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Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx

Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx

Titel: Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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hätte ich schon was unternommen!«
    »Gegen was?«
    »Gegen alles!«
    Sie flogen über die Palastmauer und landeten sanft im Heu, das in einem von Ochsen gezogenen Wagen gemächlich über die Straße befördert wurde. Der Fuhrmann war so in Gedanken vertieft, dass er seine vom Himmel gefallenen Fahrgäste nicht einmal bemerkte.
    »Puh!«, stieß Tiana begeistert aus. Sie schien von Trix’ Reue überzeugt und war offenbar bereit, das Thema zu wechseln. »Das nenn ich Glück!«
    »Mit Glück hat das nicht viel zu tun«, knurrte Trix.
    »Heißt das, du hast den Wagen mit dem Heu gezaubert?«
    »Nein! Es heißt, wir haben alles richtig gemacht! Wenn du aus dem Fenster springst, um dich vor einer Festnahme zu retten, und in einem Wagen mit Heu, einem Wasserbecken oder auf einem nicht zu straff gespannten Zelt landest, heißt das, der Zauber der Abenteuergeschichte wirkt! Und das ist ein sehr starker Zauber!«
    Tiana sah Trix achtungsvoll an.
    »Dann wartet auf uns also ein Abenteuer? Und kein Desaster?«
    »Manchmal lässt sich das eine kaum vom anderen unterscheiden«, räumte Trix ein. »Lass uns erst mal vom Wagen runter!«
    Der gedankenversunkene Fuhrmann hatte die beiden immer noch nicht bemerkt. Dazu beschäftigten diesen schon angejahrten Samarschaner, der durch die Güte des Wesirs Lesen und Rechnen gelernt hatte, nämlich gerade einige ernste Fragen: Warum fällt mit Ausnahme eines lebenden Vogels jeder Gegenstand zu Boden, wenn man ihn loslässt? Warum fließen Flüsse den Berg hinunter, aber nie hinauf? Steckte dahinter ein allgemeines Gesetz?
    Ja, der Fuhrmann hatte sich sogar schon einen Namen für dieses Gesetz ausgedacht: das Gesetz des Allgemeinen Untergangs. Wenn er nicht erst als erwachsener Mann Lesen und Rechnen gelernt hätte, sondern bereits in der Kindheit, und wenn er nicht Tag um Tag das Heu hätte kutschieren müssen, dann hätte er sein Gesetz vielleicht formulieren können und wäre womöglich gar für würdig befunden worden, ins Buch der Erhabenen Eingebungen aufgenommen zu werden.
    Aber leider war das nicht der Fall, so dass dem Fuhrmann nach der angestrengten Grübelei am Abend nur der Kopf schmerzte und er, als er nach Hause kam, seinen über einem Buch hockenden Sohn anschrie: »Dieses Studium presst dir bloß zu viele Gedanken in den Kopf!« Danach achtete er darauf, nie wieder etwas Außergewöhnliches zu denken.
    Diese Geschichte ist jedoch so alltäglich und häufig zu hören, dass wir sie nicht weiter verfolgen wollen …
    »Wir sollten uns irgendwo verstecken«, sagte Trix. »Oder aus der Stadt fliehen. Oder jemanden um Rat fragen …«
    »Oder alles zusammen.«
    »Oder alles zusammen«, wiederholte Trix und strahlte. »Genau! Ich weiß, wo wir uns verstecken und Rat bekommen!«
    Er fasste Tiana bei der Hand und rannte mit ihr davon. Manchmal begegneten sie Soldaten, die jedoch keine Ahnung hatten, dass es sich bei diesen beiden rennenden Kindern um gefährliche Staatsverbrecher handelte, die im Namen des gütigsten Sultans, der unvermutet die Macht an sich gerissen hatte, umgehend festzunehmen seien.
    »Ich bin doch mit den Drachen befreundet«, erklärte Trix. »Die fragen wir, was wir jetzt tun sollen. Sie werden sehr alt und sind deshalb sehr weise.«
    »Unsere älteste Hofdame ist schon fast hundert – und noch immer eine ausgemachte Idiotin!«, schnaubte Tiana.
    »Vielleicht gibt sich das, wenn sie noch zweihundert Jahre lebt?«
    Der kürzeste Weg zu den Drachen führte durch die große Markthalle Dachrians. Bereits als sie sich ihr näherten, erschnupperten sie die Aromen orientalischer Duftwässer, südlicher Gewürze und Samarschaner Essens sowie den internationalen Gestank nach verfaultem Fleisch. Handwagen und Karren mit Waren rumpelten durch die Straßen zum Markt. In der Halle priesen Händler mit kehliger Stimme ihr Angebot an, Käufer feilschten lautstark, Schafe blökten aufgeregt, Vögel in Käfigen krächzten wild.
    Trix und Tiana rannten an Obstständen vorbei, bei denen es weniger Kunden gab. Entweder mochten die Dachrianer kein Obst, oder sie bauten es selbst an, statt es auf dem Markt zu erstehen. Jedenfalls ging es hier ohne Rempelei ab.
    Dafür überschütteten sie die gelangweilten Händler mit Angeboten und Komplimenten: »Äpfel! Die allersüßesten Äpfel, halb Zucker, halb Honig! Probiert meine Äpfel!« »Wohin läufst du denn, meine Schöne? Komm, nimm einen Pfirsich, der so rosig ist wie deine Wangen!« – »He, werter Jüngling, koste mal meine

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