truppen im Nordosten zu unterstützen und das britannische Herrschaftsgebiet auszuweiten und zu stabilisieren. Da war die Plünderung einiger Ansiedlungen zwischen Wasser und Wald nicht so tragisch, dachte er, ging stattdessen mit seiner Gefolgschaft auf die Jagd und hörte das Hornblasen seiner Jäger und das Bellen der Hunde wie ein Signal zu einem ausladenden Abendmahl, wenn sich ein Reh überm Feuer am Spieß drehte. Zudem wusste er schon einige Schiffe auf dem Meer mit hochwertigen Waffen und Wolle für die Webereien im Süden des Festlands. Dort konnte er mit reichlichen Einnahmen rechnen und ließ daher gerade Tintajol um ein Haupthaus erweitern, in dem er sich neue Gemächer einrichten wollte. Eine Gruppe jüdischer Bauherren hatte ihn dazu überredet und auch gleich das Fußvolk mitgebracht, das äußerst schnell und klug mit den Plänen umgehen konnte.
Im alten Bau hatte Marke für sich nur einen großen Saal, in dem alles zusammen war: seine Schlafstatt, sein Esstisch, der Tisch, an dem er Gäste empfing, seine Kleiderkammer und in einer Ecke auch seine Latrine, sodass er für sein Geschäft sein Gemach nicht verlassen musste. Von der Burg entfernte er sich nur, wenn irgendwo in der Grafschaft dringend sein Rat zur Rechtsprechung nötig wurde oder wenn er zur Jagd ausritt.
Seit Blancheflur, seine Schwester, spurlos aus der Burg verschwunden war, hatte Marke keine Frau mehr um sich, die ihm eine Vertraute war. Es gab Mägde und Zofen noch und noch, manchmal holte er sich eine von ihnen auf sein großes, mit Fellen ausgelegtes Lager, aber am nächsten Morgen schon hatte er ihr Gesicht vergessen und erst recht ihren Namen. Darüber wunderte er sich und wirkte zerstreut und unansprechbar auf seine Leute. Diese wiederum wagten es nicht, ihren Herrn daran zu erinnern, dass er den Befehl ausgegeben hatte, Frauen, die bei ihm genächtigt hatten, sofort danach aus der Burg zu entfernen. Daher verhielten sich die Mägde und Zofen in seiner Gegenwart besonders zurückhaltend. Sie kleideten sich nachlässig, manche schmierten sich Ruß ins Gesicht, wenn sie zum König befohlen wurden, als hätten sie gerade am Ofen gearbeitet. Denn Marke, das war bekannt, verabscheute den Geruch von Asche und kaltem Feuer. Einige der Frauen ließen sich sogar die Haare kurz schneiden, um wie Knaben auszusehen, deren Gegenwart er ebenfalls nicht mochte - alles nur zu dem Zweck, ihre Anstellung zu behalten.
Die große Welt kam meist aus der nächsten Umgebung und in Person benachbarter Grafen und Fürsten, begleitet von aufwendig gekleideten Frauen, an Markes Hof.
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