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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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heiliger Samen, wie er ihn für sich nannte. Dann lehnte er sich an den Stamm des Kirschbaums zurück, ermattet und zufrieden. Er hatte das nur für sich getan und doch bei jeder Bewegung in seinem Inneren für Isolde. Übergroß war die Sehnsucht nach ihr, sodass er sich rasch ankleidete, zum Schloss zurückreiten wollte und sich schwor, sie noch in dieser Nacht wiederzusehen. In ihm war nichts als Liebe und Begierde.
     
    Der Jagdmeister ~245~ Die Magd
     
    In allen Burgen und Königshäusern dieser Welt, in denen Tristan je gelebt hatte, gab es Helfer und Verbündete. Nur auf Tintajol hatte Tristan niemanden. Er hatte keinen einzigen Freund. Zu lange war er fern gewesen, zu sehr wurde er von den Baronen als unliebsamer Konkurrent angesehen. König Marke hatte ihn als Erben eingesetzt, sollte er selbst kinderlos bleiben. Das war allen Lords ein Stachel im Fleisch. Tristan war klug, sprachgewandt, ein Sänger und zugleich ein ritterlicher Kämpfer. Das forderte vielen Respekt ab. Nur diejenigen, die an nichts anderes dachten als an ihren Vorteil, setzten sich darüber hinweg. Und davon gab es in Cornwall nicht wenige. Einer davon war, das wusste Tristan, der Jägermeister des Königs, der Mann seiner früheren Dienerin Helen. Und Helen war jetzt eine der Mägde Isoldes. Sie sollte sein Schlüssel sein.
    Als er in dieser Nacht gegen die Tür Eardweards pochte, ahnte er, welche Schwierigkeiten ihm bevorstanden. Der Jagdherr des Königs, zu dem er inzwischen aufgestiegen war, kam selbst an die Pforte und erkannte Tristan nicht gleich wieder. Doch nachdem das kleine Öllämpchen dessen Gesicht lange genug beschienen und er erfasst hatte, wer ihm da gegenüberstand, fragte er höflich nach seinem Wunsch.
    »Ich will deine Frau sehen«, sagte Tristan.
    »Helen?«
    »Hast du inzwischen eine andere?«
    »Aber nein, Herr. Wartet einen Moment.«
    Eardweard ging brummend ins Haus. Es dauerte einige Zeit, bis Helen kam. Tristan wurde ungeduldig, und die Frau, die ihm nun dasselbe Öllämpchen wieder vors Gesicht hielt, reagierte zuerst ebenso mürrisch, bis sie ihren ehemaligen Herrn erkannte. »Sir Tristan«, stammelte sie. Mehr Worte fand sie nicht.
    »Es hat einen Unfall gegeben«, sagte er. »Du musst sofort kommen - mit aufs Schloss - und die Königin aus ihrem Gemach holen.«
    »Einen Unfall?« Helen verstand nicht. »Ist die Königinanwärterin in der Nacht ausgeritten?«
    »Das ist nicht von Belang«, sagte Tristan. »Der König selbst schickt mich.« Eine Lüge, dachte Tristan, es ist alles eine Lüge.
    Es dauerte nicht lange, bis Helen sich fertig gemacht hatte. Da er vorgab, es sei keine Zeit zu verlieren, setzte er sie hinter sich aufs Pferd. Es war ihm mehr als angenehm, wie sie sich an ihn klammerte, und zugleich durfte er nicht zulassen, dass die Wollust in ihm aufstieg. Er durfte nicht so handeln wie Courvenal, trieb das Pferd zur Eile an und hetzte die Hügel hinauf.
    Helen wurde dabei Angst. »Was ist denn meiner Herrin geschehen?«, schrie sie über Tristans Schulter in den Wind.
    »Es ist nichts vorgefallen«, rief er zurück. »Aber ich habe eine geheime Botschaft von ihrer Mutter aus Erui erhalten. Einer der von dort mitgereisten Grafen will sie vergiften. Davor muss ich sie warnen. Es kann sein, dass es schon zu spät ist.«
    Bei diesen Worten erreichten sie das erste Tor der Burg Tintajol, wurden eingelassen, als man Tristan erkannte, und passierten ungehindert auch das zweite und dritte Tor. Doch vor dem Hauptgebäude, in dem die Gemächer des Königs lagen, verweigerte die Wache den Zutritt.
    »Ich will auch gar nicht hinein«, sagte Tristan, nachdem er Helen vom Pferd gehoben hatte, »es ist die Magd der Königin, die um Einlass bittet.«
    Helen wurde durchgelassen. Tristan wartete draußen. Die Magd kam zurück mit bleichem Gesicht. Isolde habe voller Aufregung die Nachricht in Empfang genommen. Das sagte Helen laut vor den Wachen. Daraufhin nahm Tristan sie beiseite und flüsterte ihr zu, es gebe im Schlosssaal einen verdeckten Ausgang auf einen der hinteren Höfe. Dorthin solle sie die Königin führen, es gehe um Vertraulichkeiten, die er nicht vor den Wachleuten besprechen könne. Helen verstand ihn sofort. Es nahm ihr fast den Atem, zwischen den hohen Herrschaften als Vermittlerin dienen zu dürfen, und sie hoffte darauf, dass ihre besonderen Dienste auch entsprechend belohnt werden würden. Sie kannte den Nebenausgang und versprach, bald mit Königin Isolde dort aufzutauchen.
    »Aber der König

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