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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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ihrer Zofe Brangaene und drei Mägden, die zum Hof Markes gehörten. Eine von diesen war Helen, wie Tristan erfuhr. Sonst wusste er kaum etwas über die Umstände, in denen Isolde nun lebte. Marke hatte ihn einmal noch aufgesucht, um ihm erneut zu danken und sich dafür zu entschuldigen, dass er seinen »allertreuesten Freund« aufgrund der neuen Gegebenheiten hatte umquartieren müssen. Doch nach der Hochzeit, so versicherte er ihm, wollte er ihn wieder in seiner Nähe haben. Isolde hingegen hatte Tristan nach ihrem Aufritt zur Burg nicht ein einziges Mal mehr zu Gesicht bekommen, ebenso wenig Brangaene, die sicher mit den Vorbereitungen für das große Ereignis vollauf beschäftigt war.
    Und Courvenal? Der Mönch schien wie vom Erdboden verschluckt. Wenn Tristan bei den Mönchen am Hof nach ihm fragte, hieß es nur immer, der father habe sich zum Beten zurückgezogen.
    So kam es, dass Tristan in diesen Tagen oft mit den Rittern herumstand, sich mit Würfelspielen oder Schach die Zeit vertrieb und dabei keine Gelegenheit versäumte, um nach Isolde oder Brangaene Ausschau zu halten. Wenn er keine von ihnen entdecken konnte, waren die Stunden für ihn eine Qual und verlorene Zeit. Da Courvenal nicht auffindbar war, konnte er nicht einmal mit jemandem über Bücher sprechen. Dies Alleinsein in der Freiheit war für ihn wie ein Gefängnis. Irgendwann hielt er die Einsamkeit, die er unter den vielen Leuten verspürte, nicht mehr aus. Erst versuchte er vergeblich, zu Marke vorzudringen, dann schlich er durch die Flure, um in die Nähe der Königsgemächer zu gelangen, und wurde dort von den Wächtern zurückgewiesen. Er fühlte sich deswegen zutiefst gekränkt, weil es doch niemand anderem als ihm zu verdanken war, dass die Hochzeit gefeiert und Frieden zwischen Britannien und Erui geschlossen werden konnte. Andererseits musste er sich eingestehen, dass er doch vor allem darum bemüht war, Isolde wiederzusehen, was ihm aber nicht zustand und unschicklich gewesen wäre.
    Verzweifelt setzte er sich einige Tage, bevor die Hochzeit stattfinden sollte, aufs Pferd und ritt aus der Burg. Wie staunte er, als er sah, dass auch dort auf den Wiesen überall Zelte aufgebaut worden waren, vor denen Feuer brannten und Reiter und ihre Knappen lagerten. Da sein Ross durch keine Decke in den Farben seiner Herkunft gekennzeichnet war und er auch keine Wappen oder Fähnchen mit sich führte, sondern ein einfaches Wams trug, nicht gespornt oder gar geharnischt war, empfingen ihn die lagernden Ritter wie einen Fahrenden, und manche luden ihn an ihr Feuer ein. So erfuhr er von dem Zeltlager der schönen wife hinter dem Kirschbaumhain westlich der Burg.
    »Gab es das nicht früher schon?«, fragte Tristan einen der Reiter.
    »Das gab es schon immer und wird es auch immer geben!«
    Tristan lief ein Schauer über den Rücken. Rual hatte ihm davon erzählt, was er selbst von Tristans Vater Riwalin erfahren hatte.
    »Wo ist dieses Zeltlager?«, fragte Tristan die Reiter. Sie wiesen ihm lachend den Weg und die Richtung. »Aber du brauchst ein paar klingende Münzen«, riefen sie ihm hinterher, als er sich auf sein Pferd schwang.
    Es erging Tristan wie in einem Traum. Er folgte dem Weg wie von ihm angezogen. Er wollte tun, was schon sein Vater getan hatte, und wusste zugleich, dass er es sich verbot. Zumindest mit eigenen Augen musste er sehen, was er nicht sehen durfte. Mit solchen sich streitenden Gedanken erreichte er den Hain mit den Kirschbäumen, ritt unter den schon lichten Zweigen hindurch, hörte von Ferne Lachen und kam, als wäre alles nur einen Schritt entfernt gewesen, an eine Wiese. Aus bunt geschmückten Zelten, im Kreis angeordnet und mit Fackeln versehen, traten Frauen, von deren Schultern Schleier wehten.
    Tristan band das Pferd an einem Baum fest und ging, sich wie ein Späher hinter Büschen verbergend, auf die Zelte zu. Als er nicht weiterkonnte, ohne seine Deckung aufzugeben, passte er einen Moment ab, in dem sich niemand außerhalb der Zelte befand, und rannte zu dem nächstgelegenen. Dort kauerte er sich ins Gras. Stimmen von Frauen waren zu vernehmen und darunter ganz deutlich eine männliche. Tristan erschrak bis ins Mark: Es war die von Courvenal.
    Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er versuchte, sich nicht zu bewegen, nicht einmal zu atmen, und hörte jetzt, was Courvenal auf Britannisch sagte: »Komm her, meine schöne Libelle!«
    Als Tristan das hörte, konnte er einen Laut der Überraschung nicht unterdrücken.

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