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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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sagen.
    »Was geschieht mit uns?« Tristan flüsterte beinahe und tastete auf dem Plankenboden herum.
    »Was mit uns geschieht?« Courvenal lachte leise und bitter. »Wir werden entführt - das geschieht mit uns.«
    »Und wann kehren wir nach Conoêl zurück?« Tristans Stimme zitterte. Jetzt berührten seine Hände Courvenals Füße.
    »Wann wir zurückkehren?« Courvenal atmete tief ein und seufzte. »Vielleicht nie mehr«, sagte er und schwieg. Nur noch das Ächzen des Schiffes war zu hören, Schritte auf den Deckplanken und ein Rauschen und Tosen des Wassers, das ständig auf sie niederzustürzen schien, ohne sie mit einem einzigen Spritzer zu benetzen.

Zehntes Buch
     
    HERR DER JÄGER
     
    Kapitel 170-182
     
    Triklaw ~ 170 ~ Das Verglühen des roten Sterns
     
    Königin Isolde hatte eine Mär von Triklaw gehört, dem Gott der Liebe. Vor Monaten schon war das gewesen, ein fili hatte davon gesungen, von fernen Ländern im Osten handelten die kurzen Verse, von Schnee, den Triklaw tauen lässt, bevor er aus dem Himmel fällt, vom Frühling, der so lange währt, bis es wieder Herbst wird. Den heißen Sommer und den kalten Winter hat Triklaw verboten. In seiner Welt gab es nur das Erblühen von Pflanzen und das Verwelken der Blüten. Diese Vorstellung hatte Isolde überaus gefallen. Sie war ganz vernarrt darin und litt deshalb bereits unter den ersten Tagen nach Pfingsten, an denen die Sonne auf die Erde brannte und Laub und Gras, das nicht genug Wasser bekam, verdorren ließ. Daher verbot sie ihren Knechten, an diesen Tagen die Türen ihres Palastes oder die Zeltbahnen vor den Öffnungen ihres ronnedeles zurückzuschlagen. In den Innenräumen staute sich die stickige, schwere Luft und machte das Atmen unerträglich. Aber Isolde hielt darin aus.
    [scan von spiegelbest mit plustek opticbook 4600 und atlantis word processor]
    Mit dem, was draußen geschah, mit den Sonnenfesten, den Tänzen um Feuerräder, mit dem Aufstellen von Blutsteinen, wie es dem Volk gefiel, wollte sie nichts zu tun haben. Sie verkroch sich in die Dunkelheit der Räume, schwitzte auf ihrem Lager und wies ihre Tochter ab, wenn Isôt die Mutter überreden wollte, mit nach draußen an die frische Luft zu kommen.
    Gurmûn, der König, war ungehalten und erklärte sie für versponnen. Er ließ sogar nach dem fili suchen, der seiner Frau, wie er sagte, »diesen Floh Triklaw« ins Ohr gesetzt hatte. Denn nur vom Kopf her, vom falschen Denken über die Welt konnte seiner Ansicht nach diese Verwirrung kommen. Doch Isolde war von ihrem Triklaw-Wahn nicht abzubringen. Wenn man sie fragte, wie oder was denn dieser Gott sei, antwortete sie schroff und bestimmt: »Ein Wesen mit drei Hälsen!«
    »Und was ist auf den Hälsen?«, wollte Gurmûn wissen.
    »Was soll dort sein?«, fragte Isolde zurück. »Drei Köpfe natürlich.«
    »Und wie sehen die aus?«
    »Abscheulich!«, war Isoldes kurze Antwort.
    Gurmûn glaubte in dem düsteren Zelt fast zu ersticken in der stehenden, schwülen Luft. »Wie können sie abscheulich sein«, wollte er unter Husten wissen, »wenn dieser Gott der der Liebe ist?«
    »Weil die Liebe niemals ihr wahres Gesicht zeigt«, fuhr Isolde ihn an. Sie benahm sich wie ein Tier. Gurmûn sah seine Königin im Dämmerlicht auf sich zukommen - mit erhobenen Händen, die wie Krallen wirkten. Isolde hatte sich zudem noch ein Tuch um den Kopf geschlungen, wie es die Muselmanen taten, sodass wie bei einer Katze nur ihre Augen leuchteten, und gleichzeitig ahmte sie das Fauchen eines Tieres nach, durch das sich ihre Gestalt in der Dunkelheit noch vergrößerte.
    Gurmûn wich vor seiner eigenen Frau zurück und floh durch einen Spalt zwischen den Zeltbahnen nach draußen.
    Kaum jemand wagte es mehr, sich der Behausung der Königin zu nähern, bis eines Nachts Benedictus angelaufen kam, sich durch lautes Rufen bemerkbar machte und in das Zelt eintrat, in dem sich Isolde gerade aufhalten sollte.
    »Meine Königin«, rief er, »ich bin es, der Mönch Benedictus. Darf ich näher treten?«
    Er hörte ein Stöhnen, kümmerte sich aber nicht darum, sondern tastete sich weiter in den Raum hinein. »Ich muss Euch etwas Wichtiges verkünden«, sagte er aufgeregt. »Der rote Stern ist vom Firmament verschwunden. Er ist verglüht! Hägon hat mir davon berichtet.«
    Er horchte in die Stille hinein, die sich plötzlich noch drückender in dem Raum ausbreitete und ihn bedrängte, ihn verharren und ins Schwitzen geraten ließ.
    »Es muss etwas geschehen sein, meine

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