Tristan
du dazu? Ich kenne die normannische Sprache ein wenig und helfe dir, die schöne Blancheflur zu finden.«
»Wenn sie noch lebt!«
»Wenn nicht, schreibe ich dir auf ein Pergament, wo die Gebeine liegen, und lass es vom Marschall besiegeln.«
»Ihr könnt schreiben?«
Thomas lachte. »Aber gewiss! Ich bin ein Handelsmann, da muss ich die Zahlen und die Schrift beherrschen.«
»Und woher bekommen wir die Pferde?«
»Die kaufen wir uns.« Thomas klopfte auf seinen Gürtel, um zu zeigen, wo er seine Münzen bei sich trug. »Du wirst doch wohl auch ein paar Silberlinge haben. Oder hat dich dein König ohne Mittel auf den Weg geschickt?«
»Aber nein«, beteuerte Hoggard gleich und griff sich unwillkürlich wieder ans Herz, in dessen Nähe er wohl das kalte Gold auf der nackten Haut trug.
Thomas tat so, als glaubte er ihm aufs Wort, ließ es damit auf sich beruhen und fing wieder davon an, wie sehr er sich auf einen guten Schluck Bier freue.
So verging die Fahrt übers Meer recht kurzweilig. Inzwischen hatte er sich auch an das Schaukeln und Schwanken gewöhnt und zog sich des Öfteren in eine Ecke zurück, um Pläne zu schmieden. Wenn er mit seinen Vermutungen recht hatte, dann trug Hoggard inzwischen drei Goldmünzen um seinen Hals: seine eigene, die von Pint, die er ihm abnahm, nachdem er ihn erschlagen hatte - denn Thomas glaubte ihm nicht die mcere von dem eruischen Knecht -, und schließlich eine Münze, die König Marke ihm gegeben hatte. Was ist das für ein König, dachte Thomas und schüttelte den Kopf, der seinen Mannen im Voraus ihren Dienst vergoldet? Und was wäre es für ein Knappe oder Ritter, der unverdient das Gold seines Königs ausgibt? Zum andern, überlegte Thomas, hatte Hoggard wahrscheinlich gar keine anderen Münzen als diese Goldstücke bei sich, die ihm niemand wechseln würde. Das ließ sich aus seiner mehr als schäbigen Kleidung schließen. Auch ein Badehaus hatte er sicherlich seit vielen Monden nicht mehr besucht. Womöglich hatten die Münzen noch eine besondere Prägung, vor der jeder Händler zurückschreckte, oder man musste sie einschmelzen, und dann verlören sie ihren Wert. So musste es sein! Thomas schwor sich, hinter das Geheimnis zu kommen, das Hoggard auf seiner Brust trug, und er würde nicht eher Ruhe geben, bis er die drei Münzen sein eigen nennen würde: die erste, weil sie ihm versprochen worden war, die zweite als Bezahlung für die beiden gestohlenen Rösser, die dritte als Äquivalent für die Entbehrungen, die er als Knecht Don Silvios und als Träger in der Karawane hatte über sich ergehen lassen müssen. Er wusste nur noch nicht, wie er das anstellen sollte.
Als sie im Hafen von Conoêl ankamen, sorgte Thomas als Erstes für eine Unterkunft. Sie tranken einige Becher sydre, dann ließ er Hoggard allein, um sich um die Pferde zu kümmern. Auf dem Weg zu einem am Hafen gelegenen Stall kam ihm ein Mann entgegen, der ihn fragte, ob er einen Drystan kenne, der hier am Hofe leben solle.
Thomas war so erstaunt, dass er nicht gleich antworten konnte. Die Frage war auf Britannisch gestellt, doch der Tonfall und die kehligen Laute, das Eruische, waren deutlich zu hören. Deshalb fragte Thomas in dieser Sprache, soweit er sie beherrschte, zurück: »Wer bist du, und woher kommst du?«
Der Mann, der wohl so alt war wie er selbst, einfache Kleider und auf dem Rücken einen Sack mit seinen Habseligkeiten trug, freute sich erst, gleich auf Eruisch angesprochen worden zu sein, beherrschte sich aber schnell und sagte: »Ich komme aus Wexford, und Drystan ist ein alter Freund von mir.«
Dann träfe es sich ja gut, sagte Thomas, denn er und sein Freund wollten ebenfalls Drystan besuchen. Er sei gerade dabei, Pferde für sie aufzutreiben. Sie wollten die Nacht in der Herberge dort am Ende des Weges verbringen. Wenn er - wie war sein Name? - »Dorran« -, wenn Dorran also noch Geduld hätte, solle er doch in der Herberge auf ihn warten, bis er zurück sei. Es gäbe dort auch einen Durst stillenden sydre, von dem er sich gern ein paar Becher bestellen könne, auf seinen Namen natürlich. »Thomasius von Brüggen«, setzte Thomas hinzu und ließ den verdutzt dreinschauenden Mann stehen.
Was habe ich mir nur dabei gedacht?, fragte sich Thomas, als er weiterging. Ihm war ein wenig schwindlig, doch er schaute sich nicht um, wollte nicht sehen, was der Irländer tat. Zugleich wurde sein Blick von den Schiffen im Hafenbecken gefangen genommen, sieben ein- und zweimastige Segler
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