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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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dünnen kitun , schob sich zwischen die Beine des Chanani.
    »Ha. Wer ist das da?« Zaqarbal deutete mit dem Kinn auf Korinnos, der neben Tsanghar stand und die vielen fremden Gesichter musterte, als sei er ein wenig erschrocken.
    »Ein Junge.«
    »Was du nicht sagst!«
    »Laß mich ausreden, dummes Stück. Sohn und Enkel von Wilusiern, von den Achaiern damals, nach der ersten Plünderung, als Sklaven mitgenommen nach Achiawa. Er ist eine Art Ziehsohn des Palamedes. Gewesen – Palamedes ist tot.«
    »Und dann hat er sich an dich gehängt? Wie man doch vom Schlechten aufs Schlimmere kommt!«
     
    Es dauerte mehrere Tage, bis alle sich wieder aneinander und an das Inselleben gewöhnt hatten. Ninurta überraschte sich selbst; er war sicher gewesen, in der ruhigen Umgebung zunächst wie ein Gestrandeter hausen zu müssen, überbürdet von Erinnerungen an den Schiffbruch. Alte, vertraute, bedeutungslose Gegenstände zu berühren half ihm ein wenig, ebenso der Umgang mit Freunden und die Beschäftigung mit den gewöhnlichen Dingen des Tages; sie alle – Menschen, Waren, Listen, Gespräche, Speisen – gruben nach und nach ein Flußbett, durch das die trüben Wasser seines Binnensees abfließen konnten zu einer Mündung, die anfangs nur, in stillen Nächten, die Lagune erreichte, die Tashmetus Ohr war, später aber ins winterliche Meer der Muße aller floß und sich mit ihm vermengte.
    Leukippe. Tarhunza und ihre Besatzung, bis auf zwei Männer. Tolmides mit allen Leuten. Sie wogen und erwogen die Verluste, die faßbaren an Schiffen und Gütern ebenso wie die unfaßlichen: daß vertraute Gesichter nie wiederkehren würden. Dann kam Minyas zurück, acht Tage nach der Kerets Nutzen , und wiederum fünf Tage danach Djoser mit der Yalussu . Der Rome berichtete, er habe die Bateia im Hafen von Ialysos liegen lassen – Fremde hatten sie dort Menena übergeben, aber seine erschöpfte Besatzung sei kaum noch imstande gewesen, ein Schiff zur Insel zu bringen.
    »Was hast du gesehen?« sagte Zaqarbal, als sie am ersten Abend im gemeinsamen Speiseraum saßen. Sie tranken heißen Würzwein – »zur Befestigung wider die Unbill des Seins«, sagte Kynara. Auf dem Tisch türmten sich Ubarijas Köstlichkeiten: heißes Brot; Teigtaschen, gefüllt mit gehacktem Fleisch und Kräutern; gebratene Vögel, ausgestopft mit zerkleinerten und gewürzten Innereien; ein ganzer Schwertfisch; Näpfe mit allerlei Tunken, Platten voller Gemüse, Berge von Früchten. Dazwischen, fast begraben unter den Speisen, lagen Geschenke: Geschenke der Daheimgebliebenen an die, die überlebt hatten und heimgekehrt waren – feine Schnitzereien, Figuren aus Tierknochen, Webarbeiten, Metallschmuck, allesamt gering und doch kostbar als Gebärde.
    »Was hast du gesehen?« wiederholte Zaqarbal, da Djoser nicht sofort antwortete. »Ach, ich vergaß, daß die Romet von Geburt blind sind und durch Erziehung auch das Hören verlernen.«
    Minyas lächelte sanft. Er legte das Webbild, das er in der Hand gehalten und betrachtet hatte (ein Schiff in einer grünen Bucht, unterhalb eines Bergs, der eine weiche Brust mit knospender Warze war), fast widerstrebend auf den Tisch, fuhr sich mit den spitzen Nägeln durch den gestutzten Bart und räusperte sich: ein zweistimmiges Geräusch, wie das tiefe Surren einer dicken Saite, überlagert von einem hellen Klirren.
    »Er wird gesehen haben, was wir alle sahen. Sehen mußten. Untergänge ohne Neubeginn hier, Hoffnung auf Überdauern da.«
    Minyas’ Bericht aus Ugarit und den anderen Häfen des Ostens hatte sie an den vergangenen Abenden unterhalten. Nichts schien sich dort geändert zu haben, und doch war alles anders. Kaum noch Waren aus den Nordlanden Jenseits, wie Achiawa und die von Achaiern oder Mykeniernachfahren bewohnten Inseln genannt wurden; schwieriger, umständlicher Neubeginn des Handels mit den Ländern um Babilu, nachdem die Hatti jede Berührung mit Ashur verboten und die Romet den Handel zu Land fast eingestellt hatten, weil in den Steppen und Wüsten immer mehr alte Handelsfreunde zu Räuberstämmen wurden; Umstellung der von den Hatti abhängigen Städten auf Kriegslieferungen (»Hamurapi muß Kämpfer und Schiffe stellen; er hat nicht mehr genug Silber für unsere guten Dinge«); Erzählungen über Wanderzüge von Flüchtlingen; Klage um verlorene, verschollene Schiffe und die Männer an Bord, die sich zu nah an die Küsten Alashias gewagt hatten, wo immer noch gekämpft wurde…
    Djoser legte beide Hände um

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