Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
Vom Netzwerk:
geheimnisvoll. »Ja, den Tod.«
    »Nicht nur.«
    Isolde beruhigte sich allmählich. Sie ließ Bier holen und für sich einen Krug Wein. Dann trug Benedictus ihr seine »Entdeckung«, wie er es nannte, vor.
    Am Ende ihrer Unterredung versprach ihm Isolde, ihn für seine Reise nach Cornwall mit allem auszustatten, was er brauchte, an Silbermünzen und Goldstücken solle es nicht fehlen, er müsse sich nur beeilen. Wenn er mit guten Nachrichten zurückkäme, würde sie ihm eine Abtei errichten lassen, wie es sie auf dem Festland gab.
     
    Grünes Gras ~274~ Weiße Wolle
     
    Für die Überfahrt von Benedictus wurde ein schnelles Boot aus der königlichen Flotte klargemacht. Anderntags befand er sich bereits auf dem Weg nach Britannien. In seiner Begleitung waren auch zwei gläubige Soldaten, von denen einer aus Britannien stammte, und eine Näherin. Das Ziel war aber nicht die britannische Westküste, sondern ein kleiner Hafen in Scotia namens Ketwall. Dort in der Nähe musste das Kloster Fidgrow liegen. Aus dessen Bibliothek stammte ein Buch des Römers Plinius, das auf Umwegen, die niemand mehr nachvollziehen konnte, wohl bei einem Bibeltausch in Benedictus’ Hände geraten war. Es handelte von der Natur. Der Mönch hatte immer wieder einmal darin gelesen und war so auf eine Stelle gestoßen, in der von einem Gestein geschrieben stand, das Fasern hatte, dünn wie Haare, die jedem Feuer widerstanden. Aus dem weißen Material könne man sogar Kleider anfertigen, hieß es in einer handschriftlichen Randbemerkung mit dem lateinischen Zusatz »hier bei uns zu finden in den Bergwerken nahe des Klosters Fidgrow, Ketwall Hafen«. Benedictus hatte damals vor sich hin lachen müssen. Asbestos war der griechische Name und stand für das Unvergängliche. Mit einem Hemd aus diesem Zeug, hatte Benedictus gedacht, ließe es sich in der Hölle gut leben.
    Als er in Isoldes Brief über verbrannte Hände las, hatte er sofort an asbestos denken müssen. Ein Handschuh müsste es sein, durchfuhr es ihn. Und nun war er auf dem Weg zu dem Kloster, wo man ihm vielleicht weiterhelfen konnte. Das Buch über die Naturalis historiae hatte er natürlich dabei und die Stelle über das Gestein, an dem die »unvergängliche Faser« zu finden war, wohl hundertmal gelesen. Ich brauche nicht viel davon, dachte er fast beschwörend, nur eine Handvoll, um eine Hand unverwundbar zu machen. Königin Isolde hatte ihm eine ältere Frau zur Seite gegeben, die sich wie keine andere auf Weben, Spinnen und Nähen verstand. Sie war noch nie auf einem Schiff gefahren, blieb die ganze Zeit auf Deck und stöhnte vor Übelkeit.
    Ketwall erreichten sie bei trübem Wetter. Der Hafen lag verlassen, kein Mensch war zu sehen. Benedictus nahm sich die zwei Soldaten und fand einen Weg, der zum Kloster führte. Er pochte ans Tor, niemand öffnete, aber von innen war das Geblöke von Schafen und das Gemecker von Ziegen zu hören. Kurzerhand befahl er einem der Soldaten, es aufzubrechen, wozu ein einfacher Druck mit dem Schwert in einen Türspalt reichte.
    Alle drei traten ein und blieben vor Erstaunen am Tor stehen. Sie blickten in ein nicht allzu weites Atrium, das voller Tiere war. Vor einem niedrigen gemauerten Haus mit einem kleinen Turm stand ein Mönch und warf mit den Händen von einem Holzwagen getrocknetes Gras und Zweige zwischen das Vieh, das sich darüber hermachte, als hätte es schon lange kein Futter mehr bekommen.
    Benedictus lachte das Herz, als er dies sah. Eine Weile blieb er still stehen und sah aufmerksam zu. Am liebsten wäre er zu dem Mönch gegangen und hätte ihm bei seiner Arbeit geholfen. Dann erinnerte er sich an seine Mission. Die Soldaten wies er an, beim Tor zu bleiben, während er sich einen Weg durch die Herde bahnte. Kurz bevor er bei ihm anlangte, blickte der Mönch auf und hielt, die Hände voller Gras, in der Bewegung des Werfens inne. Es schien, als könne er nicht recht glauben, was er sah. Sein Blick wanderte von Benedictus zu den Soldaten, an deren Umhängen er sofort die eruische Herkunft erkannte, und wieder zu Benedictus zurück. »Bruder«, sagte er tonlos, »dich schickt der Himmel!«
    Die beiden Mönche brauchten nicht lange, bis sie sich in allem verständigt hatten und sich schließlich in den Armen lagen. Benedictus hatte Elmar nicht gleich wiedererkannt, Elmar hingegen, der eine Zeit lang im Kloster von Wexford auf Erui gelebt hatte, bevor er weitergezogen war, wusste sofort, wen er vor sich hatte. Er erklärte Benedictus,

Weitere Kostenlose Bücher