Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Habseligkeiten und einem Abschiedsbrief des Mannes.
Es war richtig gewesen, hart durchzugreifen.
Nun ja, bis alles zusammenbrach.
Diese verdammten Versailler Verträge hatten seine wohlgeplante Karriere durchkreuzt. Zwei Jahre hatte er als Zivilist auf dem elterlichen Gut zubringen müssen und war den andauernden Hinweisen, seinen dynastischen Verpflichtungen nachzukommen, ausgesetzt gewesen.
Also hatte er Beatrix von Velten, einer lieblichen Achtzehnjährigen, schließlich einen Antrag gemacht. Er wurde angenommen, und seither wusste Otto, dass es Himmel und Hölle gab.
Sein Schwiegervater indes hatte nicht nur seine Tochter gut ausgestattet, er hatte auch seine politischen Beziehungen spielen lassen, und so war Otto als Oberst der neuen Reichswehr wieder in den Dienst getreten. In Berlin. Gott, aber was für ein Stubenhockerdienst! Im Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt, WuMbA genannt, sollte er Patronenzähler kommandieren, die Auflösung der Kriegsmaterialien beaufsichtigen und die Verschrottung der Waffen in die Wege leiten. So wie es die Siegermächte verlangten.
Nicht alles wurde getan, was sie forderten, vieles verschwand auf wunderlichen Wegen.
Immerhin hatte Oberst von Braunlage eine respektable Position und Entscheidungsmacht.
Die Reichswehr, jetzt zwar ein sogenanntes »Friedensheer«, brauchte Material, und da der Frieden mobil gehalten werden musste, gehörten Fahrzeuge aller Art dazu. Mann schafts- und Gerätetransporter natürlich, Sanitätsfahrzeuge, Fernmeldewagen, Offiziersfahrzeuge. Bisher hatte man zivile Automobile requiriert, was aber zu großen Problemen in der Wartung führte, da die Marken und Baureihen höchst unterschiedliche Ersatzteile benötigten. Der Plan, eine einheitliche Ausstattung der Armee vorzunehmen, war gefasst worden. Nun galt es auszuwählen, welcher Typ als leichter, mittelschwerer oder schwerer Geländewagen eingesetzt werden sollte.
Und hier kam der Horch ins Spiel. Den sich Oberst Otto von Braunlage aus eigenen Mitteln nicht leisten konnte. Aber das wusste niemand, und keiner würde es je erfahren, denn dem Vertreter der Horch-Werke lag nichts daran, dass sein Geschenk publik wurde. Dem Böhler lag nur daran, dass sich das Fahrzeug qualifizierte.
Und wo am besten? Bei einer Rallye.
Und sollte das Heeresbeschaffungsamt sich dann entscheiden, der Firma Horch den Auftrag zur Ausrüstung der Truppen zu erteilen, wäre Oberst von Braunlage aller seiner finanziellen Sorgen ledig.
Auch dieses Versprechen war gegeben worden. Mündlich, hinter verschlossenen Türen.
»Ich habe mir für Paris einen neuen Mantel gekauft. Schau, Ottolein!«
Trixi tänzelte um den schimmernden Wagen herum und wedelte kokett mit dem Schwanz des Fuchses, der sich um ihren Hals schmiegte.
»Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du nicht mitkommen kannst, Beatrix.«
Seine Frau zog einen tiefrosa geschminkten Schmollmund.
»Aber es haben sechs Personen in dem Dings da Platz. Ich will mit. Es gibt so umwerfende Geschäfte in Paris. Und ich habe kaum noch etwas anzuziehen.«
»Beatrix, es ist eine Testfahrt. Sie führt durch unwegsames Gelände, nicht durch Flaniermeilen.«
»Aber sie endet am Arc de Triomphe !«
»Von wo aus wir sofort wieder umkehren werden. Es bleibt keine Zeit für Firlefanzereien.«
Und es gab schon gar keine Zeit für Beatrix, nicht vorhandenes Geld auszugeben.
Doch sie schmiegte sich dicht an ihn, und ihr schwüler Duft stieg ihm verlockend in die Nase.
»Ottolein, sei nicht so hart zu mir.«
Otto schluckte.
»Nicht auf der Testfahrt. Aber wenn du unbedingt willst, kannst du mich bei der Rallye begleiten. Sie beginnt, glaube ich, recht stilvoll mit einem Bankett im Hotel Bristol .«
Er würde ihr ein Bahnticket kaufen, das sie erst am Abend vor der Rallye nach Paris brachte. Vielleicht hielten das und dieser Festakt sein verschwenderisches Weib davon ab, ein Vermögen für Kleider auszugeben.
Aber große Hoffnung hatte Otto von Braunlage da nicht.
Sein Adjutant trat näher, salutierte korrekt und meldete sich zum Dienst.
»Brechen wir auf. Heute werden wir es noch bis nach Hannover schaffen.«
»Sehr wohl, Herr Oberst.«
7. DIE WERKSTATT IN MAGDEBURG
Und wer des Lebens Unverstand
mit Wehmut will jenießen,
der lehne sich an eene Wand
und strample mit den Füßen.
Berliner Spruch
D ie schwarze Horch-Limousine mit ihrer lang gestreckten Motorhaube rollte vor die Schlosserei von Charlie Wondracek. Fritz legte den Wischlappen in den Eimer und
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