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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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Sätzen. Da sie in dem Schreiben an den Mönch weitergeführt wurden mit: »Hütet Euch also davor, zu tief in den Becher zu schauen …«, und in der Schriftrolle an die Mutter mit dem Zusatz: »Hat nicht Gurmûn schon immer gesagt, man solle …«, genehmigte der König die Briefe. Allein der Name Gurmûn stieß ihn so sehr ab, dass er mit all dem nichts zu tun haben wollte.
    Es dauerte etwa einen halben Monat, bis die Dokumente ihre Adressaten erreichten. Benedictus wurde davon überrascht, als er über der Kopie einer Auslegung der Heiligen Schrift saß, die ein gewisser Cornelius verfasst hatte. Es ging um einen Brief des Jesaia, in dem es hieß, dass »sich die sehenden Augen nicht blenden lassen« sollen. Cornelius hatte hier angemerkt: »Wem das Licht Gottes in den Augen widerscheint, kann nicht blind werden, wem aber die Feuerglut der Hölle, dem steche man die Augen aus.«
    Benedictus saß bei Kerzenlicht in seinem Klosterkeller, als er den Kommentar von der Handschrift in sein Buch übertrug. Wie so oft zuckte es ihn in den Fingern, dem Kommentar einen Kommentar hinzuzufügen, weil er es doch auf diesem abgeschiedenen Eiland erlebt hatte, dass der Blinde manchmal mehr sieht als der, der mit offenen Augen herumläuft.
    Da trat ein Schiffsbote ein und überreichte ihm das mehrfach mit Lack versiegelte Pergament. Zuerst dachte er, es käme eine Botschaft aus Rom. Dann las er die Zeilen von Isôt, er konnte die junge Königin für sich nicht anders nennen. Selten war er so außer sich. Nach Britannien sollte er fahren! Das las er zuerst. Später erst sickerten in seinen Kopf Worte wie »Gottesurteil«, »Schuld«, »glühendes Eisen«, »Tod« und »Sir Tristan«. Schwer atmend saß er da und schickte einen Boten an die Königin, um seinen Besuch anzumelden.
    Isolde wiederum erhielt den Brief ihrer Tochter, als der Versammlungsraum gerade voller Gäste war. Es waren Ritter aus Norwegen und Island gekommen, es herrschte ein ungeheurer Tumult. Gurmûn war kurz aufgetaucht und hatte sich bald wieder zurückgezogen, da er anderntags in die Westregionen aufbrechen wollte. Königin Isolde hielt sich freundlich zurück gegenüber den Gästen, die bald Weiterreisen wollten, für die Schmieden jedoch hochwertiges Eisen gebracht hatten.
    Regwon hieß der Bote, der ihr Isoldes Brief aushändigte.
    »Regwon?«, sagte sie. »Den Namen habe ich noch nie gehört.«
    »Dann eben jetzt zum ersten Mal.«
    Isolde sah sich den jungen Mann an. Sie ging einmal um ihn herum, den Brief in der Hand. »Willst du nicht bleiben, Regwon?«, fragte sie anzüglich.
    »Immer gern«, sagte der Bote. »In einem Jahr vielleicht, dann kehren wir hierher zurück. Aber in zwei Schiffstunden legen wir ab. Wir müssen weiter. Es geht bis nach Sicilia.«
    »Wohin?«
    »Sicilia.«
    »Wo ist das?«
    »Unten, ganz weit unten. - Ich brauche ein Zeichen von Euch, hier auf dem Umschlag der Beischrift, dass ich das Schreiben abgegeben habe. Ein Kreuz reicht schon.«
    »Was soll das? Ich kann schreiben!«
    Königin Isolde kritzelte mit einem Wachsstift ihr Zeichen auf ein verdrecktes Stück Leder. Der Bote verschwand, sie sah ihm kopfschüttelnd nach, legte den Brief auf einen Tisch und widmete sich wieder ihren Gästen.
    Stunden später, am fortgeschrittenen Morgen, nachdem er voller Eifer in verschiedenen Büchern nachgelesen hatte, stand Benedictus in der Tür zum Gemach der Königin und erklärte sein Anliegen, unbedingt mit ihr sprechen zu müssen. Er habe von Königin Isôt aus Cornwall ein Schreiben erhalten. Da erst erinnerte sich die Königin an den nächtlichen Briefboten. Sie las das Pergament und brach in Tränen aus. Kaum hatte sie sich wieder gefasst, bekam sie einen Wutanfall, verwünschte den britannischen König und schleuderte so unflätige Ausdrücke gegen Gott und die Kirche, dass sich Benedictus die Ohren zuhalten musste. Er fürchtete zugleich, dass sich ihr Zorn nun gegen ihn richten könnte. Beschwichtigend sagte er immer wieder, es gebe eine Lösung.
    »Was für eine Lösung?«, schnauzte Isolde ihn an. »Gegen Feuer helfen keine frommen Worte und auch kein Blütensaft, und sei er noch so giftig.«
    »Aber etwas anderes.« Benedictus wirkte sehr sicher.
    »Was denn!«
    »Wir sollten vielleicht in Ruhe darüber sprechen. Eure Tochter hat nicht umsonst geschrieben, dass ich Euch um einen Becher Bier bitten solle.«
    »Fahr doch nach Britannien, da gibt es genug von dem Zeug.«
    »Da gibt es auch noch etwas anderes.« Benedictus tat

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