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Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx

Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx

Titel: Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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aber das Leben ohne Bart, ohne Risiko, im Kreis einer Familie … das ist so öde!«
    Alle Zwerge nickten energisch.
    »Dann seid ihr alles Frauen?«, fragte Tiana erstaunt.
    »Ja«, bestätigte Gruja. »Aber vermutlich langweilen euch unsere Gepflogenheiten. Wollt ihr vielleicht lieber etwas über unsere Küche erfahren? Habt ihr schon einmal geschmorte Springmaus gegessen? Normalerweise braten wir sie in einer Pfanne ohne Öl, da sie selbst schon fettig genug sind.«
    Mist!, dachte Trix bei sich. Jetzt muss ich einen Traktat über Zwerge schreiben, wenigstens einen ganz kleinen.
    Bislang gab es drei klassische Beschreibungen von Zwergenstädten.
    Die erste hatte ein gewisser Lemmy Gullivonne verfasst, ein Gauner, Duellant, Gigolo, Rebell, Barde und Poet, der sich vor Soldaten auf der Flucht befand, in unterirdischen Minen Schutz suchte, sich in ihnen jedoch verirrte und schließlich von Zwergen gerettet wurde. In ihr hieß es:
    »Da ich von der Übellaunigkeit des Zwergenvolkes gehört hatte und eine Abneigung gegen verschlossene Räume empfand, waren mir doch die königlichen Folterkammern noch lebhaft in Erinnerung, machte ich mich auf eine triste Zeit gefasst. Doch wie groß war mein Erstaunen, als ich am Ende des Stollens eine riesige Höhle vorfand, die so hell erleuchtet war, als befände ich mich bei strahlendem Sonnenschein an der Tagesoberfläche. Öl, Gas, Alchimie und Magie speisten zahllose Lampen, die meist zur Decke ausgerichtet waren. Diese war ihrerseits mit funkelnden Edelsteinen, glitzernden Spiegeln und einem Mosaik mit der Darstellung des Himmels, der Wolken, der Gestirne und von Drachen ausgelegt. All das schuf die Illusion eines offenen Raums. Die Zwergenstadt selbst stellte kein geringeres Wunder dar. Anheimelnde schmale Gassen, beschauliche kleine Ziegelhäuschen, dazwischen zahlreiche Plätze, die Springbrunnen und Blumen schmückten und die sorgsam mit Pflastersteinen ausgelegt waren. Durch die Straßen flanierten lustige und gutmütige Zwerge in bunter Kleidung und leichten, eher der Zierde dienenden Harnischen, dabei Bierkrüge mit einem erstaunlich schäumenden Getränk schwenkend. Mir, dem Fremden, gegenüber hegten sie keinerlei Argwohn. Noch ehe ich auch nur einmal Luft geholt hatte, hielt ich bereits einen vollen Krug in der einen Hand, während meine andere kokett ein Zwergenmädchen erfasst hatte, das sehr schön war, sah man einmal von einer gewissen Gedrungenheit und dem Bart ab. Die Menge zog mich mit sich, wir besuchten Schenke um Schenke, sangen Lieder und tanzten. Ich kostete mehr als sieben Sorten Bier (möglicherweise sogar noch mehr, aber irgendwann gab ich das Zählen auf), lauschte den Zwergenbarden und genoss die Vorstellungen von Illusionisten und Akrobaten. Irgendwann ließ ich mich dazu hinreißen, selbst ein paar lustige Balladen vorzutragen, darunter Trunken ende ich unter dem Tisch und Ich hab mich überfressen, froh macht mich das nicht , was mir Applaus und einige Küsse eintrug. Meine Gefährtin flüsterte mir, mich dabei gar zart mit ihrem Bart berührend, einige Scherze ins Ohr, die wiederzugeben ich mich hier nicht getraue.«
    Mit der zweiten Beschreibung beglückte der Mystiker und Prediger Worm Inquisi die Menschheit, der sich anschickte, den Zwergen Askese und eine gesunde Lebensweise zu predigen.
    »Die verdorbene menschliche Natur lässt uns allen anderen Rassen jene Mängel zuschreiben, unter denen wir selbst leiden. Die Zwerge bezichtigen wir des Trinkens und des Fluchens, der maßlosen Gier und der Ungeselligkeit. Festen Glaubens, wie ich bin, und mit Gleichmut gewappnet, wagte ich es indes, mich jeder Prüfung auszusetzen. Was mir dann jedoch widerfuhr, mag allen Skeptikern die Schamesröte ins Gesicht treiben. Die unterirdische Stadt der Zwerge, wiewohl ein Ort der Düsternis, verströmte Ruhe und Frieden. Durch saubere, frisch gekehrte Straßen wandelten die Familien dieser Arbeiter unter Tage. Die bärtigen Oberhäupter strahlten eine unerschütterliche Gelassenheit aus. Die Frauen, die allen Gerüchten zum Trotz keinen Bart trugen und durchaus manierlich aussahen, führten die Kinder an den Händen spazieren. Diese, possierliche Wichte mit feinfrisierten Bärten, sahen mich neugierig und verzückt an. Ich hielt eine der Familien an und fragte sie, ob sie sich nicht einige Worte eines unwürdigen Predigers über eine vorbildliche Lebensform anhören wollten. Die Zwerge versicherten indes, sie wollten keine Rede eines Unwürdigen hören.

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