Tristan
von seiner Mission und bat ihn um ein documentum, damit er als Beichtvater immer Zugang zu Isoldes Räumen habe.
»Einen Ausweis?«, sagte Marjodô laut und ärgerte sich darüber, dass er auf Lateinisch angesprochen worden war, »so etwas brauchen wir nicht auf Tintajol. Wir sind hier wie eine große Familie, und natürlich ist uns« - nun sprach er hörbar für alle Anwesenden im Raum - »ein Gast, der aus Irland kommt, um unserer Königin als Geistlicher beizustehen, herzlich willkommen! Biri… wie war der Name?«
»Abt Benedictus«, sagte der Mönch.
»Bruder Benedictus soll uns Britannier kennenlernen, wie wir sind: großherzig und voller Zutrauen. Er hat jederzeit Zutritt zu den Gemächern der Königin! Schaut ihn euch an, ihr Hauptmänner, und gebt es weiter an eure Soldaten, Benedictus aus - woher kommst du?«
»Wexford, mein Herr.«
»Der Abt aus Wexford, wo immer das auch sei, nimmt der Königin die heilige Beichte ab. Wir werden also niemals erfahren«, setzte Marjodô mit großem Armschwung fort, »was wirklich geschehen ist, sondern nur wissen, was wir selbst sehen können. Da uns die Königin aber bis zum con-ci-li-um verborgen bleiben wird, werden wir gar nichts wissen. Stimmt ihr mir zu?«
Gelächter entstand, Beifall kam auf. Benedictus merkte, was gespielt wurde: Man machte sich über die Königin lustig, weil man sie schon auf dem Scheiterhaufen der Gerüchte wusste. Es fehlte nur noch das Gottesurteil, um sie brennen zu sehen.
Der Mönch bedankte und verneigte sich förmlich gegenüber den Herren, holte aber aus dem Ärmel seiner Kutte eine Schrift rolle hervor, die er vorbereitet hatte, und legte sie vor Marjodô auf den Tisch. Es standen ein paar Sätze auf Lateinisch darauf, die den freien Zutritt zu den Gemächern der Königin erlauben sollten.
»Was ist das?«, fragte Marjodô unwirsch.
»Der Pass.«
»Mein Wort ist Euer Pass!«
»Und wenn Euch heute Nacht das Herz stillsteht?«
Marjodô sah Benedictus voller Erstaunen an. An etwas Derartiges hatte er noch nie gedacht. Schweiß trat ihm auf die Stirn.
»Hier sind Feder und Tinte«, sagte der Mönch in aller Ruhe und stellte beides vor Marjodô auf den Tisch. »Unterzeichnet, dann haben Eure Worte doppeltes Gewicht. Der König bat mich darum.«
»Du warst schon bei Marke?«
»Da komme ich gerade her.«
Nun wurde der Truchsess nervös. Er spürte, dass etwas hinter seinem Rücken vorging, was er nicht überblicken konnte. Sein misstrauisches Wesen holte ihn ein. Um es nicht offen werden zu lassen, unterschrieb er und lachte gleichzeitig darüber, um zu verharmlosen, was er tat. »Dann betet artig mit der Königin«, sagte er und wischte das Pergament beiseite. Im Weggehen hörte Benedictus noch, wie Marjodô zu seinen Leuten sagte: »Vielleicht üben sie ja zusammen, glühende Kohlen anzufassen. Das soll es alles schon gegeben haben!«
Mit hämischem Gelächter im Rücken verließ Benedictus den Saal. Als Nächstes suchte er nach Tristan.
Hunger ~276~ Helen
Für Tristan gab es während dieser Zeit des Wartens nur zwei Aufenthaltsorte. Er war entweder in seiner Kemenate, oder ging, wenn Marjodô sie betrat, in den Garten hinter den Gebäuden. Dort traf ihn Benedictus am späten Nachmittag. Tristan war erstaunt, ihn wiederzusehen, und fragte gleich, ob er als Pilger unterwegs sei.
Als Benedictus dies verneinte, ahnte er, dass es um Isolde ging, kniete nieder und begann, ein Gebet zu sprechen, in dem er Jesus, den Heiland, für seine Umsicht lobte. In seine Fürbitte flocht er eruischeWorte ein, um Benedictus in zerstückelten Sätzen mitzuteilen, dass in dem Garten überall Wachen verborgen wären, die sie belauschten.
Verwundert sah sich Benedictus um, entdeckte niemanden, gab Tristan aber seinen Segen und fragte ihn, ob er ihm etwas zu beichten habe.
»Jede Menge«, sagte Tristan und musste lächeln, »es kommt nur darauf an, ob du das alles hören willst. - Vielleicht schneiden sie dir«, setzte er flüsternd hinzu, »zum Schluss die Ohren oder sogar die Zunge ab.« Er stand auf. »Morgen vor dem Mittagsmahl in der Kapelle!«
So trennten sie sich. Tristan ging in seine Kemenate zurück, und Benedictus suchte den Schlafraum des kleinen Klosters auf, in dem man ihm eine Bettstelle zugewiesen hatte. Er fand dort sein Gepäck unversehrt, niemand hatte es durchsucht. Offensichtlich glaubte Marke daran, dass er nur wegen Isolde hier wäre, um sie noch näher an Gott heranzuführen.
Er atmete schwer und sank auf sein
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