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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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einen Becher, als ob er sie wärmen müßte. »Fürwahr, Sidunier, ich habe nichts gesehen und weniger als nichts gehört. Deshalb will ich dich und die anderen auch nicht mit erfundenen Geschichten langweilen.«
    Tashmetu seufzte kaum hörbar. »Sei nicht empfindlich, Freund. Du weißt, daß Zaqarbals Zunge eine Natter ist, die zwar keinen Giftzahn mehr hat, dies aber geheimzuhalten versucht.«
    »Wie sie mich durchschaut! Durchschaut sie mich etwa?« Zaqarbal sah sich um. »Nun?«
    Kynara verdrehte die Augen und schwieg. Igadjae kicherte in sich hinein. Kir’girim stand auf, nahm ein Tontöpfchen mit Wasser, zum Reinigen der Finger vorgesehen, ging zu Zaqarbal und leerte es über seinem Kopf aus.
    »Ein Natternbad«, sagte sie. »Weiter, Djoser, zier dich nicht so.«
    Der Rome fuhr sich über den Mund; Ninurta sah etwas wie die schwindende Schleifspur eines Lächelns.
    »Nun denn, da ihr es wünscht – aber es war eine ereignislose Reise.«
    »Was heißen soll, er hat guten Umsatz gemacht und ist allem ausgewichen, was das Leben interessant macht, wie Morde und Stürme.«
    Kynara nahm Zaqarbals Kopf, zog ihn zu sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr; der Sidunier stöhnte.
    »Ah ja. Das ist eine so furchtbare Drohung, daß ich hinfort schweigen will.«
    Shakkan der Schmied, mit untergeschlagenen Beinen auf einem Deckenstapel zu Füßen des alten Ishtar-Standbilds, reckte den Kopf wie eine Schildkröte vor; das Haupt warf einen klumpigen Schatten, und der vom Licht einer Fackel neben Ishtar gleißende Kelch in Shakkans Schoß erlosch. »Ich weiß nicht, was mich weniger reizt – Kynaras rätselhafte Drohung oder Djosers Ankündigung, berichten zu wollen.«
    Ninurta klatschte. »Seid still, Freunde. Laßt den Rome reden.«
    Djoser schloß die Augen, lehnte sich zurück und begann. Mit gleichtönender, unerregter Stimme berichtete er von Häfen und Waren und Menschen. Ninurta schoß ebenfalls die Augen, um besser lauschen zu können. Die Erzählung enthielt alles, was man wissen mußte, und Djoser ließ dabei jene Dinge glänzen, die der Assyrer besonders an ihm schätzte: Nüchternheit, scharfe Beobachtung, Bevorzugung von Sachen gegenüber Gefühlen. Sie erfuhren von den Zuständen in Knossos und Kydonia, wo die Abwesenheit der Fürsten und vieler Männer spürbar war, aber keine großen Veränderungen ausgelöst hatte; von Kythera – und an diesem Punkt belebte sich die trockene Geschichte, so daß Ninurta die Augen öffnete.
    »Im Hafen von Kythera wurde mir gesagt, ich solle mich mit einem Mann, ah ja, und mit seiner Frau, also mit beiden unterhalten; das war, als ich Fragen über die Zustände in den großen Städten der Peloponnes stellte. Diesen Mann habe ich dann aufgesucht. Er lebt in einem weißen Haus über dem Strand, außerhalb eines namenlosen Fischerdorfs an der Ostküste. Von der Terrasse hat man einen gründlichen Blick…«
    Zaqarbal unterbrach; mit fast kindlichem Quengeln in der Stimme sagte er: »Kannst du ›schöner Blick‹ sagen oder Hinreißenden oder ›angenehmer‹ oder so etwas? Gründlich, bah.«
    »Gründlich«, wiederholte Djoser. »Gründlicher Blick über die Inseln am Südende der großen Bucht von Argos. Dort lebt er mit seiner klugen Frau…«
    »Alle Frauen sind klug«, sagte Kal-Upshashu. »Das bedarf also keines Beiworts.«
    »Gestatte, daß ich anderer Meinung bin.« Djoser schaute ernst drein. »Was ich von einigen Babilu-Frauen hier weiß, läßt mich Klugheit in anderen um so deutlicher empfinden. Mit seiner Frau und drei kleinen Söhnen. Er ist früher weit gereist; die Frau hat er wohl aus Tyrsa mitgebracht – angeblich einem Stamm geraubt, dem von den Nachbarn immer wieder die Frauen geraubt werden. Dies nebenbei; es tut nichts zur Sache.«
    »Ich staune«, sagte Kynara. »Unsachlicher Djoser!«
    »Diese beiden leben dort, blicken auf die Inseln und bemühen sich, die Nachbarn im Lesen und Schreiben zu unterweisen.«
    »Nicht sehr klug.« Achikar, der Bootsbauer, schüttelte langsam den Kopf; dann verdeckte er sein Grinsen, indem er den Becher zum Mund hob. »Eine sinnlose Art, durch Aufzeichnung allerlei Unflat und Nichtwissen zu vermehren.«
    Djoser verschränkte die Arme vor der Brust. »Soll ich reden oder schweigen?«
    »Rede du«, sagte Tashmetu. »Wir schweigen für dich.«
    »Händler und Wanderer machen dort oft Rast; daher ist dies Haus ein Sammelbecken der wichtigen und wesenlosen Kenntnisse.« Djoser blickte zu Korinnos, der hinter Ninurta saß.
    »Dies

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