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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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bereits ausreichend überwunden hatte, um Nachrichten zu ersehnen; wir aßen, tranken, schliefen, setzten das Segel und fuhren weiter.
    Was nun die Verluste angeht, so hatte ich – von Tsanghar geschubst, wenn nicht geschoben und gehoben – die Eröffnung dessen, was ich wohl Mannbarkeit nennen muß, da mir kein schlechteres Wort einfällt, mit zunächst einer, dann einer weiteren jungen Frau aus der Neustadt von Ilios begangen (wie man ein Verbrechen begeht, Djoser, oder eine tölpelhafte Feier, nicht etwa eine kunstvolle Darbietung) und litt arg daran, nicht zu wissen, was aus ihnen geworden war. Ich hatte beide gebeten, Narr, der ich war, beide zugleich hatte ich gebeten, mitzukommen, und in ihrer unmäßigen, wiewohl keineswegs maßlosen Güte hatte Tashmetu einwilligend geseufzt. (Es gibt viele Seufzer, Rome: entsagende Seufzer, einwilligende, lustvolle, lustleere, ablehnende, verfluchende, erheiterte, klägliche, klagende, anklagende, verklagende…) Beide erwogen, jeweils allein mitzukommen, wenn die andere daheimbliebe; beide waren (samt ihren Familien) auch nicht dazu zu bewegen, die Stadt gen Osten zu verlassen. Nachdem ich also gelitten hatte, nicht zu wissen, was geschehen sein mochte, litt ich eine Weile darunter, sehr wohl anzunehmen, was geschehen sein mußte. Danach und dazwischen und in den luftleeren Räumen des Japsens nach Atem litt ich ferner daran, nicht beim ersten Gang, der ja der letzte war, meine tausend Rollen mitgenommen zu haben. Die Rollen mit den feinen, verlogenen, klebrigen Geschichten, die Tsanghars geschmeidige Finger in vielfacher Ausführung mit Chanani-Zeichenstempeln auf Blätter gedrückt hatten; nicht die kargen Rollen, auf denen ich zuvor die erbärmliche Niederschrift der Wirklichkeit begangen hatte (abermals begangen, Djoser, wie man Unfug begeht oder jene Schmach, die im Vorziehen des wesenlos Nützlichen vor dem sinnvoll Nutzlosen besteht). Und, natürlich, Tsanghars Zeichen, die wie sein hilfreicher Pferdesteigsitz, vom edlen Opferfeuer der Achaier in Rauch verwandelt, zu den Himmeln aufstiegen, die ohne jeden Zweifel weder von Menschen noch von Göttern behaust und daher leidlich bewohnbar sind.
    Aber alle litten; ich war nicht allein und konnte das Leiden trefflich auskosten, denn wie wir alle wissen, ist geteiltes Leid doppelte Freude des Unbetroffenen, aber vierfaches Ungemach des Niedergeschlagenen.
    Auch Menena litt, wie er behauptete: Er habe sich der erquicklichen Hoffnung hingegeben, keinen von uns (den anderen) je wiedersehen zu müssen. Bessere Männer aus Ialysos seien, wie die ersten Gerüchte sagten, in heldenmütigem Blutrausch verweht, und da sei es ganz unnütz, daß wir ihn nun zu Tränen rührten. Damit umarmte er uns alle weinend – sogar mich, den er nie zuvor gesehen hatte; und mir sagte er: »Laß dich umarmen, Junge, denn dich kenne ich noch nicht und kann also ein Weilchen annehmen, anders als jene dort seist du umarmenswert.«

16. UNTERGÄNGE
    Der Herbst wurde kalt und trüb; es war eine trübe Heimkehr zur Insel. Im Hafen von Ialysos, wohin bisher keiner der in den Krieg gezogenen Männer heimgekehrt war, mußten sie von vielfachem Gemetzel berichten; daß sie den Fürsten Keleos oder jedenfalls seine Männer zuletzt noch am Gestade lebend gesehen hätten, barg den Daheimgebliebenen Hoffnung, aber keine Gewißheit.
    In Ialysos nahmen sie einige Waren auf, die Menena gestapelt hatte, und zwei Männer, die von einem rhodischen Hochseefischer aus treibenden Trümmern gerettet worden waren: Männer der Dagans Dauer . Sie berichteten von einer gefährlichen Fahrt bis zu den entlegenen Hatti-Häfen, von schlechtem Handel, da alles auf Krieg eingestellt war und niemand viel Geschmack an schönen Dingen fand – oder vielleicht Geschmack, aber nicht das zu seiner Kitzlung nötige Silber. Auf der Rückfahrt, sagten sie, sei es durch wundersam verwegene Segelei (sie priesen die einfallsreiche Tücke Tarhunzas) gelungen, einem Rudel räudiger Seeräuberboote auszuweichen. Nur um in die Ausläufer eines abflauenden Seegefechts zwischen Hatti und Alashiern zu geraten und von zwei Hatti- Kampfschiffen gerammt und versenkt zu werden.
    Tarhunza. Die riesige Hatti-Frau. Die niemals Zagende, immer Laute, jederzeit Grobe, ewig Hilfreiche: Ninurta wußte ebenso wenig wie die anderen, welcher der tausend Hatti- Götter für schleimige Heimstätten auf dem Meeresgrund zuständig war, für die Auswahl der Fische, die ihren Laich in dinsende Leiber legen, für das

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