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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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mag dich erheitern, Ziehsohn des Palamedes. Ich hörte dort unter anderem, daß der greise Nauplios, Vater des Palamedes und…«
    Ushardum stieß ein tiefes, kehliges Grollen aus; er langte nach dem dreiköpfigen geflügelten Panzerlöwen, den er für Djoser aus dem Rückenwirbel eines Wals angefertigt hatte, und ließ das feine Ungeheuer in der Luft nach dem Gesicht des Rome schnappen.
    »Erspar uns die Ahnentafel«, sagte er. »Wir wissen, Nauplios ist alt, Herr von Nauplia, wollte in seinen jungen Mannesjahren als Steuermann der Argo reisen, wurde aber von Iason und den anderen abgelehnt, weil er kein Achaier ist, sondern mykenischer Fürstensproß. Was ist mit Nauplios?«
    »Ich danke dir, edler Ushardum, daß du mehr über ihn sagst, als ich zu berichten gedachte. Nauplios ist bekümmert und erbost über den Tod seines Sohns – Händler, die das Meer überqueren, haben die trüben Vorgänge geschildert. Nauplios tut nun, was ein alter tückischer Mann tun kann: Er zählt die Köpfe der verbliebenen waffenfähigen Achaier, die der noch lebenden waffenfähigen Abkömmlinge der alten Fürstensippen und befaßt sich mit der Stoßfestigkeit von Thronen und Betten.«
    Ninurtas Mundwinkel zuckten. »Nett gesagt, mein Freund. Und? Was kommt bei diesem Kopfzählen und Stoßprüfen heraus?«
    »Unter anderem dies. Atreus, der erste starke achaische Herrscher, wuchs in einer edlen mykenischen Familie auf, als Ziehsohn. Einer der Gründe, weshalb seine väterliche Ahnenreihe bei Zeus beginnt, denn seinen wirklichen Vater kannte er nicht. In dieser Fürstensippe gab es einen gleich alten Säugling, Thyestes, Milchbruder des Atreus – ihr kennt die weitere Geschichte, nicht wahr? Wie Atreus für die achaischen Tagelöhner die Macht errang, indem er sie Thyestes nahm, all dies. Thyestes lebte lange als entmachteter, entrechteter Unfürst…« Minyas ächzte. »Muß ich, ein edler Kreter – Kefti-Mann für dich, Rome –, muß ich dulden, daß dieser Flegel aus dem Binsenland meine Zunge verbiegt und meine Sprache schändet? Unfürst, o ihr Götter!«
    Djoser fuhr ungerührt fort. »Lebte lang und zeugte spät noch einen Sohn, der heute so alt ist wie die Enkel des Atreus. Dieser Sohn, Aigisthos, wurde von Nauplios aus irgendeinem entlegenen Wald geholt, gewaschen und ein wenig erzogen, bis er sich wie ein richtiger Mykenier benehmen konnte.«
    »Ich ahne, wie es weitergeht«, sagte Tashmetu. Sie verzog das Gesicht und legte eine Hand auf den Bauch. »Ruhe da drin. Zu wem hat der Alte diesen Aigisthos geschickt – zu welchem Thron, in welches Bett?«
    Djoser streifte die Ugariterin mit einem Blick, in dem Ninurta eine unbehagliche Mischung aus Begehren, Erinnern und Entsagen las. »Klügste der Frauen – welches Bett wäre weicher für einen Mykenier als das einer Mykenierin? Und welcher Thron erhabener als der des obersten Kriegsherrn der Achaier?«
    »Agamemnon?« Korinnos stieß den Namen aus – kein Fluch, aber fast.
    »Klytaimnestra, ältere und kaum weniger schöne Schwester der unvergleichlichen Helena, Tochter aus altem mykenischen Geschlecht, dessen letzter Sproß Tyndareos die Herrschaft über Sparta an Menelaos den Öden abgab. Klytaimnestra, Gattin des gewaltigen Agamemnon, der ihr die geliebte Tochter Iphigeneia nahm, indem er sie den Göttern opferte, wie es heißt, oder jedenfalls die Opferung nicht verhinderte.« Er sprach nicht weiter.
    »Und? Laß dir doch nicht die kümmerlichen Maden deiner Rede einzeln aus dem Gestrüpp deiner Nüstern zerren, Mann!« sagte Zaqarbal.
    »Was denn wohl? Aigisthos sitzt nicht auf dem Thron von Mykene; den verwaltet Klytaimnestra, wie es klug und geziemend ist in Abwesenheit Agamemnons. Aber Aigisthos steht neben dem Thron und liegt in Klytaimnestras Bett – Agamemnons Bett… Gemeinsam haben sie sich daran gemacht, die wichtigsten Stellen am Hof, in der Verwaltung des Besitzes, in den Reihen der Kämpfer mit Mykeniersprößlingen zu besetzen und die Achaier zurückzudrängen. Klytaimnestras überlebende Kinder, ein Jüngling namens Orestes und seine kleine Schwester Elektra, hängen am heldenhaften Vater jenseits des Meers, aber ich nehme an, es wird noch eine Weile dauern, bis Agamemnon heimkehrt, und je länger es dauert, desto schlechter für ihn.«
    Nachdem er dies alles erfahren habe, sagte er, sei er »in wägender Festigkeit« nach Nauplia gesegelt und habe dort von dem rachsüchtigen Greis erfahren, daß ähnliche Vorgänge sich auch in anderen achaischen

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