Tristan
bewegten sich, die Zehen wühlten im Stoff, zogen ihn an, stießen ihn weg. Doch in der Mitte seines Körpers, im Zenit der Lenden, aus denen, wie er in einem der Bücher gelesen hatte, das Leben entsprungen war, verspürte er eine Art von Sehnsucht, die nichts mit der der nach seiner Mutter oder seinem Vater zu tun hatte. Es war das Verlangen nach einem Gefühl in sich selbst. Ihm wurde heiß in den Hüften, über die er sich mühelos bis zu seinen Füßen hinunterbeugen konnte, um Finger und Fußzehen eins werden zu lassen, um einen Kreis zu schließen. Doch eine solche Anstrengung brauchte er in dieser Nacht nicht. Er konnte gerade ausgestreckt daliegen und spüren, wie sich sein Herz und das Glück, zu leben, mit dem ganzen Körper da zu sein, sich von den Fußsohlen bis zur Stirn in der Mitte seines Leibes sammelte und eine Süße in ihm aufstieg, die er, weil sie nicht nur ihm gehörte, aber aus ihm kam, von sich gab. Er wand sich dabei auf seinem Lager hin und her, spürte die ruckhaften Bewegungen, die aus seinem Becken kamen, und die Flüssigkeit, die dem dünnen Ast, zu dem sein Glied geworden war, nach und nach entglitt wie ein Seufzer nach dem anderen. Kurz bäumte er sich auf, und die rechte Hand, mit der er auch schrieb und schnitt und den Pfeil hielt, glitt an seinem Körper hinunter zu seinen Lenden. Bevor er sie erreichte, sank sein Kopf auf das flache Lager zurück, er schloss die halb geöffneten Augen und schlief sofort ein.
Am nächsten Morgen, als er erwachte, überraschte ihn die Erinnerung an die vergangene Nacht. Er untersuchte seine Bettstatt und fand an seinem Körper zwischen den Haaren um sein Geschlecht herum etwas vor, das wie vertrockneter, rissiger Speichel aussah. Courvenal erzählte er nichts von seinem Erlebnis, wie er sich zum ersten Mal in seinem Leben als jemand gefühlt hatte, der eine dritte Ausscheidung hatte. Es war eine Art Schleim, und hätte er nicht bei dem Ausstoß dieses Schleims das beglückend aufregende Gefühl gehabt, er wäre erschrocken gewesen darüber.
Wie das alles passieren konnte, wusste er nicht. Vielleicht habe ich eine Krankheit, dachte er. Er fühlte sich jedoch wohl, stieg auf sein Pferd, ritt weiter, irgendwohin, wie Courvenal es wollte. Da er nun das Zentrum seiner selbst in einer unfreiwilligen Zufriedenheit gefunden hatte, begann er, sich danach zu sehnen, dass sie ihm auch in den folgenden Nächten beim Einschlafen begegnen würde. Dann lag er auf seinem Lager und wartete. Und nichts geschah. Tristan schlief ein. Bis es in einer anderen Nacht wieder passierte, er aber nur davon wusste, weil er am nächsten Morgen das Gefühl hatte, es sei ein feuchtes Tuch in seinen Schoß gefallen. Als er sein Bett untersuchte, fand er dieselben Spuren: die weißliche Masse, die aus seinem Glied herausgekommen sein musste, das doch nur dafür da war, Wasser zu lassen. Er erinnerte sich, von einem Gefühl der Erleichterung geträumt zu haben, es war, wie wenn er die Augen schloss, nachdem er etwas Schönes gesehen hatte, um es widerstandslos zu genießen.
Staub und Steine ~ 142 ~ Der goldene Ring
Viele Monde später - sie waren mit dem Schiff von Sicilia übers Meer gereist bis zur Küste der Grafschaft Pisa, waren glücklich ohne Sturm und Überfall an zwei Inseln vorbeigelangt, die berüchtigt waren für Piraten - zogen sie auf Küstenwegen in Richtung der iberischen Halbinsel, von der Courvenal eine Karte besaß. Auf dem fleckigen, an den Seiten ausgefransten Pergamentblatt war, umgeben von Meereswellen, ein Land eingezeichnet, das die Form eines Wappens hatte, wie es Burgen und castelli an ihren Eingangstoren zeigten. An den Rand dieses Erdteils waren Namen von Städten geschrieben. Große Städte waren mit einer großen Schrift verzeichnet, wie etwa Barcelona, Valencia, Cartajena oder Granada. An der anderen Kante des Wappens hießen die Küstenorte Lisboa, Porto oder Finisterre. Dann endete dieses wappenartige Land wie in einem Flaschenhals, wo der Name Navarra stand und auch noch Bilbao und Irun. In der Mitte der Landkarte waren nur drei Orte markiert: Madrid, Toledo und Sivilia.
»Wo sind wir jetzt?«, fragte Tristan einmal, als Courvenal dieses Pergament ausgerollt hatte und es betrachtete, als würde er etwas darauf suchen.
»Hier!«, sagte der Mönch kurz und knapp. »Nicht weit von Toulon. Dort werden wir den Papst besuchen.«
»Wohnt der nicht in Roma oder Verona?« Tristan stellte diese Frage, obwohl er sich nur an Rom erinnern konnte,
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