Tristan
verließen den Raum.
»König Marke hat ihn also geschickt«, rief Isolde aus. Gefolgt von Isôt und Brangaene eilte sie, das Schwert und das Kästchen in den Händen, zur Burg. »Tantris, eine Schlange, Tristan, ein Werber!« Sie konnte es nicht fassen. »Irland und Britannien - ein Reich!« Das schien ihr undenkbar. Zugleich wischte diese Vorstellung auch viele Schwierigkeiten beiseite, die das Leben bislang so sorgenvoll gemacht hatten: die kleinen Gemetzel, die Forderungen, die kostspielige Ausrüstung und Schulung der Reiter, der Kampf um Nahrung, um Menschen, um Erz und Kohle, die ständige Zerrüttung der Gedanken, Hass und Unliebe, die bedrückenden Gefühle. Würden all die Erschwernisse wegfallen, dachte Isolde, könnte sie sich endlich wieder um sich selbst kümmern, um ihre Burg, ihre Rezepte und ein neues Badehaus. »Ach!«, sagte sie laut - und leise für sich: »Ich könnte auch wieder Aufzeichnungen über meine Kräuter machen.«
Doch das blieben zunächst noch Träume. Jetzt musste sie handeln. Sie fand Gurmûn im Nebenhaus, wo er gerade Fleischstücke auswählte, die gekocht werden sollten für das Essen am Abend. »Tristan ist hier im Auftrag Markes«, sagte sie zu ihm. »Dir bleiben drei Tage Zeit, um die Ratsversammlung einzuberufen. Dann wird sich entscheiden, was mit unserer Tochter geschieht. So sehen es die Regeln vor. Der Truchsess muss beweisen, dass er den Drachen getötet hat. Oder es war Tristan, Markes Ritter, der für seinen König gekämpft hat. Isôt soll Königin werden, Königin von Cornwall!«
Gurmûn war völlig überrascht. Ein Stück Fleisch aus dem Rücken eines Hirschs, den er selbst erlegt hatte, glitt ihm aus den Händen. Er drehte sich zu seiner Frau um. »Was soll…?«, begann er.
»Und kümmere dich um das britannische Schiff vor unserer Küste«, sagte Isolde schon im Weggehen, »das ist wahrscheinlich voll von Leuten aus Cornwall. Hol sie an Land, damit sie sich vorbereiten können.«
»Das geht doch nicht so einfach!«, brüllte Gurmûn. »Es gibt Verträge!«
»Die sind alle aufgehoben, wenn Marke unsere Tochter heiratet!«, schrie Isolde zurück und verließ den Raum.
Rückkehr Tristans ~ 235 ~ Tristans Sieg
Es war Nacht. Kapitän Gorr hatte sich schon in seine Koje gelegt und wollte endlich schlafen, als er von einem seiner Leute gerufen wurde. Ein Boot nähere sich, und man habe eruische Stimmen gehört.
Gorr war sofort auf den Beinen, befahl, die gesamte Mannschaft zu wecken, aber leise, leise - die Barone dürften nichts davon erfahren, die Pferde sollten nicht unruhig werden.
Das Boot legte längsseits am Schiffsbug an, und der Hafenmeister von Wexford kletterte über eine Strickleiter an Bord. Er komme auf Weisung der Königin, sagte er. Gorr verstand ihn erst, als er Courvenal hatte holen lassen, um alles ins Britannische zu übersetzen.
Nach einer kurzen Unterredung wurde allen Dreien deutlich, dass Ungeheuerliches geschehen war. Es würde ein Gerichtsrat stattfinden, bei dem es sich entschied, ob Tristan rechtmäßig für seinen König um die Hand der Königstochter Irlands anhalten würde.
»Tristan lebt!« Courvenal stöhnte vor Erleichterung auf.
»Er behauptet, er habe den Drachen getötet«, sagte der Hafenmeister.
»Welchen Drachen?«
»Den draghön, der unser ganzes Land bedroht hat!« Der Hafenmeister sprach diese Worte völlig ernst.
»Den draghon!« Courvenal wiederholte das Wort und musste sich zwingen, nicht zu lächeln. Doch was immer es mit diesem Drachen auf sich hatte, wichtig war allein, dass Tristan wohlauf war und er sein Ziel erreicht und den Auftrag seines Königs und Oheims erfüllt hatte. Er wird ihm die Braut bringen, dachte Courvenal voller Freude. Es grenzte an ein Wunder.
Als sich die Nachricht von Tristans Heldentat unter den Baronen verbreitete, zeigten einige große Zufriedenheit, andere konnten ihren Zweifel und ihre Missgunst nicht unterdrücken. Vor allem Lord Wessely scharte eine Gruppe von Grafen um sich, die von Anfang an dem Unternehmen mit Argwohn gegenübergestanden waren. Da jedoch andererseits mit einem Mal die Landung an der irischen Küste bevorstand, da man eingeladen war, sich zu zeigen, und sich nicht mehr im Schiffsbauch verstecken musste, herrschte eine allgemeine Erregtheit, die auch Lord Wessely sich selbst nicht verhehlen konnte.
Es war gut, dass bei aller Ungeduld und Unruhe, die die Barone überfiel, die Regeln eine Dreitagesfrist vorschrieben. So hatte man genügend Zeit, sich
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