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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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die Schwärze des Abgrunds zwischen den Sternen. Der Abgrund zwischen den Jahren erschien ihm tiefer. Und schwindelerregend.
    »Siebentausendachthundert?« sagte er leise. »So lange?« Ahiram gluckste. »Du mißverstehst, Athener. Die Romet rechnen nach zweierlei Maß. Die Zeit des Fürsten im Per-ao wird nach Herrschaftsjahren gemessen; aber du sprichst mit einem Priester des Armin, und in den Tempeln zählt man die Monde.«
    »Weil sie immer gleich lang sind – oder fast.« Wen-Amun deutete auf die Halbscheibe des zunehmenden Monds. »Dreißig Tage, wie wir heute rechnen.«
    »Siebentausendachthundert Monde?« Solon rechnete mühsam. »Das sind etwa… sechshundertvierzig Jahre?«
    »Damals gab es, wie heute, viele Städte und Reiche um das Große Grüne. Tameri… die Totenhäuser, die du Pyramiden nennst, waren schon alt.« Der Priester begann eine lange Aufzählung von Namen, von denen Solon die meisten nicht einordnen konnte; Ahiram murmelte bisweilen Übersetzungen und Erläuterungen. So erfuhr der Athener, daß es schon damals Assyrer im Land der Zwei Ströme gegeben hatte; daß Syrien und jene Lande, die heute im Inneren Asiens den Medern gehörten (»ungefähr« – sagte Ahiram – »Syrien, Kilikien und einiges westlich und nördlich davon«), das Großreich des verlorenen Hatti-Volks gewesen seien; daß Ägypten und die Hatti teils im Krieg, teils im Frieden miteinander gelebt und Verträge geschlossen hatten, und daß die von den Phönikiern bewohnten Küstenlande damals den Ägyptern unterstanden.
    »Phönikier, wie du sagst, ist euer neuer Name. Wir haben uns immer nach unseren Städten genannt – Männer aus Suru oder Sidunu oder Gublu, für dich Tyros und Sidon und Byblos; oder einfach Chanani, nach dem Land, Chanaanu.« Ahiram blinzelte ins Fackellicht; als er weitersprach, klang seine Stimme ein wenig herablassend, vielleicht gönnerhaft. »Was wäre euer Gespräch ohne mich? Ha. Und Muqannu ist natürlich Mykene, war aber für die Romet früher der Name des ganzen Landes, das du als Hellas zu bezeichnen beliebst. Eine Erfindung, natürlich – Hellas gibt es nicht, ebensowenig wie es ein Land der Phönikier gibt: nur Städte.«
    Solon hob abwehrend die Hände. »Langsam, ich bitte euch! Ich ertrinke in fremden Wörtern und Namen. Und bis jetzt weiß ich nichts von dem, worauf wir Hellenen stolz sein könnten, wenn wir es noch wüßten.«
    Wen-Amun lächelte spöttisch. »Ohne Kenntnisse keine Erkenntnis, mein Freund. Wie soll ich dir über Dinge aus dem Land der Ströme berichten, wenn du nicht weißt, daß jener Fluß, den du Euphrates nennst, bei den Assyrern Purattu heißt und bei uns Uruttu oder, manchmal, Buranun? Wie…«
    »Gib mir, weiser Fürst aller Priester, einen Rahmen, in den die fremden Begriffe passen. Wenn ich ungefähr weiß, worauf sich dies und jenes bezieht, kann ich damit umgehen. Nenn mir nicht die Namen aller Teile in deiner Sprache, Wen-Amun – sag mir, daß es sich um Namen der Teile eines Körpers handelt und mit welchem Teil man hört. Dann höre ich genauer.«
    Ahiram schnaubte, beugte sich vor und klopfte dem Athener auf die Schulter. »Fuß«, sagte er. »Der mit dem du riechst.«
    Wen-Amun schwieg ein paar Atemzüge lang; dann begann er eine sehr allgemein gehaltene Abhandlung über Ägyptens uralte Kenntnisse ferner Länder und Menschen, »im Großen Grünen und am Rand der Welt«. Die Romet, sagte er, hätten schon sehr lange nicht nur mit den östlichen Ländern gehandelt, Zedernholz und anderes von den Phönikiern bezogen, sondern auch mit dem Süden, dem Norden und dem Westen Beziehungen unterhalten. Tempelharz aus dem Süden, Erze aus dem Norden und Westen, teils auf eigenen Schiffen nach Ägypten geholt, teils von fremden Händlern geliefert, die dafür andere Dinge mitnahmen. Und in den fernen Gebieten habe sich bisweilen Neid geregt, wenn die dort einfach Lebenden sahen, welche Annehmlichkeiten und wieviel Schönheit Romet auf ihren Schiffen und, da sie oft überwintern mußten, auch in ihren Häusern hatten. So seien vor allem aus den kargen Landen des Westens und Nordens immer wieder mutige Männer gekommen, um für den Herrscher der Romet zu kämpfen und mit gutem Leben entlohnt zu werden. Von diesen Kämpfern habe man viele Dinge gehört und aufgezeichnet, ebenso all das, was die eigenen Händler berichten konnten. Aber auch mit anderen reichen Gebieten und ihren Fürsten habe man freundschaftlichen Umgang gehabt – so mit Minu von Kefti (»Minos

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