Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
wiedersieht. Zwei Stück Treibgut.«
    »Zwei warme Tiere, verloren in nassem Sand und feindlichem Dunkel. Schlaf, Tochter der Fieberdämonin.«
    Am sechsten Tag flaute der bis dahin stetige Wind ab; die Hethiter ließen ihre Gefangenen gruppenweise rudern.
    Am neunten Tag erreichten sie einen namenlosen Hafen an der Mündung des Flusses Samri, nahmen dort jedoch nur frisches Wasser auf und fuhren weiter – aber nicht flußaufwärts zur alten Stadt Adaniya, wie Ninurta angenommen hatte. Wenig weiter westlich mündete der zweite Fluß, Chuatna, an dem die Straße ins Binnenland begann. Tarsa, von den Einheimischen noch immer Tarkush genannt, einer der wichtigsten Umschlagplätze des Reichs, lag wenige Wegstunden flußauf. Aber der Chuatna führte nicht genug Wasser für große Schiffe; an der Mündung hatten die Hatti einen weiteren kleinen Hafen angelegt und Ura genannt. Offenbar hatten die Krieger die Anweisung erhalten, ihre Gefangenen hier auszuladen. Ninurta nahm an, daß der Herr der Festung von Ura genauere Befehle hatte. Er beobachtete, wie der Hauptmann, mit dem er nicht hatte sprechen können, einem mit gewaltigem Helmbusch geschmückten Krieger einen Beutel und mehrere Tafeln übergab. Beide blickten zu ihm hin.
    Die Gefangenen, mit verbundenen Händen und durch lange Lederschnüre aneinandergefesselt, standen auf dem unebenen Kai und warteten. Lamashtu, so an Ninurta gebunden, daß sie bei einem Marsch vor ihm gehen würde, deutete mit dem Kinn auf die Hauptleute.
    »Die reden über dich, Herr. Ob sie mit dir etwas Besonderes vorhaben?«
    Ninurta versuchte ein schräges Grinsen. »Ich bin kein Herr, Lamashtu – gefangen wie du. Und ich wünschte, sie würden uns erlauben, uns zu waschen.«
    Sie lachte gepreßt. »Wir stinken alle, also stinkt keiner.«
    »Waghalsige Behauptung.« Er betrachtete das herbe Gesicht der Frau, die dunkle Augen hatte, eine schmale Nase, einen harten Mund. »Du hast mehr Schlimmes erlebt als ich, und Schlimmeres, nicht wahr?«
    »Verglichen mit anderen Dingen war das bisher eine Vergnügungsreise. Und dies hier ist ein üppiger Ort, angefüllt mit zuvorkommenden Leuten.«
    »Ich denke es mir. Trotzdem – Zähneputzen und Waschen wäre nicht schlecht.«
    Lamashtu wurde fast umgerissen, als andere Gefangene sich plötzlich, wie verabredet, auf den Boden sinken ließen. Ninurta schaffte es, sich zu setzen, ehe er hingeworfen wurde. Lamashtus rechtes Knie lag zwischen seinen Oberschenkeln.
    »Nette Lage«, knurrte der Mann hinter ihm. »Ich hätte jetzt auch gern ein Frauenknie.«
    »Was würdest du damit machen?«
    Der andere, Ugariter wie fast alle, schnalzte. »Abnagen. Ich hab Hunger.«
     
    Unter Gebrüll und Peitschenschlägen wurde der Zug der Gefangenen durch den trüben kleinen Ort geführt, vorbei an windschiefen Bretterhütten und ein paar Häusern aus bröckligen Ziegeln. Die Festung lag außerhalb: mannshohe Holzzäune, dahinter lange niedrige Gebäude aus Holz und Lehm. Man trieb die Gefangenen durch ein Tor, das sich hinter ihnen schloß.
    Im Lager konnten sie sich zwar nicht frei bewegen, aber man nahm ihnen immerhin die Fesseln ab. Es gab Wasser und Waschtröge, Latrinen, später eine dünne warme Suppe, und nach einer ruhigen Nacht teilte der Herr der Festung die Gefangenen in zwei Gruppen: Kampffähige würden mit den Schiffen nach Alashia gebracht, wo Männer für den Großkönig ehrenvoll kämpfen und Frauen die Hatti-Krieger entspannen durften (die meist aus Ugarit und Umgebung stammenden Gefangenen wagten nicht, mehr als Gemurmel oder Knurrlaute von sich zu geben); die Älteren sollten unter Bewachung landeinwärts gehen, wo man sie auf Festungen und Steinbrüche und pflegebedürftige Straßen verteilen wollte. Einige wenige würde man bis nach Hattusha bringen: besondere Gefangene, besondere Gaben für die Sonne.
    Ninurta versuchte, zu den als Kämpfer vorgesehenen Leuten zu kommen; er kannte Alashia, und von dort würde er leichter fliehen können. Lamashtu zog er mit sich und nannte sie eine kräuterkundige Heilerin von Kriegerwunden. Der Herr der Festung betrachtete ihn, warf einen Blick auf die Schreibtafeln, die man übergeben hatte, und sagte:
    »Der Händler Awil-Ninurta aus… wie heißt das, Iliss?«
    »Yalussu.« Ninurta unterdrückte einen Seufzer.
    »Du bist eine besondere Gabe Hamurapis an die Sonne, lese ich hier. Du wirst nach Hattusha reisen. Was ist mit der Frau? Heilerin?« Er runzelte die Stirn; dann spuckte er aus. »Ach, das soll

Weitere Kostenlose Bücher