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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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der Insel kommen lassen, die ihm dabei helfen sollten.
    Tristan erinnerte sich, dass Königin Isolde das eine oder andere Mal in seiner Gegenwart, als er noch Tantris gewesen war, von diesem Mann, McWighn war sein Name, sprach, ohne dass er ihn je zu Gesicht bekommen hatte.
    Am dritten Tag versuchte Tristan herauszubekommen, was man in der näheren Umgebung der Burg über den Drachen wisse. Seine Harfe hatte er in einem verfallenen Schuppen am Hafen versteckt, in dem früher Boote gebaut worden waren. Nun zog er in seinen einfachen Kleidern hinauf zu den Anlagen der Burg und strich dort in den Wiesen herum, immer voller Achtsamkeit, von niemandem der Hofleute gesehen zu werden, die ihn wiedererkennen könnten. Auf einem Pfad traf er auf einen bärtigen Mann mit eingefallenen Augen, der ihn gleich freundlich begrüßte und mit den merkwürdigen Worten anredete, ob er auch gerade dabei sei, Blüten zu sammeln, mit denen man die Dornenkrone des Herrn schmücken könnte.
    »Welchen Herrn meinst du?«, habe Tristan zurückgefragt.
    Der Mann antwortete nicht, sah ihm nur kurz in die Augen und sagte dann mit einer Stimme, die der von Rual glich: »Setz dich neben mich, mein Sohn!«
    Tristan war so erstaunt, dass er tat, wozu er aufgefordert worden war. Er setzte sich neben den Mann ins Gras. Um sich abzustützen, legte der ihm dabei die Hand aufs Knie. Da sah Tristan den eisernen Ring um dessen mittleren Finger und erkannte ihn wieder.
    »Dorran«, sagte er, »bist du es?«
    Tristan unterbrach seine Erzählung, der Courvenal gespannt gelauscht hatte. »Es war tatsächlich kein anderer als Dorran«, fuhr er fort, »vielleicht erinnerst du dich noch an ihn. Viele Jahre hat er auf Conoêl im Turm gesessen und sich die Zeit damit vertrieben, Stimmen nachzuahmen, die er einmal gehört hatte.«
    »Ich erinnere mich.« Courvenal bestätigte Tristan nur, um ihn nicht zu unterbrechen. »Erzähl weiter!«
    »Der Knecht bat mich«, sagte Tristan und senkte die Stimme, als hätte er etwas zu verheimlichen, »er bat mich darum, ihm den Ring von seinem Finger zu schneiden, er hätte nun lange genug darunter gelitten. Ich erklärte ihm, dass ich weder Dolch noch Zange bei mir hätte, versprach ihm aber, ihn bald von seiner Qual zu erlösen, wenn er mir berichten könne, was in den Wäldern von Sheldon geschehe.«
    Dorran flüsterte aus seinem zahnlosen Mund Tristan zu, dort hause tatsächlich ein Untier, etwas Wildgewordenes. Die Feuer aber, von denen man sagte, sie kämen aus seinem Maul, stammten von riesigen Gluthaufen, die die Knappen des Truchsess’ hatten anlegen müssen, um sie mit Blasebalgen aus den Schmieden zum Lodern zu bringen, wenn sich ein Fremder näherte. Die Ritter und ihre Knechte, die um den Gewinn der Königstochter stritten, seien alle von glühenden Lanzen getötet worden, die man aus Verstecken auf sie geworfen habe, längst bevor sie dem Untier begegnet seien. McWighn aber, dieser Fuchs, wolle am morgigen Tag aufreiten, das Untier im Schutz seiner Leute erlegen, um dann triumphierend um die Hand Isôts anzuhalten.
    »Als ich das hörte« - Tristan stand auf und berührte dabei kurz Courvenals knochige Schulter -, »bin ich so schnell wie möglich hinunter zum Ufer gerannt, habe das Boot gefunden, und wir sind mit vereinten Kräften auf das Meer hinausgerudert, um die Christina zu finden. Die Nacht brach herein, ich war schon ganz verzweifelt und ohne Hoffnung. Meine Harfe habe ich an Land vergessen und fing an, mich selbst zu bedauern, da sah ich die Lampen am Bug dieses herrlichen Schiffs. Doch du siehst, Eile ist geboten. Ich muss dem Truchsess zuvorkommen. Noch zu Mittag des kommenden Tages muss ich den Wald erreicht haben und das Untier töten! Dann gehört Isôt mir. - König Marke, meine ich«, ergänzte er und wurde verlegen.
    Wenig später ruderten vier Schiffsleute das Boot mit Tristan und seinem Pferd in die Nacht hinaus. Sie legten sich in die Riemen, bis Tristan ihnen mit ruhiger Stimme Einhalt gebot. Sie hatten das Ufer erreicht, ein Steg wurde ausgelegt, das Pferd ans Ufer geführt. Dann halfen die Knappen Tristan beim Anpassen der Rüstung. Das alles geschah im Schein zweier Fackeln. Die Wellen schoben sich plätschernd an Land, Gestrüpp und Gesträuch wurden beleuchtet, davor die Gestalt des Ritters. Tristan befahl den Knappen, ihren Platz nicht zu verlassen, das Boot zu sichern und auf ihn zu warten, wie lange er auch fort sein möge. Er gab seinem Pferd die Sporen und verschwand zwischen den

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