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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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Lederschlauch mit Wasser und zwang ihn beinahe, so viel daraus zu trinken, wie er nur konnte.
    »Das ist mein Quartier, junger Herr«, sagte er dabei, »das schönste, in dem ich bisher gehaust habe. Es hat dieses schmale Lager, ein Dach gegen die Sonne, Wände mit genügend Raum zwischen den eingeflochtenen Brettern, damit die kühle Nachtluft hineinkann - und eine richtige Tür, die ich vor dem Schlafen von innen mit einem querliegenden Holz sichern kann. Seht nur: Hier habe ich zwei Schläuche mit Wasser, hier einen mit Wein, in der Holzkiste dort Käse und ein Paar Brotkanten, und es gibt sogar da hinten in der Ecke einen kleinen Bottich aus Eisen, in den ich mein Geschäft verrichten kann, ohne hinauszumüssen! Ist das nicht wunderbar? In keinem Kloster, in dem wir bisher waren, hatte ich ein so vornehmes Quartier. Ich hoffe, wir bleiben recht lange auf dieser Burg. Und ich habe sogar schon ein paar Freunde. - Nur Nella macht mir Sorgen. Sie winselt oft. Heute Morgen aber war sie es, die Euch gefunden hat. Sie hat mich dorthin geführt, wo Ihr die Besinnung verloren habt. - Herr, was ist mit Euch? Ihr müsst mehr Wasser trinken, das ist das Geheimnis.«
    Tristan ließ seinen Kopf wieder auf das Lager sinken. Erneut ergriff ihn ein Schwindel. Thomas flößte ihm mit seinem Schlauch weiter Flüssigkeit ein. Das Wasser rann ihm am Kinn entlang über den Hals in den Kragen und verteilte sich dort. Dabei sah Tristan Ortie vor sich, wie sie aus dem Meer kam, aus den Wellen, mit Tang an den Händen. Ihr nasses Hemd klebte ihr am Leib. »Fang den Tang!«, rief sie. »Er ist im Fieber, Hitzschlag«, hörte er jemanden sagen. Ein alter Mann beugte sich über ihn. Dann spürte er, wie man ihn forttrug.
    Auf dem Lager in seinem Gemach wachte er kurz auf. Mägde kamen, tunkten Tücher in Essigwasser und umwickelten damit seine Beine. Doch das Fieber stieg. Courvenal blieb die ganze Nacht an seiner Seite. Die Sonne allein konnte es nicht gewesen sein, vermutete der Medicus, prophezeite aber, dass »der Knabe« es schaffen würde.
    Als Tristan wieder erwachte und bei klarem Blick die Augen aufschlug, sah er Courvenal und einen Fremden an seinem Bett. Der hatte ein freundliches Gesicht und war mit einem schillernden Wams und einem spitzenbesetzten Hemd bekleidet, das aus Damast bestand. Es war Herman von Bückingen, Courvenals Freund und Gönner. Er hatte gütige Augen.
     
    Waffen ~150~ Gedanken
     
    Don Hermano schloss Tristan gleich in sein Herz. Von nun an kümmerte er sich um den jungen, und das sollte so lange dauern, wie Courvenal auf der Burg bleiben wollte.
    Unter den Freunden gab es darüber kein langes Gespräch, Courvenal war gleich einverstanden. Die nahe Stadt Toledo mit ihren Klosterschulen und der universitä war für ihn das Paradies. Er konnte sich den arabischen Büchern widmen und sich mit den pwfessores im Disput üben. Endlich kehrte er wieder zu Plato zurück, dem einzigen Lehrmeister, für den er sein Leben gegeben hätte, um mit ihm unter Ölbäumen oder Fächerpalmen über den Staatsgedanken, die Erziehung des Volkes oder die Rechtmäßigkeit der Künste zu sprechen. Manchmal sah er sich in Träumen in eine Toga gekleidet und wurde wütend, wenn der Denker neben ihm über Jesus und seine Jünger zu sprechen begann. Es gibt in deiner Zeit keinen Jesus, warf Courvenal ein: Benutze nie einen Namen von einem, der noch nicht geboren ist, denn erst mit der Geburt hat der Name sein Recht. Und nie liegt im Namen das, wonach wir suchen. Denn er vergeht mit dem Tod der Tode. - Der Tode?, fragte Plato, hielt eine brennende Fackel in der Hand und bot sie Courvenal an, um ihn über einen Steg zu führen, unter dem ein reißender Bach toste.
    Tode - mit diesem Wort wachte Courvenal auf und erinnerte sich kurz darauf, während er sich seine Kleider überzog, nur noch an das Bild des tosenden Baches unter ihm.
    Tristan war da schon längst mit seinem neuen Lehrer unterwegs, denn Herman liebte es, mit dem Sonnenaufgang auszureiten. Er führte Tristan zu Freunden, bei denen er in der Führung von Waffen unterrichtet wurde. Dies geschah ohne Befehle und Ermahnungen. Beinahe spielend lernte der Junge, das Schwert zu halten, ein Ziel für den Speer zu fixieren und die Axt in der Hand so zu drehen und zu werfen, dass sie mit der Schneide auftraf. Da Herman schnell begriffen hatte, wie rasch der Junge sich einübte, machte er sich manchmal einen Spaß daraus, ihn bei dem Waffenlehrer allein zu lassen. Wenn er ihn Stunden

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