Trixie Belden 06 - Trixie Belden und das Geheimnis in Arizona
Herren, ich bitte um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit! Diese Vorführung hier ist nichts als ein kleiner Vorgeschmack auf das, was Sie im Februar auf dem Cowboyfest erwartet — um es in perfektem Spanisch zu sagen: auf der Fiesta de Los Vaqueros . Was wir Cowboys hier vorführen, kann man nicht so richtig einen Rodeo nennen. Rodeo ist übrigens ein spanisches Wort, und es heißt soviel wie rundumgehen . Und genau das ist es, ein , Roundup ’ . Jeden Frühling und Herbst wird das Vieh von der Weide in einen , Corral ’ getrieben. Das Frühlings-Roundup nennt man eigentlich Brandzeit, weil da die Kälber ihr Brandzeichen kriegen. In alten Zeiten, als es keine Zäune gab, lief das Vieh von verschiedenen Farmen kreuz und quer durcheinander auf der Weide herum. Die Cowboys waren dafür da, sie zweimal im Jahr zu trennen, um ihre eigene Herde zusammenzutreiben. Die Kälber sind mit dem gleichen Brandzeichen versehen worden wie die Kühe, denen sie gefolgt sind. Ein Kalb ohne Mutter wurde , dogie ’ genannt, und wer es erwischte, der konnte es behalten. Bevor die Zäune aufgestellt wurden, hat man jede Kuh, jedes Kalb und jeden Stier ohne Brandzeichen , maverick ’ genannt. Ein maverick hat demjenigen gehört, der es zuerst fangen und brennen konnte. So ist der Rodeo natürlich bald zu einer großen Schau geworden, wo die Cowboys sich zusammenfinden und ihre Künste zeigen.“
Trixie hörte vergnügt zu, wie gekonnt Tenny den Cowboyslang nachahmte. Er schöpfte kurz Atem und sprach dann im lässigen, gedehnten Ton des Westens weiter: „Wenn das Vieh und die Pferde alle von der Weide geholt waren, kam das Zureiten dran. Und das ist heutzutage genauso wichtig beim Rodeo wie das Fesseln und Brennen der Kälber. Bevor ein Cowboy ein Kalb oder eine Kuh fangen will, muß er reiten können. Aber bevor er sich auf der Weide richtig bewegen kann, muß er sein Pferd gut in den Griff kriegen und abrichten. Drum ist jetzt der Cowboy Bill der erste in unserem Programm, und der wird Ihnen vorfuhren, was ein Pferd bei der Arbeit auf der Weide alles können muß.“
Er schwenkte seinen Hut, und das Gatter wurde geöffnet, um einen gutaussehenden Cowboy auf einem prächtigen weißen Pferd einzulassen.
Trixie beobachtete atemlos, wie Bill sein muskulöses, sehniges Pferd in die verschiedenen Figuren dirigierte: Drehungen nach rechts und links, Viertel- und halbe Drehungen — alle so exakt ausgeführt, daß es aussah, als bewegte sich das Pferd nur auf den Hinterbeinen. Bill beherrschte sein Pferd wirklich vollkommen.
Bill verließ die Umzäunung unter lautem Applaus. Nun ritt ein anderer Cowboy auf einem schwarzen Pony in den Corral .
„Der Knabe hier ist Jack“, stellte Tenny vor, „und er wird Ihnen zeigen, wie man ein Kalb mit dem Lasso fängt — allerdings ohne Kalb und ohne Lasso.“
Jeder lachte, aber sehr schnell trat wieder gespannte Ruhe ein. Jack und sein kleines, zähes Pferd zeigten ihre Kunststücke so gekonnt, daß es den Zuschauern war, als könnte man das nichtvorhandene Kalb förmlich sehen. Als Jack „das Kalb gefesselt hatte“, brachte er sein Pony zum Stehen und sprang ab. Das Pferd spannte seinen Körper an, um das unsichtbare Seil straff zu halten. Jack fesselte die Füße des nichtvorhandenen Kalbes mit einem unsichtbaren Kälberstrick.
Als er seinen riesigen Stetson abnahm und ihn schwenkte, schrie die Zuschauermenge vor Begeisterung laut auf und klatschte.
Nun begann das aufregende Schaureiten der Bronco-Reiter , und Tenny erklärte, bronco sei das spanische Wort für ungebärdig oder grob; deshalb wurden Wildpferde allgemein „ broncos “ genannt.
Trixie sah hingerissen zu und erkannte nun, was für ein wirklich gefährlicher Sport das Rodeoreiten ist. Nur selten wurde ein Cowboy abgeworfen. Doch dann landete er jedesmal auf den Füßen, obwohl es Trixie vorkam, als sei es unmöglich, sich länger als eine Sekunde im Sattel zu halten. „Wenn ein Zureiter abgeworfen wird“, erzählte Tenny, „sagen die anderen Cowboys: Der Bursche ist zum Gänseblümchenpflücken geschickt worden.“
“Sind diese Pferde wirklich so wild wie sie aussehen?“ erkundigte sich Brigitte schaudernd bei ihm. „Oder ist das alles nur ein Schauspiel für die Gäste?“
„Die?“ flüsterte Tenny, und seine blauen Augen zwinkerten. „Im Vergleich zu einem richtigen Wildpferd, das gerade von der Weide kommt, sind die Pferde da so sanft wie Lämmer, weil die nämlich schon an den Sattel gewöhnt sind. Sie führen
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