Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
und half ihr aussteigen, hielt sie jedoch weiter in einem festen Griff. Hinter ihnen parkte ein schwarzer Maybach. Der Oberst konnte nicht widerstehen. Der Horch mochte ein starkes, nützliches Auto sein, der Maybach hingegen war das deutsche Automobil der allerobersten Klasse, das sich nur ausgesuchte Persönlichkeiten leisten konnten.
Wer hielt also da hinter ihm?
Er gab Trixi Raum genug, dass auch sie die Prominenz beobachten konnte. Der livrierte Chauffeur stieg aus und öffnete die Tür des hinteren Fahrgastraumes. Ein schlankes Damenbein erschien, ein schimmernder Nerz, eine Dame mit wohlfrisierten grauen Haaren. Brillanten funkelten an ihren Ohren, ein Ring an ihrer schmalen Hand. Ihr folgte eine junge Dame in einem weit schlichteren Mantel und einem blauen Glockenhut. Die Ältere lächelte dem Chauffeur dankend zu und schritt dann auf das Portal zu. Ihre Begleiterin blieb neben dem Oberst stehen.
»Nein!«, kiekste Trixi. Und auch dem Oberst verschlug es den Atem.
»Doch«, sagte die Frau, die er als die Reporterin vom Bunten Blatt erkannte. »Frau Sarah Heinemann. Wie Sie sicher wissen, die schwerreiche Witwe eines amerikanischen Baulöwen. Sie war hier in Berlin auf der Suche nach ihrer Enkelin, um über ihr Erbe zu befinden. Einen schönen Tag noch, Herr Oberst, gnädige Frau.«
Otto von Braunlage brauchte eine Weile, um den Inhalt dieser lapidaren Nachricht richtig einzuordnen. Dann aber wurde er weiß vor Wut.
»Du wirst auf Knien vor ihr um Verzeihung bitten«, fauchte er seine vollkommen sprachlose Gemahlin an. »Auf Knien und in Sack und Asche.«
»Aber … aber sie hat uns betrogen. Sie hat uns was vorgespielt. Sie …«
»Du wirst genau das tun, was ich dir befehle. Und jetzt ab in unser Zimmer.«
Verschwörung war das eine, bodenlose Instinktlosigkeit das andere. Trixi hatte nicht erkannt, wen sie da am Abend zuvor so kühl in die Schranken gewiesen hatte. Nicht den geringsten Anstand hatte sie gezeigt. Und nun … Otto von Braunlage knirschte mit den Zähnen. Schwerreiche Großmutter. Alle Sorgen wäre er auf einen Satz losgewesen. Keine Abhängigkeiten mehr, kein Katzbuckeln, keine schlaflosen Nächte wegen der Verschuldung und der Umtriebe seiner verschwendungssüchtigen Frau. Schwerreiche Witwe.
Oh, verdammt! Jetzt war Flandern in Not!
Und die Reporterin wusste es.
67. DIE UNTERLAGEN
The hunt is up, the hunt is up!
Awake my Lady dear!
Traditional
F ritz staunte mal wieder. Im Zimmer lag ihre frisch gewaschene Wäsche, und sogar seinen guten Anzug hatte man aufgebügelt. Macs – Wills – Smoking hing auf einem Bügel, und ihre Schuhe waren blitzblank geputzt.
»Wat machen wir jetzt, Ma … Will?«
»Ich werde diese Papiere hier studieren. Und dann werden wir uns beraten, was wir damit anfangen.«
»Worum jeht et?«
»Um Thalheimer, Fritz. Der hat ein paar schmierige Geschäfte gemacht, und Emma hat belastende Aufzeichnungen dazu gefunden.«
»Weshalb er ihr Fluchzeuch kaputt jemacht hat?«
»Das zuzugeben werden wir ihn zwingen. Aber ich weiß noch nicht, wie.«
»Kann ick dir helfen?«
Fritz sah den Mann am Fenster an. Er sah noch etwas zerrauft aus, trug noch den Overall und die Stiefel und hatte müde Linien im Gesicht. Aber was immer er von ihm erbeten würde, Fritz würde es tun. Und wenn er barfuß über Glasscherben laufen sollte.
»Im Augenblick würde ich gerne …«
Emmalou kam ins Zimmer gestürmt und fiel Will um den Hals. Sie lachte und weinte und knutschte ihn ab, und Fritz stellte für sich fest, dass der größte Dienst im Moment sein sofortiges Verschwinden war. Er wanderte also durch die teppichbelegten Gänge, schritt die breiten Treppen hinunter – den Aufzug verschmähte er, der war ihm unheimlich –, betrachtete die schimmernden Lüster und die Blumenbouquets, die weiß behandschuhten Pagen und die glänzenden Marmorfliesen und fühlte sich gänzlich fehl am Platz.
Dann aber entdeckte er den Adjutanten des Obersten, der mit Thalheimers Beifahrer schwatzte, und besann sich auf seinen Siegerstatus. Wär doch ganz nett, mit den Kollegen Erfahrungen auszutauschen.
Und siehe da, beide Herren begegneten ihm mit leutseliger Achtung, und schon waren sie in allerlei Fachsimpeleien verstrickt. Eins führte zum anderen, und mit dem Adju ging Fritz in den Hof hinaus, um nach dem Motor des Horchs zu sehen, der einer dringenden Überprüfung harrte.
»Der Oberst ist ein rücksichtsloser Fahrer«, vertraute der Adju Fritz an. »Kein Gefühl für den Motor,
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