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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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von Kreta«, sagte Ahiram) und seinen Nachfolgern, mit den Hatti und den Herren der zahlreichen Städte des Landes Muqannu, zu denen auch die Gründer von Solons Heimatstadt gehörten. »Prächtige Bauwerke, gutes Leben in reichen Städten, schnelle große Schiffe und für den Kriegsfall gewaltige Scharen von Streitwagen – auf all dies könntet ihr stolz sein, wenn ihr es noch wüßtet. Und wenn nicht andere eures Volkes all dies zerstört hätten.«
    »Ah«, sagte Solon. »Andere unseres Volkes? Wann etwa? Und wer?«
    »Die Ärmeren aus dem Norden, die Rauhen – Tanaju aus den Ländern jener, die du Achaier nennst. Jene, die das große Djibu zerstört haben, das Qadimu gründete, und die bald danach in den Osten fuhren, um auch das reiche Wirudja zu plündern.«
    Solon schüttelte ratlos den Kopf und blickte den Phönikier an. »Was meint Wen-Amun?«
    Ahiram zögerte kurz; dann kicherte er unterdrückt und bemühte sich, das spöttische Grinsen nicht allzu breit werden zu lassen. »Wappne dich, Athener«, sagte er heiser. »Nachkomme und Verehrer der achaischen Helden – wappne dich, Solon.«
    »Weshalb?«
    »Djibu. Qadimu. Erkennst du die Namen nicht?«
    Solon bewegte die Lippen, rollte die Namen mit der Zunge im Mund herum, vom Rachen bis zu den Zähnen. »Djibu. Dipu.
    Tibu… Theben? Und Qadimu – Kadimu… Kadmos? Kad – – –«
    Er brach ab; eine furchtbare Kälte kroch in sein Gemüt.
    »Sieben zogen gegen Djibu«, sagte Ahiram. »Aber erst ihre Söhne zerstörten es. Theben, gegründet von einem Chanani namens Qadimu, den ihr Kadmos nennt. Sieben, und später Tausende. Wirudja… Hm. Sagt dir nichts? Die Hatti nannten es Wilusa; sie haben den Ort und das Land vorübergehend beherrscht.« Er wandte sich an Wen-Amun. »Waren nicht in der großen Schlacht, als Romet und Hatti bei Qadesh gegeneinander kämpften, Krieger aus Wirudja dabei? Bei den Scharen des Hatti-Herrschers?«
    Der Priester grübelte. »Es sind so viele genannt, auf den großen Tafeln… Ah, du meinst die Dardaner?«
    »Dardaner?« sagte Solon fast tonlos; er mußte sich mehrmals räuspern, um weitersprechen zu können. »Dardaner? Was haben sie mit, wie heißt das, Wirudja zu tun?«
    Wen-Amun musterte ihn, fast mitleidig, wie es schien. »Wilusa, so nannten es die Hatti. In Muqannu hieß es Wiliusa, und später…«
    »Ilios?« Solon öffnete den Mund, schloß ihn wieder, öffnete ihn abermals. »Ilios? Dardaner? O ihr Götter!«
    Wie durch einen rauschenden Vorhang, einen Wasserfall hörte er Wen-Amun sprechen: von der Macht und dem Reichtum der Stadt, welche die Meerengen beherrschte und damit auch den Handel mit den erzreichen Ländern am nordöstlichen Meer; von der Fahrt eines achaischen Fürsten namens Ia-Sunu, den eines jener Länder anzog, in denen man mit Tierfellen Gold aus Flüssen siebte; von seinem Streit mit den Fürsten der Stadt und vom Zug des Helden Ira-Kiresu, der die Stadt an der Meerenge zerstörte und dort Säulen aufrichtete, die seinen Namen trugen; und von tückischen, gierigen Emporkömmlingen mit Namen wie Aga-Munu, Uddi-Sussu oder Aki-Resu, die ein Menschenalter später die Stadt abermals verwüsteten, als deren König Peri-Ammu und seine Söhne Krieg gegen die Hatti führten…
    »Er ist erschlagen«, sagte Ahiram irgendwann. »Der arme Athener weiß nicht, wie er seine Kindergeschichten mit den gewaltigen Wahrheiten eurer Schriften versöhnen soll.«
    Der Sockel von Hellas. Ein Bauwerk, behaust von zahllosen Ahnen und Nachfahren. Errichtet wider das Chaos, errichtet auf Versen, die dauerhafter waren als Erz. Zusammengehalten von… Träumen; gebaut aus Worten und zerstört durch Worte. Schlacke das ewige Erz, Geröll die behauenen Steine.
    »Es sind doch nur alte Geschichten«, sagte Wen-Amun.
    »Schriften; vor sechshundert Jahren auf Papyros gekritzelte Zeichen. Was ist daran so furchtbar?«
    »Schriften«, sagte Solon heiser, »und Ströme, die die Grundmauern des Gebäudes einreißen, in dem ich lebe. Gelebt habe. Schriften, die die Götter stürzen und unsere Gesetze zu Staub machen. Was sind diese Schriften, und kann ich sie sehen?«
    »Es sind Aufzeichnungen auf Binsenblättern und Tempelwänden. Briefe eines Mannes namens Kuri-Nussu…«
    »Korinnos, nehme ich mal an«, sagte Ahiram.
    »… und eines Händlers, der die Dinge gesehen hat; ein Mann namens Djoser, Rome aus Men-nofer.«
    »Ägypter aus Memphis«, sagte Ahiram gönnerhaft.
    »Djoser hat eine Geschichte aus seinen Erlebnissen gemacht, mit

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