Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx
Samarschaner nach einer gewissen Organisierung dieser Besichtigung verlangte, standen an der Treppe hinauf zur Mauer Soldaten, die jedem Schaulustigen einen Kupferling abknöpften. Dafür durfte man aber auch so lange gucken, wie man wollte, bei Vergnügen gar den ganzen Tag.
»Wo ist dein Drache?«, fragte Ian.
»Das ist nicht mein Drache«, stellte Trix klar. »Sondern nur ein Bekannter von mir.«
»Und wo ist dein bekannter Drache?«
Trix zuckte bloß die Achseln. Er entdeckte weder Ilin Mummrich noch seinen gestrengen Herrn Papa Sua oder die anderen Familienmitglieder. »Irgendwo da unten. Sie sind orangefarben. Ein großer und zwei kleinere, dazu eine Drachenfrau, die ist gelb, und die Schwester, die grüngelb ist.«
Annette hätte ihnen sicher helfen können, doch nach dem nächtlichen Tanz im Mondschein war die Blumenfee unausgeschlafen und unleidlich gewesen. Deshalb waren die beiden Jungen ohne sie hierhergekommen.
»Da unten wimmelt es von orangefarbenen und gelben Drachen«, entgegnete Ian, über die Mauer gebeugt. Stellten sich die größten Drachen aufrecht hin, ragten ihre Köpfe sogar über die Stadtmauer hinaus. Einige von ihnen erlaubten sich daher den Spaß, es den Menschen gleichzutun – und offen zu gaffen. »Wenn wir ihn finden wollen, müssen wir runter … Puh, wie das stinkt!«
»Das ist mir ein Rätsel«, erwiderte Trix schnuppernd. »So klug wie sie sind, würde ich doch meinen, sie sondern sich ab, um ihr Geschäft zu erledigen.«
»Quatsch! Drachen stinken einfach so! Irgendwie streng … wie nach verfaulten Eiern.«
»Stimmt schon, es riecht etwas merkwürdig«, beendete Trix das Thema, um dann zu fragen: »Und du hast wirklich keine Angst vor ihnen?«
»Hör mal! Ich bin ein zukünftiger Ritter!«, fuhr Ian ihn an. »Und ein Ritter fürchtet Drachen nicht! Sicher, wenn ich nur ein einfacher Junge wäre, dein Diener zum Beispiel, dann würde ich mich nicht mal trauen, sie auch nur anzusehen! Aber einem Ritter steht Furcht nicht zu Gesicht!«
»Ritter müsste man sein!«, stieß Trix aus. »Mir flößen sie nämlich immer noch Angst ein, obwohl ich mit ihnen befreundet bin und sogar schon auf einem geflogen bin.«
»Du bist auf einem geflogen?«, begeisterte sich Ian.
»Psst! Die Drachen wollen nicht, dass das jemand erfährt.«
»Das würde ich auch gern mal«, gestand Ian.
»Na, dann komm!«
Die Soldaten ließen sie anstandslos zu den Drachen vor. Anscheinend langweilte es sie bereits, vorm Tor zum Weideplatz Wache zu schieben. Da versprachen die beiden kühnen Jungen etwas Abwechslung.
»Wenn die Drachen euch essen«, bat einer von ihnen, »schreit nicht so laut! Auf der Stadtmauer stehen kleine Kinder und hochschwangere Frauen, denen wollen wir kein Gejaule zumuten.«
»Sind schon viele gegessen worden?«, erkundigte sich Trix.
»Nein«, antwortete der Soldat. »Niemand. Genau das beunruhigt mich! Sie müssen hungrig sein!«
Doch die Drachen enttäuschten die Erwartungen der Samarschaner. Keiner von ihnen achtete auf die beiden Jungen – worin allerdings die eigentliche Gefahr bestand. Denn obwohl diese Tiere nicht viel wogen, dürfte ein ausgewachsener Drache einen Menschen unter sich zerquetschen. Dann waren da noch die Krallen …
Aus diesem Grund riss Ian das Kommando an sich und rief aus voller Kehle: »Aus dem Weg! Macht Platz für den großen Magier Trix und seinen treuen Ritter! He, Grünling, weg da, hier kommen wir! Und ihr Orangefarbenen?! Was trapst ihr hier rum?! Brauner, rühr dich jetzt bloß nicht vom Fleck! Und ihr Roten, wo kommt ihr auf einmal her?«
Die Drachen blickten daraufhin tatsächlich nach unten und machten den Jungen Platz.
»Auseinander mit euch, ihr Rosanen! He, Weiße, könntet ihr mal den Schwanz einziehen?«
»Irgendwie klingt das komisch«, sagte Trix. »Als ob du nicht ihre Farben nennst, sondern sie beschimpfst.«
»Quatsch!«, erwiderte Ian. »Es kommt einzig und allein auf die richtige Betonung an. Sicher, jedes Wort kann zu einer Beschimpfung werden … Mensch, ihr Blauen, was habt ihr hier verloren?«
»Sei trotzdem etwas vorsichtiger«, warnte ihn Trix. »Die gucken schon ganz komisch.«
»Aus dem Weg!«, rief Ian daraufhin bloß noch. »Macht Platz für den großen Zauberer, verehrte Drachen!«
Trix sah sich derweil aufmerksam um. Ein paar Mal meinte er, Ilin oder seinen Vater erkannt zu haben, doch letzten Endes täuschte er sich immer. Schließlich wandte er sich an einen weißen Drachen, der etwa Ilins Größe
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